Die EU-Sanktionen gegen Russland betreffen den Energie-, Finanz- und Transportsektor. Zudem soll es Exportkontrollen geben. Kurz nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine gingen die Börsen auf Talfahrt, bei Rohstoffen wird mittelfristig mit einem insgesamt knapperen Angebot gerechnet, was die Preise steigen lässt und die Inflation, die schon jetzt bei rund 5% liegt, weiter antreiben könnte.
Mais und Raps auf Rekordniveau
Besonders Rohöl, Diesel, Benzin, Strom und Heizöl sind in den vergangenen Monaten teurer geworden, Weizen, Mais und Raps erreichten in der vergangenen Woche an den internationalen Terminmärkten neue Rekordkurse. Für Sparer sind steigende Teuerungsraten bitter. Nach Berechnungen der zur Commerzbank gehörenden Comdirect verloren Sparer in Deutschland im vergangenen Jahr insgesamt 80 Mrd.€ wegen niedrig verzinster Einlagen. Allein im vierten Quartal 2021 lag der Realzins auf dem Rekordtief von –4,93 %.
Konjunkturabschwung
Der Kriegsausbruch hat nicht nur inflationäre Wirkung, er führt auch zu einem Rückgang wirtschaftlicher Aktivitäten. Das Vertrauen der Konsumenten und Unternehmen sinkt, Investitionen werden aufgeschoben, Vermögenswerte wie Aktien verlieren an Wert und die ökonomische Erholung gerät ins Stocken. In solchen Situationen tun sich Zentralbanken wie die EZB schwer, die Zinsen zu erhöhen oder die Geldpolitik anderweitig zu drosseln. In der Folge würde die konjunkturelle Abkühlung bei steigenden Zinsen noch verstärkt.
Exporthäfen eingeschränkt nutzbar
Für die Agrarmärkte, insbesondere die Getreide- und Ölsaatenmärkte, gibt es schon jetzt erste Konsequenzen: Das Asowsche Meer wurde für den Schiffsverkehr gesperrt und die Exporthäfen der Ukraine und Russlands können teilweise nicht mehr genutzt werden. Russlands wichtigster Exporthafen Noworossijsk am Schwarzen Meer hat seine Arbeiten bisher noch nicht eingestellt. Auf Russland und die Ukraine entfallen zusammen immerhin rund 30% der Weizen- und Gerstenexporte, rund 20% der Maisexporte und fast 80% des Handels mit Sonnenblumenöl.
Neue Exportpolitik für Deutschland
Deutsche Landwirte werden von den höheren Preisen für Getreide und Ölsaaten nur teilweise profitieren, da schon jetzt große Teile der Ernte 2022 verkauft sind. Zu berücksichtigen sind die extrem hohen Kosten für Düngemittel und Energie hinsichtlich der Rentabilität des Anbaus von Getreide und Ölsaaten.
Deutschland muss seine Export- und Energiepolitik umstellen; die eigene Versorgung mit Ölsaaten erhöhen, neue Marktpartner, zum Beispiel in Südamerika, Afrika und Australien, gewinnen, die Abhängigkeit von Erdgasimporten aus Russland deutlich reduzieren, den Ausbau der Wasserstoffwirtschaft vorantreiben und den Wind- und Solarstrom schneller ausbauen. Kurzfristig benötigt Deutschland größere Flüssiggaslieferungen aus den Vereinigten Staaten und den Golfstaaten.
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