165 Tests durchgeführt

Auf jeder zweiten Probe Hähnchenfleisch antibiotikaresistente Erreger nachgewiesen

Die Untersuchung wurde von "Germanwatch" und Humanmedizinern in Auftrag gegeben.

Die im September 2020 eingekauften Proben stammten aus Filialen von Aldi, Lidl und dem Werksverkauf in Deutschland, Frankreich, der Niederlande, Spanien und Polen. Das Hähnchenfleisch wurde von der deutschen PHW-Gruppe („Wiesenhof“), Plukon und der LDC-Gruppe aus Frankreich in Verkehr gebracht.

Die Proben der PHW-Gruppe waren mit insgesamt 59 % am stärksten mit antibiotikaresistenten Keimen belastet. Bei mehr als einem Drittel der PHW-Proben waren auch Resistenzen gegen Reserveantibiotika nachzuweisen. Bei der LCD-Gruppe gab es 57 % belastete Proben, 45 % mit Resistenzen gegen Reserveantibiotika. Hähnchenfleisch von Plukon wies mit 36 % die wenigsten belasteten Proben auf, ein Viertel war gegen Reserveantibiotika resistent.

Schlachthof Lohne: MRSA nachgewiesen

In mehr als 30 % aller Proben wurden Chinolon-Resistenzen verschiedenster Ausprägung (von vollständig bis niedriggradig) festgestellt. Campylobacter, ein Erreger von starkem Durchfall beim Menschen, wurde auf zehn Proben nachgewiesen. Auffallend war der Nachweis von multiresistenten Staphylokokkus aureus (MRSA) auf 24 % der Proben der PHW-Gruppe. Diese sind alle auf den Schlachthof Lohne zurückzuführen. Bei Plukon und der LCD-Gruppe konnten MRSA nicht nachgewiesen werden. Durchgeführt wurden die Analysen im Nationalen Referenzzentrum für gramnegative Krankenhauserreger an der Ruhr-Universität in Bochum.

Forderung: Keine Reserveantibiotika in der Tierhaltung

Reinhild Benning von Germanwatch folgerte aus den Ergebnissen „dass Antibiotika in den Ställen noch massenhaft eingesetzt werden“. Sie fordert eine Abkehr von der Hochleistungszucht und eine Hähnchenhaltung mit mehr Platz und Außenkontakt. „Auch Ärzte setzen Antibiotika ein, jedoch ist es unerträglich wie Antibiotika zur Produktion von möglichst billigem Fleisch und zur Gewinnmaximierung in der Tierhaltung ohne Not verschlissen werden“, kommentierte Dr. Imke Lührs vom Vorstand der Organisation "Ärzte gegen Massentierhaltung" die Ergebnisse. Die von Tierhaltern jährlich eingesetzten Mengen an Colistin reichen ihr zufolge aus, um jeden Deutschen einmal im Jahr mit diesem Medikament zu behandeln. „Wir behandeln schwer kranke Menschen und nicht Tiere, deren Wohl durch die Haltung beeinträchtigt ist“, sagte Lührs. Die Auftraggeber der Studie fordern, dass die Verwendung von Reserveantibiotika in der Nutztierhaltung durch eine entsprechende Änderung der EU-Tierarzneimittelverordnung untersagt wird.