Jordan-Virus – Was tun bei Befallsverdacht?

Pflanzenschutz-Spezial Nr. 19 vom 14.06.2019

Von Jordan-Virus befallene Früchte (Bildquelle: Scholz-Döberlin)

Das ToBRFV (=Tomato Brown Rugose Fruit Virus), einfacher Jordan-Virus genannt, trat letzten Herbst erstmals in Europa am Niederrhein auf. Auch in den Niederlanden sind bereits mehrere Fälle bekannt.Durch die extrem leichte mechanische Übertragbarkeit, hohe Persistenz und das großes Schadpotenzial gehört das Virus zu den gefährlichsten Pflanzenviren bei Intensivkulturen, wie Tomate und Paprika, aufgrund der häufigen Kulturarbeiten und der langen Kulturdauer.

Infektionswege

Mechanische Übertragung, z.B. durch Kisten, Personenverkehr

  • Saatgut und Jungpflanzen
  • Infektionsmaterial aus Vorkultur, z.B. alte vertrocknete infizierte Blätter/Blattreste
  • Auskeimende Tomatensamen aus infizierter Vorkultur oder Unkraut (schwarzer Nachtschatten)
  • Desinfektionslücken
    - an schwer zu erreichenden Bereichen (z.B. Bewässerungsstecker, Stützen der Heizschienen, Endstücke der Bewässerung, etc.)
    - „übersehene“ Übertragungswege, z.B. Sozialräume der Mitarbeiter, Computer-Tastaturen
  • Befallene Tomaten und Paprika (auch latent!) aus dem Handel —➤ Übertragung nach Verzehr

Richtiges Verhalten bei Befallsverdacht

Entscheidend ist, schnell und konsequent zu reagieren. Bleibt der Befall auf wenige Pflanzen, Reihen oder Teilbereiche des Gewächshauses beschränkt, kann es durch richtiges Handeln gelingen, den Befall zu tilgen (und ist auch im letzten Herbst bereits in einem Betrieb gelungen!).

Erste Maßnahmen bei Verdacht:

  • Verdachtsbereich absperren, kein Betreten der betroffenen Reihen bis Probeergebnis da
  • Hummelkästen im Verdachtsbereich schließen (auf "in" = nur Einflug stellen), denn Hummeln übertragen nachweislich Jordan-Virus
  • Proben für Untersuchung auf ToBRFV nehmen:
    – Pflanzen direkt an Ort und Stelle in Plastiksack, Verdachtsmaterial niemals unverpackt durch den Betrieb tragen!

    – Hygiene beachten —➤ Einmal-Schutzkleidung, Arbeitswerkzeuge gut desinfizieren
    – Stelle markieren
  • ggf. Rücksprache mit Labor, denn dringliche Proben können vorgezogen werden (reine Analysedauer bei ToBRFV-ELISA: 48 Stunden)

Maßnahmen bei positivem Probenergebnis:

  • Pflanzenschutzdienst verständigen: ToBRFV ist meldepflichtig! (Quarantäneschadorganismus)
  • Bekämpfungsmaßnahmen werden von den zuständigen Pflanzenschutzdiensten unter Berücksichtigung der Befallssituation geprüft und angeordnet und mit dem Betrieb besprochen. Sie können die folgenden Maßnahmen umfassen. Weitergehende Maßnahmen hiervon können aus fachlicher Sicht zusätzlich ergriffen werden:
    – Beprobung der angrenzenden Pflanzen bzw. Gewächshausbereiche, um abzuklären, ob bzw. wie weit der Virusbefall schon (latent) verbreitet ist
    – Räumen, wie angeordnet
    – Substrat entsorgen (durch Dämpfen kann diese Virusgruppe nicht ausreichend sicher abgetötet werden)
    – Hummelvölker im weiteren Umkreis entsorgen und ggf. erneuern
    – Entsorgung allen virusbefallenen Materials per Müllverbrennung (Quarantäneauflage entsprechend der Risikoanalyse zur Bekämpfung des Virus, Quelle: JKI), d.h. industrielle Kompostierung ist nicht mehr zulässig
    – Desinfektion der ausgeräumten Fläche und weitere Maßnahmen gemäß ToBRFV-Hygieneprotokoll
  • eine virusbezogene Fachberatung zu allen praktischen Fragen beim Räumen, Desinfizieren und zur Prävention ist jetzt sinnvoll

Da ToBRFV äußerst schnell voranschreiten kann und je nach Sortenanfälligkeit bereits nach wenigen Wochen massive Ertragseinbußen aufgetreten sind, besteht so die einzige Chance, durch zügiges und entschiedenes Handeln das Mögliche noch zu retten!

Was Sie auf keinen Fall tun sollten

  • Erst mal "Abwarten und Teetrinken", dafür ist das Virus zu gefährlich
  • Virusbefallene Pflanzen(teile), Substrat oder auch Früchte niemals auf dem Kompost oder Feld entsorgen
  • Panisch reagieren, stattdessen: sich gut informieren, ggf. nachfragen und besonnen handeln

Bei Fragen rund um das Jordan-Virus können Sie sich gerne an den Pflanzenschutzdienst und die Gemüsebauberatung wenden.