Fleischereibetriebe: Zwischen Tradition und Lifestyle

Das Metzgerhandwerk unter Druck? Die Zahl der traditionellen Betriebe schrumpft. Gleichzeitig sind moderne Fleischereien mit „Manufaktur“ oder „Meat“ im Namen angesagt. Ein Blick auf die Branche.

Ein Fleischereibetrieb in der Nähe? Das trifft nicht mehr oft zu. Vor drei Jahrzehnten war das noch anders. Damals gab es in den Zentren größerer Dörfer und in Kleinstädten mindestens einen Metzger. Inzwischen sind die traditionellen Handwerksbetriebe auf dem Rückzug.

Der Grund ist keinesfalls mangelnder Umsatz. Dieser war 2020 laut Geschäftsbericht des deutschen Fleischer-Verbandes mit im Schnitt 1,57 Mio. € je Betrieb und 13 1710 € je Mitarbeiter der höchste der vergangenen Jahre. Ein Grund dafür war die Coronapandemie. 2021 sank der Umsatz leicht.

Wie sich Umsatz und vor allem Gewinn vor dem Hintergrund stark steigender Energiekosten, sinkender Kaufkraft und dem Preisdruck von den Discountern entwickelt, ist schwer abzuschätzen. Es geht an manche Existenz.

Die verbleibenden Betriebe werden umsatzstärker und leistungfähiger, schreibt der Deutsche Fleischer-Verband. Die Betriebe lasten das vorhandene Potenzial mehr aus, indem sie ihre Läden attraktiver machen, Geschäftsfelder erweitern oder sich spezialisieren oder Filialen eröffnen.

Große Personalsorgen

Das größte Problem der Branche sind aber Personalmangel und fehlende Betriebsnachfolge. Beispielsweise gab es in NRW nur 234 Ausbildungsverhältnisse für Fleischer und 337 für Fachverkäuferinnen. Weil sich kaum Mitarbeiter finden, können die Betriebe nicht wachsen, etwa durch die Eröffnung neuer Filialen. Ganz im Gegenteil: Die Geschäftszeiten werden eingeschränkt oder es gibt sogar Schließungstage.

Dazu kommen steigende gesetzliche Anforderungen an die Bürokratie. Sie machen es kleineren Betriebe immer schwerer, diese zu erfüllen. Sie haben einen erheblichen Anteil daran, dass die kleinen Fleischereien aufgeben oder aufgeben müssen.

234 neue Betriebe im Fleischerhandwerk

Und trotzdem: Hier und da eröffnen neue Unternehmen, die Fleisch und Wurst vermarkten. Laut Fleischereiverband waren es im Jahr 2021 234 Betriebe deutschlandweit.

Sie wagen den Start, obwohl die Bedingungen im Fleischerhandwerk schwer sind. Früher konnte jemand mit einem kleinen Fleischhandel starten und sich nach und nach vergrößern. Heutzutage muss der Betrieb sofort allen Standards bei Hygiene und Arbeitssicherheit entsprechen. Das erfordert viel Startkapital – ein weiterer Grund, warum Zahl der Fleischereibetriebe immer kleiner wird.

Neue Generation - innovative Ideen

Die neue Generation Metzger ist auf innovativen Wegen unterwegs. Sie hat ein durchdachtes Marketing mit Internetverkauf und coolen Sprüchen, sie preisen offensiv den regionalen Ursprung und die geschmackliche Einzigartigkeit ihrer Ware an. Bei der Ladeneinrichtung setzen sie auf urbane Lässigkeit mit schwarzen Fliesen und modischer Arbeitskleidung, ebenfalls oft in elegantem Schwarz. Ein attraktiver Auftritt in den sozialen Medien wird genutzt, damit Kunden den Weg von der Schlachtkörperhälfte zur Wurst verfolgen können oder um die Zubereitung bestimmter Teilstücke zu erklären. Mit einem Online-Handel erschließen sie neue Kundschaft, auch in der Entfernung.

Der Metzgereibetrieb der Zukunft

Rund um die Artikelserie über die Branche der handwerklichen Fleischereibetriebe hatten wir verschiedene Gesprächspartner. Wir haben sie gefragt, wie der Metzgereibetrieb der Zukunft aussieht. Hier die Einschätzungen:

  • Es wird keine Kleinbetriebe mehr geben mit etwa zehn Mitarbeitern.
  • Die Betriebe erweitern ihre Produktion, diese bekommt einen industriellen Charakter und sie haben mehrere Filialen. Wenn die Fleischereien nicht gleich die Fleischtheken der Supermärkte betreiben, dann beschicken sie zumindest Kühltheken mit einer Auswahl ihrer Spezialitäten – vakuumverpackt. Denn die Supermärkte legen Wert auf regionale Produkte.
  • Der Anteil an Fertigprodukten steigt, beispielsweise Gulasch in der Dose oder Sous-vide-gegartes Fleisch. Rohes Fleisch können oder wollen immer weniger Leute zubereiten, deshalb sinkt die Nachfrage.
  • In Fleischereien gibt es regelmäßig Neuigkeiten, die als Snacks zum Probieren angeboten werden. Es gibt eine bestimmte Gruppe an Fleischliebhabern, die sich auskennen und entsprechende Produkte und Zuschnitte nachfragen. Sie sind bereit Geld für Fleisch zu bezahlen.
  • Für Fleischliebhaber und Hobbyköche gibt es Kurse zu unterschiedlichen Themen, etwa Grillen oder Wursten.
  • Soziale Medien gewähren mit Bildern oder Filmen einen Blick hinter die Kulissen, um Vertrauen aufzubauen. Dort lassen sich Fotos von den Höfen zeigen, von denen das Fleisch kommt. Mit Kochvideos wird die Zubereitung verschiedener Teilstücke erklärt. Mit einem Online-Shop lassen sich neue, weiter entfernte Kunden erschließen.

Hier ist eine Einschätzung der Branche durch eine Ausbilderin von FleischermeisterInnen und Auszubildenden im Fleischherhandwerk.

In folgenden Beiträgen blicken wir auf drei FleischermeisterInnen mit viel Leidenschaft.

Landmetzgerei im Sauerland

Fleischermeister mit viel Leidenschaft

von Bettina Pröbsting

Helmut Krengel geht mit seinem Fleischerbetrieb seit mehr als 40 Jahren mit der Zeit. Ständig entwickelt er neue Wurstideen, füllt Leckeres in Gläser und vermarktet sauerländer Spezialitäten.

Fleischerei Koch

Metzgerin setzt auf "Ahle Worscht"

von Alina Schmidtmann

Fleischermeisterin Katharina Koch hegt die Tradition und Kultur der „Ahle Worscht“. Gleichzeitig setzt sie auf moderne Trends.