Kommentar

Europas Finanzen bis 2027: Der erste Schritt ist getan

Vier Tage und Nächte haben die Staats- und Regierungschefs der EU über den Finanzrahmen bis 2027 verhandelt. Sind jetzt alle zufrieden?

Lange hat es gedauert, aber am Ende haben sich die Staats- und Regierungschefs der EU zusammengerauft. Der Mehrjährige Finanzrahmen (MFR) für die Jahre 2021 bis 2027 und der Corona-Wiederaufbaufonds sind beschlossene Sache.

Die Europäische Union bricht in der Krise nicht wegen eines Streits um Geld ausei­nander, sondern findet eine Lösung, mit der alle Beteiligten leben können. Der Wille, die Gemeinschaft als starkes und solidarisches Bündnis fortzuführen, zählt erst einmal mehr als alles andere. Das ist ein positives Zeichen, auch wenn die Kritik an den Beschlüssen nicht lange auf sich warten ließ.

Positiv ist auch diese Nachricht: Der Agrarhaushalt wird nicht, wie zwischenzeitlich befürchtet, zusammengestrichen. Das Budget ist insgesamt stabil und auch die Direktzahlungen dürften im Wesentlichen gesichert sein. Dafür stehen im Mittel der sieben Jahre jeweils knapp 35 Mrd. € zur Verfügung. An der Grundstruktur mit einer Ersten und einer Zweiten Säule ändert sich nichts. Trotzdem ist damit noch lange nicht klar, wie es im Detail für die Bauern weitergeht. Vor allem zwei Dinge sind dabei zu bedenken:

  • Das Europäische Parlament ist mit den Beschlüssen der vergangenen Woche nicht zufrieden. Enttäuscht zeigten sich viele Abgeordnete vor allem darüber, dass die Mittel für Klimaschutz, Forschung und digitalen Wandel hinter den Erwartungen zurückblieben. Auch dass bei den für die Zweite Säule vorgesehenen Geldern geknapst wurde, ärgert viele Parlamentarier. Sie sehen den Green Deal der Europäischen Kommission insgesamt gefährdet, der praktisch das Kernstück ihres „Regierungsprogramms“ verkörpert. Bei den künftigen Beratungen ist deshalb durchaus zu erwarten, dass es noch zu Änderungen der Haushaltsansätze kommen wird.

  • Die genaue Ausgestaltung der Vorgaben in den Mitgliedstaaten steht noch aus. Sie haben reichlich Möglichkeiten, die Rahmenbedingungen nach ihren Vorstellungen zu gestalten. Die Direktzahlungen können, aber müssen nicht auf 100  000 € pro Betrieb gedeckelt werden. Von der Ersten in die Zweite Säule – oder umgekehrt – dürfen jeweils 25 % der Mittel umgeschichtet werden. Dabei geht es um große Summen. Wenn die einzelnen Staaten hier sehr individuell agieren, hat das Konsequenzen für die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe, genau wie sehr unterschiedliche Auflagen mit Blick auf Umwelt-, Natur- und Tierschutzstandards.

Das alles zeigt: Längst nicht alles ist in Stein gemeißelt, nur weil die Regierungschefs etwas beschlossen haben. Aber trotzdem ist ein Anfang gemacht. In den kommenden Monaten kommt es darauf an, im Detail die Weichen richtig zu stellen, das Geld zielgerichtet einzusetzen.

Europäische Union: Mehrjähriger Finanzrahmen

EU: 240 Milliarden Euro für Direktzahlungen

von Agra-Europe

Einigung zum EU-Budget: Für Agrar- und Fischereipolitik sowie Umwelt- und Klimaschutz werden in der kommenden Förderperiode mehr als 350 Mrd. € bereitgestellt. Tierwohl soll umfänglich...