Schweine: Alarmstufe Rot!

Die Lage Schweinehalter ist wirtschaftlich desaströs. Die Schlachtbranche ächzt unter Kosten. Der Handel fordert mehr Tierwohl. Wenn sich die Lage nicht ändert, bricht die heimische Produktion weg.

Besorgte Gesichter, bange Fragen bei den Bauern: Wie geht’s weiter am Schweinemarkt? Dass die Preise im Keller sind – ­bitter. Doch das Auf und Ab kennen Mäster und Sauenhalter seit Jahrzehnten.

Die Lage ist ernst am Schweinemarkt. Viele Betriebe denken ans Aufhören. Bleiben die Fleischtheken dann leer? (Bildquelle: imago/Reichwein)

Aber die aktuelle Misere ist kein normales Preistal. Afrikanische Schweinepest und Corona haben den Markt nachhaltig verändert. Zudem sorgen viele Baustellen für Frust und Zukunftsangst in den Bauernfamilien:

  • Die Schweinefleischnachfrage geht schon lange zurück – aktuell beschleunigt sich das Tempo. Obwohl die Wochenschlachtungen um ein Viertel gesunken sind, parken die Schlachter Fleisch im TK-Lager.
  • Die Perspektive für eine wirtschaftliche Zukunft der Schweinehaltung fehlt. Das nimmt ­Betriebsleitern und Hofnachfolgern den Mut. Welche Wertschöpfung bietet Haltungssform 2, wenn der Lebensmittelhandel die ITW-Teilstücke nicht vollständig abnimmt? Mäster, die sich nicht vertraglich gebunden haben, bleiben womöglich ohne Bonus auf ihren Kosten sitzen.
  • Die Politik bietet unausgegorene Scheinlö­sungen statt verlässliche Rahmenbedingungen. Das zeigt der Hickhack um Düngeverordnung, Baurecht, TA Luft, Haltungsverordnung und Borchert-­Plan überdeutlich.
  • Der Lebensmitteleinzelhandel (LEH) bestimmt, wo’s lang geht. Von Augenhöhe keine Spur. Aldi verkündet Haltungsform 3 und 4 – Bauern und Schlachter sollen spuren. Verhandlungen über Preise und Laufzeiten? Überflüssig! Ein verbindliches Angebot? Fehlanzeige!
  • Den Schweinehaltern laufen unterdessen die Kosten davon. Nicht nur beim Futter, das die Mast um 20 € pro Tier verteuert. Auch bei Ersatzteilen, Baumaterialien und Handwerkerlöhnen dreht sich die Preisspirale.
  • Sauenhalter sind besonders gebeutelt. Sie leiden nicht nur unter schleppender Abnahme und niedrigen Preisen. Ihnen stehen hohe Investitionen für Deckzentrum und Abferkelstall bevor. Kein Wunder, dass sich die Zahl der Sauen seit November um 8,6 % verringert hat.
  • Auch die Schlachtbranche ächzt unter der Kostenlast. Das Verbot der Werkverträge kostet Westfleisch jährlich zweistellige Millionenbeträge. Hinzu kommen Hygieneauflagen und Teuerungen bei Verpackungen Fracht und Energie.
  • Die Futtermittelindustrie sieht mit Sorge die sinkende Auslastung ihrer Werke angesichts des beschleunigten Strukturwandels. Ähnlich geht es der übrigen vor- und nachgelagerten Industrie wie Landhandel, Stalleinrichtern, Tierärzten, ­Besamung, Beratung usw.

Die Politik kann nicht tatenlos zusehen, wenn ein ganzer Wirtschaftszweig auf der Kippe steht. Auch der LEH nicht. Was bringt die Ankündigung von Haltungsform 3, wenn die Schweinehalter fehlen, um die Kühltheken aus heimischer Produktion zu füllen? Politik und LEH müssen jetzt reagieren. Sonst stammt demnächst ein Großteil des Schweinefleischs in unseren Supermärkten aus Osteuropa, Spanien oder Brasilien.

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