Kommentar

Wolf: Den Konflikt lösen!

Die Wölfe dringen vor. Anfangs fanden Schafhalter gerissene Tiere, nun auch Rinder-, Pferde- und andere Weidetierhalter. Doch Land, Bund und EU schieben sich weiter gegenseitig die Verantwortung zu.

Die Wölfe dringen vor. Anfangs fanden nur Schafhalter gerissene Tiere, nun auch Rinder-, Pferde- und andere Weidetierhalter. Mancherorts tauchen die Raubtiere an Waldkindergärten auf oder laufen durch Wohnsiedlungen. Landwirte fürchten das Ende der Weidehaltung, Eltern sorgen sich um ihre Kinder – der Chor der Wolfkritiker wird vielstimmiger.

Meinung zum Wolf: Verbitterte Oppositionen

Doch viele Politiker sind auf dem Ohr weiter taub. Land, Bund und EU schieben sich gegenseitig die Verantwortung zu. Offenbar will niemand das Thema ernsthaft anpacken – weil sich die Lager im Extrem verbittert gegenüberstehen: Die einen romantisieren den Wolf, die anderen wollen ihn ausrotten. Beides ist völlig falsch.

Aber für einen akzeptierten Mittelweg sind ­Antworten nötig: Hat der Wolf in Europa den „guten Erhaltungszustand“ erreicht? Ist der hohe Schutzstatus noch gerechtfertigt? Muss es eine Bestandsregulierung mit Abschussplan geben?

Keine bis nicht überzeugende Argumente

Dazu hätte die zuständige Bundesumweltministerin Steffi Lemke auf dem vergangenen Wolfgipfel (Seite 16) etwas sagen können. Doch die Grünen-Politikerin und niemand anderes aus ihrem Ministerium nahm „aus Termingründen“ teil. Solche „Ihr seid uns egal“-Signale erschüttern Menschen auf dem Land und stärken am Ende die politischen Ränder links wie rechts.

Gestellt hat sich auf dem Wolfgipfel NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger. Das ist ihm hoch anzurechnen. Doch seine Kernargumente pro Wolf überzeugten kaum: Problemwölfe dürfen geschossen werden, Schutzzäune bieten Sicherheit. Damit verkennt er die Realität: Ausnahmegenehmigungen für einen Abschuss lassen sich in der Praxis kaum umsetzen. Und alle Weiden in Deutschland wolfssicher einzuzäunen, ist weder leistbar noch bezahlbar – noch bietet es die letzte Sicherheit.

Zudem konnte Krüger seinen eigenen Gegensatz nicht auflösen: Der NABU fordert großflächige Biotopverbunde, will aber Weiden mit meterhohen Zäunen verbarrikadieren.

Andere Branchen mit ins Boot holen

Die Weidetierhalter wollen sich jetzt lauter für ihre Forderungen einsetzen. Das ist verständlich. Aber ob sie damit Großstadtpolitiker und -menschen erreichen? Vielleicht sollten sie zusätzlich versuchen, mehr Verbündete zu gewinnen. Grasende Weidetiere halten die Landschaft offen und prägen die Kulturlandschaft.

Davon profitieren viele Branchen, beispielsweise der Tourismus. Warum nicht Hotels, Gaststätten und Freizeitanbieter mit ins Boot holen? Wenn Menschen aus dem Ruhrgebiet plötzlich im Sauerland nicht mehr wandern oder Ski fahren können, hinterfragen sie den Wolf möglicherweise auch. Das dürfte deutlich mehr politisches Gehör bringen.

Die Hoffnung: Dann kann sich die Politik nicht mehr wegducken und muss einen Weg zeigen, wie Wölfe, Weidetiere und Menschen zusammenleben können. Mit klaren Regeln und Grenzen für alle. Die verantwortlichen Politiker sollten den Konflikt endlich lösen, bevor es zu spät ist und der Wolf die Gesellschaft unversöhnlich gespalten hat. Oder im schlimmsten Fall ein Mensch durch einen Wolfsangriff oder flüchtende Weidetiere zu Schaden kommt.#

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