Der Schock bei Veredlern saß tief: Im Sommer 2015 erließ die Finanzverwaltung NRW eine Verfügung, wonach für Futterlieferungen nicht mehr 7 %, sondern 19 % Umsatzsteuern ans Finanzamt abzuführen sind.
Worum ging es genau? Mastbetriebe verzichteten beim neuen Stall oder bei Betriebsteilungen oft auf eine eigene Fütterung, auch wenn der Stall einen eigenständigen Betrieb bildete. Schließlich schaffte die Flüssigfütterung es spielend, die zusätzlichen Schweine zu versorgen. Für den Futtereinkauf gründeten die Landwirte eine gewerbliche Futterhandelsgesellschaft, die das fertige Futter an die eigenständigen Mastbetriebe verkaufte und bis in die Tröge lieferte. Für das Flüssigfutter führten die Gesellschaften 7 % ab, für die Lieferung der Futterkomponenten berechneten die pauschalierenden Mastbetriebe 10,7 % Umsatzsteuer. Das ging bis 2015 gut, dann änderte die Finanzverwaltung ihre Meinung. Da sich pauschalierende Betriebe die höhere Umsatzsteuer für Flüssigfutter nicht vom Fiskus wieder holen können, verteuerte sich das Futter, das die Mastbetriebe von den Futterhandelsgesellschaften kauften, um satte 12 %.
Hohe Rückforderungen
Damit nicht genug: Die Finanzämter verlangten die Steuern bis zu fünf Jahre rückwirkend und damit teilweise mehrere Hunderttausend Euro von den Betrieben zurück. Allerdings konnte ein Kompromiss mit der Finanzverwaltung erzielt werden: Wer für jeden eigenständigen Betrieb eine separate Futtermischanlage baute, musste nur anteilig Steuern zurückzahlen und konnte die Lieferung des Flüssigfutters künftig weiterhin mit 7 % besteuern. Wer dies nicht tat, musste die Steuerschuld begleichen oder klagen.
Das tat auch ein Landwirt über dessen Fall das Finanzgericht Münster jetzt entschied (Az. 5 K 3446/18 U). Er hatte seinen Stall ohne Fütterung an seine Frau verpachtet. Sie pauschalierte, berechnete 10,7 % für Mais und Getreide, er verkaufte das Flüssigfutter mit 7 % Umsatzsteuer an sie. Zu Unrecht, entschieden die Richter und bestätigten die Verfügung der NRW-Finanzverwaltung vom 15. Juli 2015. Da er nicht nur Futter lieferte, sondern auch Teile des Futtermanagements übernahm, handele es sich nicht um eine Lieferung, sondern um eine Dienstleistung, die mit 19 % zu versteuern sei.
Verfahren ruhen
Allerdings ließen die Richter Revision zum Bundesfinanzhof (BFH) zu. „Bis zur Verhandlung in geschätzt ein bis zwei Jahren ruhen demnach auch alle anderen Einsprüche und Klagen von Landwirten zu dieser Sache“, weiß Steuerberater Arno Ruffer von der BSB Münster (Az. BFH XI R 9/21).