Gemeinsame Agrarpolitik

GAP-Reform: Turbo- statt Jumbo-Trilog!

Das EU-Parlament und die Mitgliedstaaten scheitern an einem Kompromiss zur EU-Agrarreform. Das ist unverantwortlich und geht zu Lasten der Landwirte. Die Verhandler müssen jetzt den Turbo einlegen.

Peinlich. Anders lässt sich kaum beschreiben, wie die Verhandlungen zur EU-Agrarreform vergangene Woche gescheitert sind. Die Protagonisten hatten die Messlatte mit Vokabeln wie „Jumbo-Trilog“ hochgelegt. Nun gibt es nicht einmal einem minimalen Konsens. Dafür aber extremen Zeitdruck.

Was war passiert? Brüssel muss den Rahmen für die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) bis 2027 schaffen. Das will gut überlegt sein. Die GAP ist ein Mammutprojekt, umfasst 390 Milliarden € und soll für ein gutes Einkommen der Landwirte, mehr Biodiversität und Klimaschutz sowie lebenswerte ländliche Räume sorgen. Das gleicht der Quadratur eines Kreises. Die Agrarstrukturen der Mitgliedstaaten könnten unterschiedlicher kaum sein. Zielkonflikte sind vorprogrammiert.

Streit um Flexibilität

Wie das trotzdem gelingen kann, verhandeln die EU-Mitgliedstaaten mit dem Europaparlament im sogenannten Trilog. Dort sitzt die EU-Kommission als Vermittler mit am Tisch. Um den unterschiedlichen Gegebenheiten in den EU-Staaten gerecht zu werden, sollen diese mehr Flexibilität bekommen: Brüssel setzt die Ziele – Maßnahmen entwerfen die Mitgliedstaaten eigenverantwortlich.

Der Streit über das Ausmaß der Eigenverantwortung ließ die Verhandlungen nun platzen: Das Parlament will mehr und verpflichtenden Umwelt- und Klimaschutz in den EU-Staaten. Diese pochen jedoch auf die versprochenen Gestaltungsfreiräume. Die Parlamentarier sehen die Gefahr, dass einige Mitgliedstaaten die Flexibilität nutzen, um so wenige Auflagen wie möglich umzusetzen. Ende Juni soll es einen erneuten Anlauf für einen Kompromiss geben.

Julia Klöckner und ihr finnischer Amtskollege Jari Läppa

Morgens halb zwei in Brüssel - Kurze Pause während der Sitzung des Agrarministerrates. (Bildquelle: European Union )

Durch diese Verzögerung bekommt Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner ein Problem. Sie will die deutsche GAP-Umsetzung noch vor der Wahl durch den Bundestag bringen. Ohne europäischen Rahmen wird das aber schwer, vielleicht unmöglich. Kommen die GAP-Gesetze nicht vor der Bundestagswahl, stellen sich Fragen: Wann hat Deutschland eine neue Regierung, wie sieht diese aus? Und was ändert sie noch an der GAP? Das alles ist unklar. Klar ist aber: Bis zum 1. Januar 2022 muss Deutschland seinen GAP-Strategieplan in Brüssel vorlegen. Eine schnelle Einigung in Brüssel muss also in Klöckners ureigenem Interesse sein. Sie sollte auf EU-Ebene aktiv für das deutsche GAP-Modell werben. Das könnte verhindern, dass sich andere Mitgliedstaaten mit laxeren Regeln unterbieten.

Landwirte brauchen Turbo-Trilog

Bei allem Hin und Her scheint eines in Vergessenheit zu geraten: Die ewige Zankerei in Brüssel findet auf dem Rücken der europäischen Landwirte statt. Diese sind bereit für mehr Umweltschutz, wenn die wirtschaftlichen Vorzeichen stimmen. Einzig, sie benötigen Planungssicherheit. In Brüssel geht es jetzt um Zeit. Was die Landwirtschaft braucht, ist also ein Turbo-Trilog.