Was ist sofort abziehbarer Erhaltungsaufwand und was zählt zum Herstellungsaufwand, der über die Nutzungsdauer einer Anlage abzuschreiben ist?
Das Finanzgericht Münster hat mit Urteil vom 22. Januar 2020 landwirtschaftlichen Eheleuten eine bittere Pille verpasst. Das Gericht hat ihre Klage gegen einen vom Finanzamt geänderten Steuerbescheid abgewiesen. Deshalb müssen sie nachträglich etwa 28.000 € für das Wirtschaftsjahr 2012/13 versteuern.
Streit um Baumaßnahme auf dem Hof
Ab 2012 hatten die Eheleute eine stark beschädigte geteerte Fläche auf ihrem Hof, 689 m2, erneuern lassen. Der Asphalt wies große Löcher und Risse auf. An mehreren Stellen trat grober Schotter hervor, bei Regen bildeten sich Pfützen. Die beauftragte Firma berechnete für ihre Bauleistung knapp 32 .000 €. Im Wirtschaftsjahr 2012/13 machten die Eheleute rund 28 .100 € Aufwendungen für die Hofbefestigung als Erhaltungsaufwand steuerlich geltend.
Doch 2015 stellte ein Betriebsprüfer fest: Die Aufwendungen für die Hofbefestigung seien kein sofort abziehbarer Erhaltungsaufwand. Es lägen aktivierungspflichtige Herstellungskosten vor, die mit einer Nutzungsdauer von 19 Jahren abzuschreiben seien. Daraufhin änderte das Finanzamt die Steuerbescheide der Eheleute für 2012 und 2013 und erhöhte ihren Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft nachträglich um insgesamt 28 .000 €.
So argumentierten die Eheleute in ihrer Klage
Die Eheleute erhoben Klage. Sie wiesen darauf hin, dass bereits vor der Erhaltungsmaßnahme eine Hofbefestigung vorhanden gewesen sei. Die Hoffläche sei 1681 m2 groß. Davon habe man lediglich 689 m2 instand gesetzt. Die reparierte Fläche habe man insgesamt um 5 bis 10 cm angehoben, um mehr Gefälle zu erreichen. Nur etwa 30 m2 habe man nässebedingt 1 m tief auskoffern müssen.
Nach einem Wolkenbruch habe man das Füllmaterial noch einmal austauschen müssen, deshalb habe man zusätzlichen Schotter benötigt. Der vollständige Unterbau sei nicht ausgekoffert worden. Nur die obere Schicht habe man 10 bis 15 cm entfernt.
Leitsätze des Urteils
Das Finanzgericht beurteilte den Sachverhalt anders und gab dem Finanzamt recht. Aus der Urteilsbegründung: Bei den Aufwendungen der Kläger für die Hofbefestigung handelt es sich um Herstellungskosten, die nur verteilt auf die Nutzungsdauer der Anlage als Betriebsausgaben absetzbar sind.
Bei einer Hofbefestigung handelt es sich um ein selbstständiges Wirtschaftsgut. Sie ist kein Gebäudeteil, sondern dient dem Zweck, das Grundstück zu erschließen.
Bei dem erneuerten Teil auf der Hoffläche handelt es sich um einen zusammenhängenden Bereich zwischen den gegenüberliegenden Wirtschaftsgebäuden, der nicht nur von untergeordneter Bedeutung für die Hofanlage ist. Nachträgliche Herstellungskosten liegen auch dann vor, wenn diese nur in Bezug auf einen Teil eines einheitlichen Wirtschaftsgutes anfallen.
Im Streitfall wurde die Substanz vermehrt
Unter dem Gesichtspunkt der Erweiterung sind (nachträgliche) Herstellungskosten – neben dem Anbau und Aufstockung von Gebäuden – auch gegeben, wenn nach Fertigstellung eine Substanzvermehrung stattfindet. Im Streitfall wurde die Substanz vermehrt, da erhebliche Mengen Baumaterial eingebaut wurden, aber kein Material entsorgt wurde. Neues Baumaterial wurde den Rechnungen zufolge im Umfang einer neuen Hofbefestigung eingebaut; es wurden 10 cm dicke Pflastersteine und 272 m3 Schotter verbaut. Daraus ergibt sich eine Einbauhöhe von insgesamt 56,59 cm.
„Bei einer Bauhöhe bis 55 cm muss man von einer neu gebauten Pflasterfläche ausgehen“, urteilten die Richter. Nach der vom Bundesministerium der Finanzen herausgegebenen AfA-Tabelle für allgemein verwendbare Anlagegüter (AfA-Tabelle „AV“) vom 15. Dezember 2000 beträgt die Nutzungsdauer für Hofbefestigungen mit Packlage 19 Jahre. Daraus ergibt sich eine jährliche Abschreibung (AfA) von 5,2 % (Az. 13 K 3039/16 E).