Kommentar

Dank in den Zeiten der Pandemie

Am Sonntag ist Erntedank. Umzüge, Bauernmärkte, Dorffeste fallen aus. Alle kennen den Grund: "wegen Corona". Man kann es fast nicht mehr hören. Dennoch gibt es Anlass genug zu danken – trotz Corona.

Innehalten und ganz bewusst danken – wie oft tun wir das im täglichen Leben? In den meisten Fällen bedarf es eines besonderen Ereignisses, damit wir von Herzen Danke sagen. Beispielsweise bei der Geburt eines Kindes oder nach der Genesung von einer Erkrankung.

In diesem Jahr gab es viele besondere Anlässe, Danke zu sagen. Nichts war nach dem Ausbruch der Covid 19-Pandemie wie immer – im Gegenteil. Schnell mussten wir umdenken und uns erinnern, die wirklich wichtigen Dinge von den unwichtigen zu unterscheiden. Vielen wurde wieder bewusst, wie essenziell es wirkt, das Wesentliche zu achten und wertzuschätzen. Und jenen Menschen zu danken, die sich tagtäglich dafür starkmachten, unser plötzlich auf den Kopf gestelltes Leben zu ordnen und unsere Versorgung sicherzustellen:

  • Politikerinnen und Politiker, die schwierige, weitreichende Entscheidungen zu treffen hatten;
  • Mediziner und Wissenschaftler, die permanent im Fokus standen und von denen man täglich neue und „richtige“ Erkenntnisse erwartete;
  • Pflegerinnen und Pfleger, die größten Belastungen ausgesetzt waren;
  • das Verkaufspersonal, das Sonderschichten leistete; und
  • Familien, die mit ­Homeoffice, Homeschooling, Kinderbetreuung und Versorgungsleistungen an den Rand ihrer Belastbarkeit gerieten.

Vielen von uns machten in ­einer bis dahin nie erlebten ­Dimension Ängste um die Gesundheit und um eine sichere, wirtschaftliche Zukunft zu schaffen. All die sonst so selbstverständlichen Leistungen hatten plötzlich eine andere Gewichtung. Und – man mag es kaum glauben nach den harten Debatten der vergangenen Jahre – auch die Landwirtschaft erhielt Applaus und Dank.

Fehlende Erntehelfer führten zu einer Welle von Hilfsangeboten, und plötzlich war sie da: Die Wertschätzung, die wir alle so nötig brauchen, wenn wir unsere Arbeit tagein, tagaus mit Sorgfalt, Wissen und Verantwortung machen.

In der Landwirtschaft begegnen wir tagtäglich neuen He­rausforderungen. Der Klimawandel, ständig neue Verordnungen, keine verlässlichen Zukunftsperspektiven und – weil ja immer noch was geht – nun auch noch die Afrikanische Schweinepest. Der Druck auf diejenigen, die in der Landwirtschaft arbeiten und von der Landwirtschaft leben, wächst stetig und führt zu großen Existenznöten.

Und dennoch kenne ich niemanden, der das Erntedankfest für überflüssig oder für verzichtbar hält. Trotz oder gerade weil wir mit so vielen Unwägbarkeiten zu kämpfen haben, ist es wichtig, in Traditionen wie dem Erntedank Halt zu finden. Was aus einem kleinen Samenkorn entsteht, welche Wunder wir aus der Natur empfangen, ist immer wieder befriedigend und dafür zollen die landwirtschaftlichen Familien eine tief empfundene Dankbarkeit.

Als LandFrauenverband setzen wir uns seit vielen Jahren dafür ein, den Jüngsten diese natürlichen Prozesse wieder näherzubringen. Bauernhoferlebnispädagoginnen machen sich stark dafür, Aktionen wie „Bauernhof für kleine Hände“ oder das Anlegen von Schulgärten lassen Kinder erfahren, wie viel sorgfältige Pflege nötig ist, bis ich diesen tollen Moment erlebe, dass ich aus einer gepflanzten Kartoffel plötzlich einen überraschenden Schatz vieler großer und kleiner Köstlichkeiten aus der Erde graben kann. Wie viel Ressourcen und Geduld vonnöten sind, ehe aus einem kleinen Samenkorn ein wunderschöner, farbenprächtiger Kürbis herangewachsen ist. Ich wünsche allen Kindern die Möglichkeit, solche Glücksmomente zu erleben und bin fest überzeugt von der nachhaltigen Prägung.

Einander zuhören, aufeinander zugehen und Lösungen finden, die unserer Umwelt und unserer Landwirtschaft eine gemeinsame Zukunftsperspektive ermöglichen, auch dafür bietet das Erntedankfest einen guten Anlass. Die durch Corona verursachte Krise werden wir hoffentlich alle gemeinsam gut überstehen, mit vereinten Kräften wird daran gearbeitet und jede und jeder Einzelne trägt seinen Teil dazu bei.

Auch die Krise in der Landwirtschaft und der Richtungsstreit zur Zukunft derselben sind nur dann zu überstehen, wenn sich alle gemeinsam auf den Weg machen und selbst einzelne, scheinbar kleine Schritte mit dem nötigen Respekt und einem Dank begleitet werden.