Zahlen und Fakten

Gülle wird knapp und wertvoll

Geld auszahlen an die Abnehmer von Gülle oder Gärrest? Das dürfte im nächsten Frühjahr vorbei sein. Denn Mineraldünger ist knapp und teuer.

Die Preise für Mineraldünger kannten in den letzten Wochen nur eine Richtung – steil nach oben! Die Versorgungslage ist angespannt. Ob im Frühjahr genügend Mineraldünger zur Verfügung steht, ist unsicher. Es kann passieren, dass Betriebe leer ausgehen, die ihren Bedarf bislang noch nicht gesichert haben.

„Kein Problem, nehmen wir halt Gärrest oder Gülle“, denkt sich mancher Ackerbauer. In den Vorjahren waren Lieferung und Ausbringung oft zu geringen Kosten oder auch umsonst zu haben. In Regionen mit hohem Gülledruck war teilweise auch ein Bonus pro m³ drin. Das wird sich ändern.

Weniger Gülle im Frühjahr

Das Gülleangebot wird im Frühjahr zurückgehen. Teilweise stehen Ställe aufgrund von schwie­rigem Absatz und hohen Futterkosten leer. Zudem schrumpfen die deutschen Schweinebestände. Auch die Ferkelimporte verzeichnen ein Minus von rund 40  000 Ferkeln pro Woche.

Gleichzeitig sinken die Nährstoffgehalte der Gülle. Besonders die Schweinemäster haben die Pro­tein- und Phosphorgehalte im Futter stark zurückgefahren. Ein Mastschwein mit 93 kg Zuwachs scheidet bei N/P-reduzierter Fütterung über 3 kg Stickstoff aus. Das reduziert sich bei sehr stark N/P-reduzierter Fütterung auf rund 2,5 kg/Tier. Allein dadurch fallen 20 % weniger Nährstoffe an.

Als Folge nehmen die Nährstoffüberschüsse der Veredlungsbetriebe deutlich ab, während die Wertigkeit organischer Dünger steigt. Beide Effekte werden im kommenden Frühjahr die Konditionen für die Gülleabgabe deutlich verändern – soweit Gülle überhaupt in der gewünschten Menge verfügbar sein wird. Setzt sich die angespannte Situation am Düngermarkt fort, befinden sich Veredlungsbetriebe und auch Biogas­anlagen in einer weitaus besseren Verhandlungsposition, wenn sie Gülle überbetrieblich verwerten müssen.

Nährstoffwert von 15 €/m³

Das zeigen die Zahlen in Übersicht 1. Anhand der durchschnittlichen Mineraldüngerpreise für die Region Westfalen-Lippe aus Wochenblatt-Folge 44 vom 5. November haben wir die Nettopreise pro kg Reinnährstoff ermittelt. Dabei ist Stickstoff mit 1,87 €/kg N am teuersten, ein Kalkausgleich wurde bereits eingerechnet. Auch Phosphat und Kali haben mit 0,91 €/kg P2O5 bzw. 0,79 €/kg K2O ein deutlich anderes Niveau erreicht. Die Bewertung für Schwefel, Calcium und Magnesium spielt eine untergeordnete Rolle.

Der Nährstoffwert der Gülle liegt bei 15 €/m³, sodass Transport- und Ausbringkosten auf das Konto des Aufnehmers gehen. (Bildquelle: Brosthaus)

Setzt man diese Werte bei einer Standardgülle für Mastschweine mit 5 % TS an, erhält man den Nährstoffwert für einen Kubikmeter Gülle. Diese enthält nach Düngeverordnung (DÜV) pro Kubikmeter 5,5 kg N, 2,8 kg P2O5 und 3,9 kg K2O. Für Schwefel wurden 0,5 kg S/m³ angesetzt, zudem ein Kalkgehalt von 1,25 kg CaO plus MgO.

Basis bei der Bewertung des Stickstoffs bildet der Ammoniumstickstoff (NH4-N), da dieser im Frühjahr voll düngewirksam ist. Die Standardgülle enthält 4,2 kg NH4. Die Differenz zum Gesamt-N beträgt 1,3 kg N/m³. Diese haben wir zur Hälfte eingerechnet. Denn wir gehen davon aus, dass zumindest mittelfristig auch der organisch gebundene N-Anteil eine Düngewirkung hat.

Bei den derzeit hohen Mineraldüngerpreisen bekommt der NH4-Stickstoff der Standardgülle einen Wert von 7,84 €/m³. Der restliche Stickstoff, der nur mit 50 % Düngewirkung angesetzt wird, erzielt 1,21 €/m³. Der Phosphatgehalt hat einen Düngewert von 2,55 €/m³, das Kalium 3,08 €/m³. In Summe errechnet sich in Übersicht 2 ein Nährstoffwert in Höhe von 15,07 €/m³ Standardmastschweinegülle.

Höhere Ausbringkosten

Natürlich verursacht Gülle höhere Transport- und Ausbringkosten als Mineraldünger. Die Transportkosten haben hieran einen hohen Anteil. Wir haben bei einer Güllegabe von 20 m³/ha mit Logistikkosten von 5,50 €/m³ bzw. 110 €/ha kalkuliert. Für die Aufbringung der Mineraldüngung wären nur etwa 20 €/ha in Ansatz zu bringen. Zieht man 90 €/ha als Differenz der Logistikkosten vom Düngewert ab, verbleibt ein Düngekostenvorteil für die Gülle in Höhe von 211,32 €/ha, wenn 20 m³/ha Gülle ausgebracht werden. Wie Übersicht 3 zeigt, macht das umgerechnet 10,57 €/m³ aus.

Diese Kalkulation unterstellt, dass alle bewerteten Nährstoffe im aufnehmenden Betrieb auch benötigt werden. Diese Situation dürfte gegeben sein. Denn die Nährstoffmengen von 20 m³ Gülle, die pro Hektar ausgebracht werden, liegen unterhalb des Entzugs durch das Erntegut.

Bekommt der Abgeber Geld?

Wie können sich nun Aufnehmer und Abgeber über die Abgabekonditionen einigen?

Zunächst sollte der Nährstoffwert von Gülle oder Gärrest ermittelt werden. Auf dieser Basis können Abgeber und Aufnehmer über die Konditionen verhandeln. Wichtig: Bei der Bewertung sollten betriebsindividuelle Nährstoffgehalte und Logistikkosten angesetzt werden.

Damit es für den Abnehmer attraktiv ist, organische Dünger anstelle von mineralischen einzusetzen, sollte ihm ein ausreichender „Organik-Vorteil“ zugebilligt werden, beispielsweise 3 bis 4 €/m³.

Im günstigsten Fall werden Logistikkosten und „Organik-Vorteil“ durch den Nährstoffwert gedeckt. Verbleibt ein weiterer Überschuss, erhöht dieser auf der Abnehmerseite den Organik-Vorteil. Oder der Abgeber kann, im Gegensatz zu den Vorjahren, einen „Abgabe­bonus“ verlangen.

Bei langjährigen Geschäftsbeziehungen ist Fingerspitzengefühl bei den Abgabekonditionen gefragt. Denn der Düngermarkt wird sich im nächsten oder den Folgejahren wieder normalisieren. Dann könnten sich zu hohe Forderungen rächen.

In jedem Fall ist es empfehlenswert, sich frühzeitig um Lieferbeziehungen zu kümmern. Um den Düngewert Ihrer Gülle oder Gärreste zu kalkulieren, stehen die Fachberater der LWK NRW zur Verfügung.

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