Meinung

Reicht unser Trinkwasser?

Unser Kollege Armin Asbrand verabschiedet sich nach mehr als 40 Jahren aus der Wochenblatt-Redaktion - und greift hier zum letzten Mal ein brisantes Thema auf: Wie steht es um unsere Wasservorräte?

Ich bin 1955 geboren, aufgewachsen auf einem kleinen Hof in Hessen. Bis Mitte der 1960er-Jahre gab es bei uns keine Toiletten mit Wasserspülung. Wir saßen auf dem Plumpsklo, lasen nebenbei alte Zeitungen oder Wochenblätter. Ungemütlich wurde es nur, wenn im Winter der kalte Wind durch die Ritzen pfiff.

Die Zeiten sind, Gott sei Dank, lange vorbei. Heute haben wir uns an den Luxus gewöhnt: Mit gutem Trinkwasser wird die Toilette gespült, der Rasen bewässert, der Pool gefüllt. Nur wenige machen sich Gedanken, woher unser Trinkwasser kommt und ob es auch in Zukunft uneingeschränkt zur Verfügung steht.

Doch drei Trockenjahre in Folge (2018, 2019, 2020) haben zumindest unsere Landwirte und die öffentlichen Wasserversorger nachdenklich werden lassen:

  • Die Grundwasserstände in den Wasserschutz- bzw. Wassergewinnungsgebieten in NRW sind gesunken. Im Wasserschutzgebiet Vohren/Dackmar etwa fehlen aktuell bis zu 200 mm Niederschlag zur Grundwasserneubildung. In anderen Bundesländern sind die Wasser­defizite wesentlich größer.
  • Viele Haushalte in den Außenbereichen fördern ihr eigenes Trinkwasser aus einem Bohrloch. Nicht wenige sind in letzter Zeit versiegt. Die Haushalte haben sich zum Teil an die öffentliche Wasserleitung anschließen lassen, sofern dies überhaupt möglich war.
  • Zahlreiche Landwirte vor allem im Münsterland, Rheinland und im Ruhrgebiet fördern große Mengen Grundwasser, um Kartoffeln, Erdbeeren, Spargel und anderes Gemüse zu beregnen. Dürfen sie auch in Zukunft das kostbare Nass in den bewilligten Mengen aus der Erde pumpen, wenn die Grundwasserstände infolge des Klimawandels weiter sinken?

Die öffentlichen Wasserversorger in NRW, etwa die Gelsenwasser AG, die Rheinisch-Westfälische Wasserwerksgesellschaft (RWW) oder die Wasserversorgung Beckum (WVB), haben den Auftrag, die öffentliche Wasserversorgung zu sichern. Doch bei jedem Unternehmen sieht es anders aus. Gelsenwasser etwa gewinnt das Trinkwasser zum großen Teil aus dem ­Haltener Stausee, der aus Oberflächenwasser (Stever, Haltener Mühlenbach) gespeist wird. RWW und WVB dagegen fördern größtenteils Grundwasser, das sich in Jahrzehnten gebildet hat. Alle Wasserversorger arbeiten in den Schutzgebieten bereits seit vielen Jahren vertrauensvoll mit Landwirten zusammen, was man nicht oft genug erwähnen und loben kann.

Wir wollen an dieser Stelle nicht schwarzmalen. Doch wir alle, Haushalte, Wasserversorger, Landwirte, werden uns in Zukunft intensiver mit der Frage beschäftigen müssen, wie wir mit Blick auf den Klimawandel unsere Grundwasservorräte schützen und den Wasserverbrauch vermindern können. Erste Überlegungen gibt es. Die Untere Wasserbehörde des Kreises Steinfurt lässt gerade von einem Ingenieurbüro eine Machbarkeitsstudie erstellen, ob man durch Stau­wehre in den Gräben das Wasser zurückhalten und so die Grundwasserneubildung beeinflussen kann. Das Pilot­projekt im Raum Hopsten soll in enger Absprache mit den Wasser- und Bodenverbänden umgesetzt werden. Auf die Ergebnisse darf man gespannt sein.

Einiges wird sich gewiss ändern. Doch ein zurück zum alten Plumpsklo mit den vielen Fliegen und dem markanten Geruch im Sommer kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen.

Liebe Leserinnen und Leser,
nach mehr als 40-jähriger Tätigkeit für das Wochenblatt möchte ich mich von Ihnen verabschieden. Während dieser Zeit habe ich unzählige Bäuerinnen, Landwirte sowie Mitarbeiter von Behörden und Verbänden kennen und schätzen gelernt. Es war ­eine aufregende Zeit mit vielen Umbrüchen. Für das Vertrauen möchte ich mich bedanken.
Die Corona-Zeit ist hoffentlich bald vorbei. Dann sollten Sie wieder mutig nach vorn blicken und der „neuen Generation“ auf Ihren Höfen und in der Wochenblattredaktion das Vertrauen schenken, das sie verdienen.