Kommentar

Ministerin Heinen-Esser: Überraschend unanständig

Mit einer Mallorca-Party kurz nach der Sommerflut 2021 und dem Versuch, das vor dem Parlament zu vertuschen, hat NRW-Umweltministerin Heinen-Esser ihre politische Glaubwürdigkeit verspielt. Diese Unanständigkeit überrascht viele Beobachter.

Der Druck war dann doch zu groß – von außen und parteiintern: NRW-Landwirtschafts- und Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) musste zurücktreten. Sie stürzt damit über ihren Mallorca-Aufenthalt nach der Flutkatastrophe im Juli 2021. Während 49 Menschen in NRW ihr Leben verloren und tausende Menschen knietief im Dreck standen, feierte Heinen-Esser privat auf den Balearen. Dabei war sie als Umweltministerin mit zuständig bei der Aufarbeitung der unmittelbaren Schäden der Flut.

Als wäre das nicht schamlos genug, versuchte die Ministerin, die Hintergründe ihres Mallorca-Aufenthaltes vor dem Parlament zu vertuschen. Nach und nach rückte sie mit der Wahrheit heraus. Erst war der Mallorca-Aufenthalt länger als zunächst gesagt, dann deckten Nachfragen der Presse die Geburtstagsparty ihres Mannes auf.

Unanständigkeit überrascht viele Beobachter

Mit dieser Salami-Taktik hat Heinen-Esser ihre politische Glaubwürdigkeit verspielt. Diese Unanständigkeit überrascht viele Beobachter. Denn Heinen-Esser ist seit fast 40 Jahren in der CDU, war 15 Jahre lang im Bundestag, ist politisch bestens vernetzt und wurde schon für höhere Ämter gehandelt. Sie weiß, wie das politische Geschäft läuft. Und sie hätte wissen müssen, dass die Wahrheit doch irgendwann herauskommt. Sie hat verpasst, selbst vorab und proaktiv reinen Tisch zu machen.

Dass die Oppositionsparteien SPD und Grüne dieses Fehlverhalten nun politisch nutzen wollen, ist verständlich – schließlich sind in fünf Wochen Landtagswahlen in NRW. Für Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) kommt die „Mallorca-Affäre“ zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt. Zumal weitere CDU-Kabinettsmitglieder wie etwa die Bau- und Heimatministerin Ina Scharrenbach ebenfalls an der Party auf Mallorca teilgenommen haben.

Diese Ereignisse und ebenso auch der Umgang mit der Wahrheit sind für die Landes-CDU und die Landesregierung eine Art „Kernschmelze“. Die politische Aufarbeitung ist mit dem Rücktritt der Ministerin sicherlich nicht beendet.

Bilanz einer Ministerin

In nur einer Legislaturperiode gab es damit in Düsseldorf zwei Rücktritte im Landwirtschafts- und Umweltministerium. Dabei war und ist Heinen Esser in der Branche fachlich durchaus geschätzt. Zwar dürften ihr viele Waldbauern keine Träne nachweinen, weil sie sich beim Aufarbeiten der Waldschäden und der Wiederaufforstung politisch zu wenig unterstützt fühlen. Als Ministerin genoss sie bei vielen Landwirten aber einen guten Ruf. Sie redete ihnen nicht nach dem Mund und ging auch nicht auf jede Forderung ein. Aber sie hörte zu, nahm die Sorgen der Landwirte auf und versuchte, Kompromisse sowie Lösungen zu finden. So hat sie sich dafür stark gemacht, dass Landwirte die Corona-Hilfen bekommen. Und sie hat für praktikable Ausnahmeregeln bei der Pflanzenschutzanwendungsverordnung gesorgt. Auch auf Bundesebene hat sie sich oft für „ihre“ Landwirte eingesetzt.

Viele in der Branche hätten es begrüßt, wenn Heinen-Esser auch nach der Wahl Umwelt- und Landwirtschaftsministerin geblieben wäre. Daraus wird nun nichts mehr. Und: Der Ausgang der Landtagswahl ist offener als noch vor einer Woche.

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