Kommentar

Ausstieg als Neuanfang

Hofaufgabe: Daran mag kein Bauer denken. Wenn wirtschaftliche Gründe dafür sprechen, ist die emotionale Herausforderung groß. Wie kann es beruflich und persönlich weitergehen?

Investiere ich eine sechsstellige Summe in ein neues Fahrsilo, ein Güllelager oder in den Umbau des Stalls? Oder lasse ich es und höre mit der Landwirtschaft auf? An diesem Punkt steht so manche Bauernfamilie im Moment. Noch bis vor einigen Jahren erfolgte die Hofaufgabe meist im Generationenwechsel. Jetzt stellen Landwirtinnen und Landwirte immer öfter mitten im Berufsleben die Bewirtschaftung des Hofes ein.

Denn wer in der Landwirtschaft weiter sein Einkommen erwirtschaften möchte, muss für seinen Arbeitsplatz viel Geld in die Hand nehmen. Dazu kommen sich schnell wandelnde gesetzliche Anforderungen, bei denen unklar ist, ob sie in zehn Jahren noch gelten. Zudem bringt das eingesetzte Kapital wenig Ertrag.

Das führt zwangsläufig zu der Frage, ob es nicht mehr Sinn macht, aus der Landwirtschaft auszusteigen. Dieses emotionale und schwierige Thema beleuchten wir in diesem Wochenblatt. Wir haben mit Bauern gesprochen, die sich beruflich neu orientiert haben und mit Beraterinnen und Beratern, die Familien durch diesen Wendepunkt im Leben begleiten.

Nicht aus Tradition verpflichtet

Dabei zeigte sich: Aktive Landwirtinnen und Landwirte sowie Bauernkinder müssen sich von dem Gedanken frei machen, den Betrieb aus Tradition weiter zu bewirtschaften. Ein Hof verpflichtet nicht, die eigenen Wünsche an das Leben und den Beruf hinten anzustellen. Mit dem Einstellen der aktiven Landwirtschaft verändert sich der Arbeitsplatz, nach wie vor ist der Hof Lebensmittelpunkt und Heimat der Familie.

Wichtig ist bei den Gedanken zur Zukunft des Hofes, dass die Bauernfamilie einen Plan hat. Steht ein Ausstieg an, etwa weil die roten Zahlen auf dem Konto stetig steigen, ist Handeln angesagt. Es darf nicht so weit kommen, dass beispielsweise die Bank keine finanziellen Mittel mehr zur Verfügung stellt. Nur wenn die Familie in der Lage ist, zu entscheiden, kann sie die Prozesse rund um die Hofaufgabe selbst gestalten. Ziel muss sein, das Vermögen zu sichern – und das ist manchmal ohne aktive Landwirtschaft besser möglich.

Begehrte Arbeitskräfte

Werden die ersten Schritte zur Hofaufgabe eingeleitet, darf eine Landwirtin oder ein Landwirt traurig sein und sich auch vor dem fürchten, was kommt. Es ist schließlich der Abschied von einem Lebensziel und es stehen viele Veränderungen an. Aber nach dieser Phase richtet sich oft der Blick neugierig auf das, was kommt.

Die Entscheidung für den Ausstieg wird leichter, wenn die Familienmitglieder Verbesserungen an Lebensqualität erwarten. Beispielsweise verringern sich Arbeitsbelastung und Bürokratie, die Verantwortung für Tiere und Acker entfällt. Im besten Fall sind die Schulden übersichtlich und die Finanzen klar. Eine Last fällt ab.

Mut macht, dass es beruflich für Landwirtinnen und Landwirte weitergeht: Wegen ihrer vielen Fähigkeiten sind sie auf dem Arbeitsmarkt begehrt und sie können selbstbewusst auftreten. Es ist zu wünschen, dass sie eine Tätigkeit finden, die sie ähnlich zufrieden macht wie die Arbeit auf dem Hof.

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