Meinung

Ländliche Vereine und Corona: Episode oder Einschlag?

Ob Chor, Sportverein, Blaskapelle, Heimatverein, Schützen oder Karnevalsvereine: Sie sind der Kitt, der die Dörfer zusammenhält. Aber wie können sie in der Pandemie gegensteuern?

Hallen und Sportplätze bleiben verwaist, Feste und Feiern sind tabu, Proben und Kurse finden höchstens digital statt. Corona stellt seit mehr als zwölf Monaten das Vereinsleben auf den Kopf. Erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg sind öffentliche Aktivitäten so stark über einen langen Zeitraum eingeschränkt.

Dabei sorgen Vereine auf dem Land für Abwechslung, soziales Miteinander und Lebensqualität. Sportvereine bringen Bewegung und Teamgeist. Blaskapellen und Chöre sorgen für Gemeinschaft und Taktgefühl. Schützen- und Karnevalsvereine bieten Geselligkeit und wahren Traditionen.

Kurzum: Die Vereine bilden oft den Kitt, der ein Dorf zusammen und lebendig hält. Sie sind in Orten, in denen mittlerweile Schule, Kneipe und Laden fehlen, das letzte Stück Eigenständigkeit. Außerdem bieten sie für Zugezogene einen ersten Anlaufpunkt.

Doch wie werden die Vereine aus dem langen „Corona-Winter“ erwachen? Wird die Pandemie zu harten Einschlägen in der Vereinslandschaft führen, verbunden mit sinkenden Mitglieder­zahlen, weiter einbrechenden Einnahmen und Vereinssterben? Oder wird Corona nur eine unangenehme Episode sein, die 2022 schon in Vergessenheit geraten ist? Vielleicht strömen sogar mehr Menschen in die Vereine nach Monaten der sozialen Abstinenz?

Die Antwort wird davon abhängen, wie die Vereine und ihre Vorstände diese Durststrecke jetzt nutzen. Egal, ob Chor, Sport- oder Schützen­verein – eine Sorge treibt alle um: Was ist, wenn die Mitglieder in den Monaten des Lockdowns gemerkt haben, dass sie ihre Freizeit gut ohne das Engagement im Verein füllen konnten?

Um den Kontakt zu den Mitgliedern zu halten, ist Kreativität gefragt. Manche Vorstände und Mitglieder wachsen über sich hinaus. Sportvereine bieten Fitnesskurse online an. Die Landfrauen präsentieren Vorträge im Internet. Auch vor Ort zeigt sich mancher Verein von einer anderen Seite: Schützen engagieren sich in der Nachbarschaftshilfe und trösten mit kleinen Präsenttüten über das fehlende Schützenfest hinweg.

Genau jetzt haben die Vorstände die Möglichkeit, Traditionen auf den Prüfstand zu stellen und alte Zöpfe abzuschneiden. Neue Wege in der Jugendansprache, mehr Teamarbeit in der Führung und befristete Projekte können auf den Weg gebracht werden. Denn notorische Bremser finden mit ­ihrem Argument „Das haben wir schon immer so gemacht“ im Ausnahmezustand der Pandemie weniger Gehör als sonst.

Ehrenamtliche und Freiwillige machen weiter, wo andere sich zurückziehen. Sie sind motiviert und ­leisten Beachtliches, obwohl sie vom Staat nicht bekommen, was sie wollen oder brauchen.

Altenberge im Kreis Steinfurt

Ein Heimatverein im Baufieber

von Andrea Hertleif

Die Hofanlage des Heimatvereins Altenberge wächst und wächst. Jüngstes Objekt ist eine ­kleine, feine Remise mit Loch im Dach.