Landwirte helfen nach Unwetter beim Aufräumen

Nach der Unwetterkatastrophe sind hunderte Landwirte bei den Aufräumarbeiten an vorderster Stelle dabei. Sie helfen eingeschlossenen Dorfbewohnern und unterstützen Berufskollegen.

Der Lagebericht ist zu Wochenbeginn weiter dramatisch: Noch immer gibt es Dörfer, die abgeschnitten sind, weil meterhöhe Geröllmassen die Wege blockieren. Es gibt viele Orte, wo bisher nur Landwirte bzw. Garten- und Landschaftsbauer sowie Bauunternehmen aufräumen. Teilweise fehlt es an lebenswichtigen Dingen wie Trinkwasser. Das schildert Christian Kluge aus Lennestadt, der Sonntagnacht nach Hause zurückgekehrt ist. Kluge ist kein Landwirt, aber Nachbar eines Milchviehbetriebs. Als am Samstag einige Landwirte aus dem Kreis Olpe mit Traktoren, Kippern und Radladern zum Helfen in die überschwemmten Gebiete fuhren, war er sofort dabei. Und beschreibt das, was die Gruppe vorgefunden hat, so: „Ich habe den Krieg nicht erlebt, aber so muss es danach ausgesehen haben.“

Ungeahnte Ausmaße

Ein Vergleich, der in diesen Tagen öfter fällt. „Man macht sich kein Bild von dem Ausmaß“, sagen auch Manjo Rohkamp aus Coesfeld und Benedikt Wichmann aus Dülmen. Über die WhatsApp-Gruppe „Merfelder Bauern und Umgebung“ hat Wichmann mehrere Freiwillige aus den Kreisen Coesfeld, Borken und Recklinghausen mobilisiert. Auch sie sind am Samstag mit schwerem Gerät in Richtung Bad Neuenahr-Ahrweiler aufgebrochen. Mit einem Landwirt vor Ort blieb er in Kontakt, um die Arbeiten zu organisieren.

Tonnenweise Sperrmüll

In der „Schützenstraße“ lud sein Trupp mit Treckern und Radladern bis in die frühen Morgenstunden haufenweise Sperrmüll auf Kipper, um Platz zu schaffen. „Sonntagmorgen gerieten die Arbeiten durch Schaulustige leider immer mehr ins Stocken“, ärgert sich Wichmann. Sonntagmittag trat die Gruppe den Heimweg an. Einige Maschinen bleiben jedoch vor Ort. Weitere Einsätze sind geplant. „Es muss unbürokratisch geholfen werden“, sind sich die Landwirte sicher.

Bad Neuenahr-Ahrweiler (Bildquelle: Wichmann)

Was sie wundert und auch ärgert: Offizielle Anweisungen oder eine koordinierte Einsatzleitung gab es auch zu Beginn dieser Woche nicht. Ute Schilling berichtet ebenfalls von teils chaotischen Zuständen und wenig Unterstützung. Sie koordiniert den Einsatz einer Gruppe aus dem Kreis Soest, die mit Baggern, Radladern sowie Schleppern in Ahrweiler unterstützt. „Die Truppe braucht Diesel, einen Reparaturwagen oder einfach nur Toiletten und eine Dusche – aber nichts tut sich“, sagt sie.

Den Helfern sei Dank

Und Schilling kann nicht nachvollziehen, dass die Bundesregierung offenbar bewusst einige Hilfskräfte von Feuerwehr und Technischen Hilfswerk zurückhalte.
Entmutigen lassen sich die Landwirte davon aber nicht. Die Dankbarkeit der Menschen, denen sie helfen, sporne an. Stellvertretend könnte eine Nachricht der Freiwilligen Feuerwehr Myhl in den Sozialen Netzwerken sein. Sie bedankt sich bei allen Helfern, Hilfsorganisationen und expliziert auch den Landwirten für die Unterstützung und schließt mit dem Appell: „Zusammen packen wir das!“ Das scheint das Motto der Stunde zu sein.

Von Landwirt zu Landwirt

Landwirte aus dem Kreis Soest planen aktuell, in den nächsten Tagen auch Futtermittel für betroffene Berufskollegen in die Region zu bringen. Denn teilweise sind auch landwirtschaftliche Betriebe stark betroffen: Ställe sind überflutet, zum Teil sind Tiere ertrunken, Bestände sind vielerorts komplett vernichtet sowie Einrichtungen von Weingütern und Winzergenossenschaften zerstört.

Hilfsangebote strukturieren

Um die Hilfe zu strukturieren, hat u.a. der Bundesverband der Maschinenringe eine Futtermittelbörse gestartet, auf der vom Hochwasser betroffene Landwirte Futter finden. Darüber hinaus gibt es private Initiativen. Zum Beispiel lassen sich über die App "App auf Land" von Landleben-Bloggerin Julia Nissen verschiedenste Hilfsangebote erstellen. Nissen hat sich dazu entschieden, die Landerlebnis-Plattform als Marktplatz für Handwerkliche Dienstleistungen in den Überschwemmungsgebieten zur Verfügung zu stellen. Auch die Bauernverbände bündeln Hilfsangebote.

Staatliche Hilfen?

Zudem ist das Thema in der Politik angekommen: Ein „schnelles und entschlossenes Handeln“ fordert Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner von der Bundesregierung. Sie setzt sich dafür ein, dass Soforthilfen des Bundes – über die das Bundeskabinett am Mittwoch dieser Woche berät – auch explizit die Landwirtschaft berücksichtigen.