Meinung

Gemeinsame Agrarpolitik: Weniger für gleiche Arbeit

So war das nicht gedacht: Landwirte, die Umweltschutzmaßnahmen einleiten, erhalten mit der Agrarreform für die gleiche Leistung weniger Geld. Ist das Absicht? Und, noch wichtiger: Lässt sich das noch ändern?

Nun ist klar: Wer jetzt Umwelt- sowie Klima­schutzmaßnahmen macht, bekommt mit der Agrarreform für die gleiche Leistung weniger Geld. Für mehr Umwelt- und Klimaschutz sind die Anreize aber oft nicht attraktiv genug. Der Verordnungsentwurf zur Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) enttäuscht Landwirte.

Die GAP 2023 soll einen Systemwechsel einläuten: Die pauschale Basisprämie aus der Ersten Säule sinkt, von 175 € plus 85 €/ha Greening auf gut 150 €/ha inklusive Greeningauflagen. Diesen Betrag können Landwirte aber mit Öko-Regelungen aus der Ersten Säule aufstocken. Das sind einjährige Maßnahmen für Klima- und Umweltschutz. Sie sollen über den Anforderungen der Basisprämie liegen und sich von Agrarumweltmaßnahmen der Zweiten Säule unterscheiden.

Grünland ist bei Öko-Regelung benachteiligt

Die Öko-Regelungen (Eco-Schemes) sind elementar für das künftige Prämienvolumen eines Betriebes. Es gibt sieben Maßnahmen. Dazu hat das Bundeslandwirtschaftsministerium jetzt ­Details sowie Prämienhöhen vorgeschlagen. 1300 €/ha für „nicht produktive Flächen auf Ackerland“ oder 900 €/ha für „Altgrasflächen in Dauergrünland“ dürften für einige Landwirte interessant sein. Für viele sind aber Prämienhöhe und Auswahl unattraktiv. Zwei Beispiele:

  • Landwirte in NRW bekommen derzeit aus der Zweiten Säule 90 €/ha für die vielfältige Fruchtfolge. Berlin will diese stattdessen als Öko-Regelung anbieten – für 30 €/ha. Landwirte werten das als Abwehrangebot.
  • Grünland ist bei den Öko-Regelungen benachteiligt, für intensive Grünlandbetriebe gibt es nahezu kein Angebot. Gleiches gilt für ökologisch wirtschaftende Betriebe. Beide Betriebstypen könnten bei den Öko-Regelungen leer ausgehen.

Zwei aktuelle Gutachten untermauern die Sorgen der Landwirte: Vor allem auf Gunststandorten liegen die Kosten für Agrarumweltmaßnahmen oft weit über der geplanten Vergütung, hat die Fachhochschule Soest analysiert. Die Uni Kiel hat ausgerechnet, dass NRW-Betriebe im Schnitt 70 €/ha durch die Agrarreform verlieren.

Was geht jetzt noch? Bis Freitag läuft die An­hörung des Verordnungsentwurfes. Landwirtschaftliche Verbände dürften ihre Kritik deutlich machen. Und wichtige Fragen stellen: Will die Politik das Preisniveau einiger Öko-Regelungen bewusst niedrig halten, weil sie mit einer großen Resonanz der Landwirte rechnet, das Budget aber gedeckelt ist? Können Bundesländer die Öko-Regelungen mit Maßnahmen aus der Zweiten Säule flankieren, was oft eine Lösung sein könnte? Wie können Maßnahmen der finanziell besser ausgestatteten Zweiten Säule aussehen?

Bis Jahresende bleibt wenig Zeit

Die Zeit drängt: Der nationale Strategieplan muss bis Ende des Jahres in Brüssel sein. Deshalb soll die Verordnung Anfang November ins Kabinett und Ende November in den Bundesrat. Das Ganze bei laufenden Sondierungsgesprächen. Wobei niemand weiß, wie sich die neue Bundesregierung zur GAP positioniert: Lässt sie den Vorschlag so laufen oder mischt sie sich noch ein?

Trotz jahrelangem Vorlauf ist wieder der Endspurt entscheidend. Für Landwirte oft finanziell überlebenswichtig. Sie wollen mehr Umwelt- und Klimaschutz. Aber auch eine Entlohnung dafür. Das muss klappen. Denn Umwelt- und Klima­schutz gelingt nur mit den Bauern.