Kommentar

Neue Landesregierung NRW: Einfacher wird’s nicht

Zwei getrennte Ministerien: Umwelt- und Landwirtschaftsministerium arbeiten nun eigenständig. Dessen neu ernannten Minister sind vom ersten Tag an gefordert, konstruktiv zusammenzuarbeiten.

Sie hatte wohl niemand auf dem Schirm:
Silke Gorißen (CDU) ist neue Landwirtschaftsministerin in NRW. Die Juristin ist seit 2020 Landrätin im Kreis Kleve. Dort hat sie sich binnen kürzester Zeit einen guten Ruf erarbeitet. Um Agrarkompetenz ins Haus zu holen, hat Ministerpräsident Hendrik Wüst den Kammerdirektor Dr. Martin Berges zum Staatssekretär berufen. Unterm Strich erst einmal eine gute und durchdachte Aufstellung – trotzdem dürften es ganz herausfordernde Jahre werden.

Getrennte Ministerien

Das liegt am Konstrukt. Schwarz-Grün trennt das ehemals gemeinsame Landwirtschafts- und Umweltministerium in zwei eigenständige Ministerien. Neuer Umweltminister ist Oliver Krischer von den Grünen. Er war bis vergangene Woche in Berlin Staatssekretär bei Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck. Krischer ist seit 2009 im Bundestag, gilt als bestens vernetzt und kann „politische Attacke“. Zwar freuen sich einzelne nun über das eigenständige Landwirtschaftsministerium unter Leitung „ihrer CDU“. Doch unter der Aufspaltung dürfte vor allem das Agrarministerium leiden.

Denn die meisten Themen kommen aktuell aus dem Umwelt- und Naturschutz. Das wird Krischer nutzen, für sich und seine Agenda. Agrarministerin Gorißen dürfte es schwer haben gegenzuhalten. Denn selbst wenn Krischer mit Forderungen übers Ziel hinausschießen sollte und Gorißen gut gegenargumentiert, steht sie in der Öffentlichkeit schnell als diejenige da, die ­„gegen mehr Umwelt-, Natur- und Klimaschutz“ ist – auch wenn das Quatsch ist. Es drohen zwei Szenarien: Entweder boxt Krischer alle Ideen ohne große Gegenwehr durch. Oder es gibt eine gegenseitige Blockade von Landwirtschaft und Umwelt, wie sie sich zuletzt Julia Klöckner und Svenja Schulze in der Großen Koalition geleistet haben. Beide Szenarien wären fatal.

Praxistaugliche Zusammenarbeit gefragt

Deshalb lautet der Appell vom ersten Tag an: ­Reißen Sie sich zusammen! Die Land- und Forstwirte stehen vor noch nie dagewesenen Herausforderungen: Tierhalter geben reihenweise auf, Ackerbauern sind geschockt vom drohenden Pflanzenschutzverbot und Waldbauern fehlt über Jahrzehnte das Einkommen. Alle brauchen praxistaugliche und verlässliche Rahmenbedingungen – keine machtpolitischen Spielchen.

Helfen könnte: Neben Grün-Schwarz in Baden-Württemberg gibt es nun in NRW und Schleswig-Holstein eine schwarz-grüne Landesregierung. Weitere könnten folgen. Und selbst für den Bund könnte Schwarz-Grün künftig eine Option sein. Deshalb sollten die Parteien ein Eigeninteresse haben, dass die neue NRW-Koalition klappt. Das kann nicht schaden, im Idealfall hilft es.

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