Kommentar

Ab die Post ...

Tausend Meter bis zum nächsten Postkasten, tägliche Leerung und jeden Tag zugestellte Briefe...

Haben Sie schon mal die Entfernung zum nächsten Briefkasten gemessen? In Wohngebieten dürften es nicht mehr als 1000 m sein – zumindest laut “Post-Universaldienstleistungsverordnung”. Das Gesetz garantiert uns Bundesbürgern auch, dass Postkästen werktäglich geleert und Briefe zugestellt werden – außer sonntags. Im Jahresschnitt muss die Deutsche Post mindestens 80 Prozent der Briefe im Inland am folgenden Werktag ausliefern. 95 Prozent müssen nach zwei Werktagen ankommen.

Verbundzustellung für Effizienz

Doch das scheint vielerorts nicht zu gelingen. Briefe und Pakete kommen oftmals nicht fristgerecht an – genau wie das Wochenblatt. Zum Teil stellt die Post Sendungen nur noch zwei- bis dreimal wöchentlich zu. Das belegen die 11  500 Beschwerden, die bereits in den vier Monaten von Juni bis September 2022 bei der Bundesnetzagentur eingingen. Zum Vergleich: im gesamten Vorjahr waren es rund 15  000. Die Deutsche Post rechtfertigt das mit dem hohen Krankenstand im Unternehmen. Kritiker werfen der Post indes vor, ihr Konzept zu sehr auf Kante genäht zu haben. Denn in den vergangenen Jahren hat sich das Unternehmen bemüht, effizienter zu werden. Trotz relativ konstanter Mitarbeiterzahlen steigerten die gelben Logistiker ihren Jahresüberschuss 2021 um 35 Prozent auf rund 3,9 Mrd. €. Vermutlich ein erster Erfolg der „Verbundzustellung“, bei der die Boten Briefe und Pakete gemeinsam ausliefern.

Dass die Verbundzustellung an Bedeutung gewinnt, liegt an uns allen. Wir schreiben seit Jahren weniger Briefe. Erhielten wir 2016 noch 157 Briefe, waren es 2019 nur noch 146. Klingt erstmal nicht gravierend. Doch in der Summe sprechen wir von 800 Millionen Briefen weniger, die die Deutsche Post von A nach B bringen muss. Stattdessen kommunizieren wir günstig und schnell via Internet. Gleichzeitig bestellen wir aber mehr Waren online und lassen sie uns bequem bis an die Haustür liefern.

Kreative Wege

Diese Verhaltensänderung spüren Postler weltweit. Einige beschreiten daher kreative Wege: In Frankreich zählt es zur Aufgabe mancher Postboten, bei einsamen Senioren auf einen Kaffee hereinzukommen. Das klingt fremd. Dabei war es, früher Gang und Gebe in Westfalen, dass der Bote auch mal auf ein Gläschen blieb. Heute zählen dagegen nur möglichst viele kurze Stopps.

Dass Effizienz doch nicht alles ist, zeigt ein Beispiel aus Schleswig-Holstein. Seit 20 Jahren läuft dort ein Mann barfuß 13 Kilometer durchs Watt und bringt die Post – zu nur einer Familie! Als Subunternehmer sorgt er dafür, dass die Bewohner von Süderoog immerhin zweimal in der Woche ihre Briefe und Pakete bekommen. Die Tageszeitung müssen die Bewohner der Hallig dennoch digital lesen. Zeitungen muss die Post nämlich nur im Rahmen des „betrieblich Zumutbaren“ befördern. Wir können also nur hoffen, dass die Post neben Effizienz auch nach Qualität strebt und Sie das Wochenblatt pünktlich in den Händen halten.

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Zu Familie Spreer-Wree kommt weder Fähre noch Boot. Dafür läuft Knud Knudsen zweimal pro Woche durchs Watt und bringt ihnen Briefe und Pakete.