Seit mehr als 20 Jahren gibt es Milchziegen auf dem Hof der Fredebeuls in Rüthen. Alles begann mit einer Ziege als Gesellschaft für das Pferd von Heike Fredebeul. Heute gibt es etwa 500 Milchziegen sowie Nachzucht auf dem Betrieb. Die Milch vermarkten Fredebeuls zu großen Teilen über den niederländischen Händler von Ziegenmilch. Seit jeher produzieren sie aber auch selbst Käse auf dem Hof. Vor etwa einem halben Jahr hat Tochter Katja Fredebeul die kleine Hofkäserei übernommen und plant, diesen Betriebszweig inklusive des Absatzes über Gastronomie und Lebensmitteleinzelhandel (LEH) auszubauen.
Selbst erzeugtes Grundfutter
Der Stall für die Milchziegen misst 1800 m2 und ist vier Jahre alt. Dort stehen die Tiere in drei Gruppen mit je etwa 170 Tieren. Die Aufzucht der Jungtiere und die Mast der männlichen Lämmer erfolgt in einem der ehemaligen Schweineställe. Für die Landwirtschaft auf dem Betrieb ist Jens Fredebeul zusammen mit seinen Eltern Johannes und Heike zuständig. „Ich mag Ziegen, weil sie eine Herausforderung in der Fütterung und Haltung sind“, sagt der Agrarbetriebswirt. Ziegen haben einen sehr empfindlichen Verdauungstrakt und reagieren prompt auf Futterumstellungen. „Deshalb produzieren wir unser gesamtes Grundfutter selbst“, sagt der 27-Jährige, der zusammen mit seinem Vater rund 50 ha bewirtschaftet. Unterstützung erhält die Familie nicht nur von ihren zwei Teilzeit-Angestellten. „Unser bester Mitarbeiter ist Wilfried, der Futterroboter“, scherzt Heike Fredebeul. Sie weiß die Arbeitserleichterung durch den Futtermischwagen und die Technik besonders zu schätzen. Denn früher, als sie mit der Hofkäserei begann, umfasste ihre Ziegenherde 48 Tiere: „Damals habe ich im Stall alles von Hand gemacht – vom Füttern bis zum Melken.“
Bis zu 3 l Milch pro Tag und Ziege
Auf dem Betrieb der Familie gibt es weiße Saanenziege sowie Bunte Deutsche Edelziegen. Im Schnitt gibt jedes der Tiere 2 bis 3 l Milch pro Tag. Zum ersten Mal besamt werden sie mit etwa neun Monaten. Durchschnittlich bleiben die Tiere acht Jahre in der Herde. Die gesamte Nachzucht stammt vom eigenen Hof.Die Ziegen erhalten zweimal täglich eine Ration vom Futtermischwagen und achtmal Pellets vom Roboter. Alle Tiere auf dem Hof stehen auf Stroh. Während die Einstreu bei den jungen Tieren noch wöchentlich gewechselt wird, reicht es bei den älteren Tieren alle zwei Monate aus. Alle drei Jahre lammen die Ziegen, die übrige Zeit werden sie durchgemolken. Nach der gut fünf monatigen Trächtigkeit lammen die Ziegen von Ende Januar bis Anfang Mai. „Wir beginnen immer mit den Alttieren und später kommen dann die Jungtiere dran“, beschreibt Heike Fredebeul die Abfolge beim Lammen. Da die Lämmer unmittelbar von den Muttertieren getrennt werden, stehen Fredebeuls während der Lammzeit mehrfach nachts auf, um die Neugeborenen unmittelbar in Kleingruppen zusammenzusetzen.Die männliche Nachzucht bleibt auf dem Hof, wird gemästet und bei einem regionalen Metzger geschlachtet. Einige der Tiere wachsen auch als Landschaftsschutzziegen im Naturschutzgebiet Kallenhardt auf.
65 Cent pro Liter Milch
Heute erleichtert das Melkkarussell die Arbeit. Es ist ein Außenmelker mit 48 Plätzen. „Um die Investition klein zu halten, haben wir es gebraucht gekauft“, berichtet Heike Fredebeul. Zu dritt brauchen sie zwei Stunden fürs Melken. Die Milch wird zweimal in der Woche vom niederländischen Händler Melkweg abgeholt, der sie an Molkereiunternehmen verkauft, die daraus Ziegenkäse herstellen. „Aktuell erhalten wir 65 Cent pro Liter“, erzählt die gelernte Textil-Betriebswirtin, die über ihren Mann zur Landwirtschaft kam. Der Markt bestimmt den Preis, der für Herbst und Winter typisch ist. Erfahrungsgemäß fällt er in den Sommermonaten auf weniger als 60 Cent. Trotz der Schwankungen sind die Fredebeuls froh, einen festen Abnehmer für ihre Milch zu haben.
Käsen: Erst Plicht, nun Kür
„Wir wirtschaften konventionell“, sagt Heike Fredebeul. Vor 21 Jahren, als sie mit der Milchziegenhaltung begann, gab es keine Molkereien, die Ziegenmilch suchten. Daher begann sie, die Milch ihrer Ziegen zu Käse zu verarbeiten, den sie auf Handwerkermärkten sowie über den stationären Lebensmittelhandel verkaufte. „Zwei- bis dreimal in der Woche musste ich käsen, um die Milch zu verarbeiten“, erinnert sich die Ziegenfachfrau. Heute ist das anders: Tochter Katja Fredebeul freut sich über das Privileg, einfach bei Bedarf Milch aus dem Tank holen zu können, um die Aufträge zu erfüllen. Denn noch ist die 29-Jährige Vollzeit im Hotel- und Gaststättengewerbe tätig. „Meine Arbeitszeiten sind sehr flexibel, was mir beim weiteren Aufbau der Direktvermarktung in die Karten spielt“, beschreibt die ebenfalls gelernte Textil-Betriebswirtin. Dass sie nicht nur bei der Ausbildung, sondern auch in der Hofkäserei in die Fußstapfen ihrer Mutter treten würde, war nicht von vorneherein geplant. „Dennoch sind wir beide froh, dass es so gekommen ist“, bekräftigt das Mutter-Tochter-Gespann. Obwohl Mutter Heike in den vergangenen Jahren die Käseproduktion etwas zurückgefahren hatte, konnte Katja Fredebeul den alten Kundenstamm ihrer Mutter übernehmen und sogar erweitern. „Wir arbeiten mit Gastronomen, Direktvermarktern und selbstständigen Einzelhändlern zusammen, nicht aber mit den großen Regionallagern“, ergänzt die junge Frau, die als selbstständige Unternehmerin die Milch vom landwirtschaftlichen Betrieb ihres Bruders abkauft.
Abkehr vom Schnittkäse
Während Heike Fredebeul damals noch Schnittkäse produzierte, konzentriert sich Tochter Katja mehr auf Weichkäse. „Das hat den Vorteil, dass ich den Käse weniger lang lagern und pflegen muss“, erklärt sie ihre Entscheidung. Sie stellt Ziegenweichkäse mit oder ohne Kräuter und Gewürzen her. Beide Sorten vakuumiert sie, von Hand geschnitten, entweder mit oder ohne Öl ein. Auch Ziegenfrischkäse stellt sie mittlerweile her, den sie aber, genau wie spezielle Eissorten, ausschließlich an die Gastronomie liefert.
Eis aus Ziegenmilch
Vier verschiedene Sorten zählen zum Standardprogramm, für den LEH: Vanille, Schokolade, Erdbeere und Haselnuss. „Der Geschmack von Ziegenmilcheis und -käse ist einzigartig, aber mild“, sagt Katja Fredebeul. „Das Fett der Ziegenmilch enthält mehr mittel- und kurzkettige Fettsäuren als Kuhmilch und das Eiweiß gerinnt feiner – daher vertragen Menschen, die auf Kuheiweiß oder Laktose reagieren, Ziegenmilch oft gut“, erläutert sie die Vorteile ihrer Produkte.
In den kommenden zwei bis drei Jahren möchte Katja Fredebeul ihre Manufaktur weiter ausbauen und prüfen, ob sie ihren Betrieb im Haupterwerb führen kann. Und auch auf dem landwirtschaftlichen Betrieb der Familie stehen weitere Veränderungen an. Denn aktuell steht der erst 2010/11 gebaute Schweinestall leer. Bei den aktuellen Preisen sieht Jens Fredebeul es als wenig lohnend an, Schweine aufzustallen. „Ob sich das in Zukunft wieder lohnt, wird sich zeigen“, sagt der Junglandwirt, der seinen Betrieb auch in Zukunft vielfältig aufstellen will.
Lesen Sie mehr: