Laut Welternährungsorganisation FAO wird weltweit ein Drittel aller produzierten Lebensmittel weggeworfen. Das heißt theoretisch: Alles, was rechnerisch bis zum 2. Mai produziert wird, landet in der Tonne. Das Ausmaß des Problems in Deutschland beziffert das Thünen-Institut mit Daten aus dem Jahr 2015 auf etwa 12 Mio. t pro Jahr.
Ziel: Minus 50 % bis 2030
Bis 2030 sollen nach dem Willen der Bundesregierung die Verluste im Handel und bei Verbrauchern um die Hälfte sinken und in allen anderen Bereichen deutlich reduziert werden. Das deckt sich mit den Zielen der Vereinten Nationen.
Im Bereich der Primärproduktion, also in der Landwirtschaft, fallen in Deutschland etwa 12 % der Verluste an, rund 1,4 Mio. t pro Jahr. Das ist nach dem Handel der zweitniedrigste Wert. Gemeint sind damit Verluste nach der Ernte oder der Schlachtung, zum Beispiel beim Lagern, Sortieren und Transportieren. Zu den Ursachen zählen neben Verderb auch Überproduktion und sehr hohe Produkt- und Qualitätsstandards. Vorgaben des Handels sorgen dafür, dass mehr weggeworfen wird als nötig. Der Anteil des Handels selbst an der Verschwendung von Lebensmitteln mutet mit 4 % gering an, bildet aber nur einen Teil der Wahrheit ab. Kommt Ware zurück, wird der Verlust wieder der Primärproduktion zugerechnet.
Landwirte sind mit vielen Ideen und Konzepten unterwegs, um ihren Anteil weiter zu reduzieren. Sie wissen: Verschwendung kostet Geld, außerdem sehen sie sich moralisch in der Pflicht. Einige Ansätze stellen wir in diesem Einblick vor.
Große Hebel nutzen
Auch in der Verarbeitung und der Außer-Haus-Verpflegung tut sich etwas. Wer einmal die Mülltonnen in der Gastronomie gesehen hat, weiß aber, dass es noch viel Potenzial gibt.
Den größten Hebel für weniger Verschwendung haben die Verbraucher selbst in der Hand. Über 50 % ihres Anteils gilt als vermeidbar, der Rest sind Knochen, Schalen und Co.
CO2 für die Tonne
Schätzungsweise 30 % der weltweiten Treibhausgasemissionen hängen mit unserer Ernährung zusammen. Folglich schadet es auch der Umwelt, wenn Lebensmittel erzeugt und transportiert, aber am Ende doch vernichtet werden. Denn die damit verbundenen Emissionen waren dann unnötig. Ein Gutachten des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft macht folgende Rechnung auf: Sinken deutschlandweit die Lebensmittelabfälle in privaten Haushalten um die Hälfte, spart das 6 Mio. t CO2-Äquivalente an Treibhausgas-Emissionen.
Auswirkungen rund um den Globus
Die Verschwendung von Lebensmitteln in Deutschland hat weltweit Konsequenzen. Denn Verbraucher in Deutschland essen Rindfleisch aus Argentinien, Ananas aus Costa Rica oder Fisch aus Südostasien. Für ihre Erzeugung wurden Acker, Wasser, Dünger, Energie, Verpackungsmaterial und vieles mehr eingesetzt. Und viele Menschen haben dafür gearbeitet – mitunter vergebens.
Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft und die Welthungerhilfe listen zwei weitere, oft übersehene Konsequenzen der Lebensmittelverschwendung auf:
Weltweit hungern 815 Mio. Menschen. Keiner von ihnen wird unmittelbar satt, wenn in Deutschland weniger Lebensmittel weggeworfen werden. Doch je mehr Nahrungsmittel verschwendet werden, desto höher ist die Nachfrage am Weltmarkt und desto stärker steigen allerorten die Preise. Hierunter leiden insbesondere die Menschen, die einen Großteil ihres Einkommens für Nahrungsmittel ausgeben müssen.
In den Ländern des globalen Südens werden die Ackerflächen knapp. Dafür gibt es vor allem zwei Gründe. Zum einen kommen die Auswirkungen des Klimawandels dort besonders stark zum Tragen. Zum anderen verlieren immer mehr kleinbäuerliche Familien ihr Land an profitorientierte Unternehmen.
Diese bauen auf den Ackerflächen Soja, Mais und Avocados an – vor allem für den Export auf die Nordhalbkugel. Das raubt den Menschen vor Ort die Nahrungsmittelgrundlage.
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