Für viele Betreiber von Biogasanlagen ist offen, wie es in den nächsten Jahren weitergeht. Lohnt die Teilnahme am Ausschreibungsverfahren oder sind andere Wege sinnvoller? Keine leichten Fragen. Allerdings: Nur wer einen ausreichenden Gewinn erzielt, wird seine Biogasanlage auch weiterführen (können). Doch das ist nicht immer der Fall. Nach Zahlen der Betriebszweigauswertung (BZA) Biogas der Landwirtschaftskammer NRW lag der Durchschnittsgewinn der Teilnehmer im Jahr 2018 bei etwas über 2 Cent/kWh – mit einer Spanne von +6 bis –3,8 Cent/kWh.
„Für Betreiber sind die Auswertungen sehr hilfreich“, sagte Nils Seidel, Landwirtschaftskammer NRW, im Rahmen der 22. Biogastagung von Landwirtschaftskammer und EnergieAgentur.NRW. Sie identifizieren Stärken und Schwächen, zeigen Handlungsmöglichkeiten auf und sind eine Grundlage für ein Angebot im Ausschreibungsverfahren.
Zwar sind die Gebotshöchstwerte im neuen Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) 2021 mit 16,4 Cent/kWh für Neu- und 18,4 Cent/kWh für Bestandsanlagen höher als bisher. Doch ein Selbstläufer wird Biogas dadurch nicht. Der neue Gebotshöchstwert garantiert keine wirtschaftliche Biogasproduktion – die BZA weist für 2018 durchschnittliche Produktionskosten von 21,58 Cent/kWh aus.
Umstrittene EEG-Novelle
Den Weiterbetrieb bzw. Neueinstieg erschweren zudem die Regelungen zum Flexibilitätszuschlag (siehe Kasten), die endogene Mengensteuerung (Kürzung des Ausschreibungsvolumens bei Unterzeichnung) und die Südquote (sie bevorzugt Projekte im Süden Deutschlands). Dennoch gibt es Möglichkeiten:
Eine Optimierung der Substrate kann helfen, die rechtlichen Anforderungen durch EEG, Düngeverordnung oder RED II zu erfüllen. Gegebenenfalls lassen sich die Produktionskosten senken, Lagerprobleme lösen oder neue Vermarktungswege, zum Beispiel für Biomethan als Kraftstoff, finden. Infrage kommt der vermehrte Einsatz von Mist oder Gülle, der Einsatz von Pflanzen wie Silphie, Riesenweizengras oder Kolbenhirse oder die Verwendung von Getreide- und Maisstroh oder Spreu. „Welche Substratkombination die beste ist, lässt sich nur individuell entscheiden“, sagte Roland Schulze-Lefert, Landwirtschaftskammer NRW. Einflussfaktoren sind zum Beispiel die vorhandene Technik, der nutzbare Lagerraum oder die Höhe der notwendigen Investitionen im Vergleich zur Restlaufzeit. Durch neue Dünge- und Pflanzenschutzauflagen und Förderungen würden sich zukünf-tig neue Substratquellen ergeben. Und: „Reine Anbaubiomasse wird zukünftig weiter begrenzt“, sagte der Berater.
Verstoß gegen Vertrauensschutz
Auf große Kritik stoßen Teile der im EEG 2021 neu gefassten Regeln zum Flexibilitätszuschlag. Betreiber, die ihre Anlage in der Vergangenheit flexibilisiert haben, erhalten, sobald sie in die Ausschreibung wechseln, weder die Flexibilitätsprämie (40 €/kW) zu Ende noch den neuen Flexibilitätszuschlag (65 €/kW). „Für Betreiber, die bereits an der Ausschreibung 2017–2020 teilgenommen haben, verstößt der nachträgliche Entzug des Flex-Zuschlags gegen den verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauensschutz“, sagte Rechtsanwalt Philipp Wernsmann im Rahmen der NRW-Biogastagung.
Laut Gesetzesbegründung soll die neue Regelung Mitnahmeeffekte und Doppelförderungen vermeiden. In der Praxis drohen aber zwei Probleme: Kein Betreiber wird seine Anlage mehr vor dem Wechsel ins EEG 2021 flexibilisieren. Betreibern, die dies bereits getan haben und schon einen Zuschlag im Ausschreibungsverfahren haben, fehlen Einnahmen in sechsstelliger Höhe, mit denen sie bei der Kalkulation der Investition in flexible Leistung gesetzlich garantiert rechnen konnten. Rechtsanwalt Wernsmann schätzt die Erfolgsaussichten einer Verfassungsklage gegen die neue Regelung als vielversprechend ein.
Biomethan als Kraftstoff
Die Aufbereitung von Biogas zu Biomethan ist aufwendig, teuer und gerade für kleinere Biogasanlagen meist keine realistische Option. Abhilfe kann der Zusammenschluss mehrerer Anlagen bieten. Über eine Rohgasleitung verbunden versorgen diese gemeinsam eine Aufbe-reitungsanlage. So, erklärte Anica Mertins von der Hochschule Osnabrück, lassen sich die Kosten deutlich senken. In Bitburg gibt es bereits ein Pilotprojekt: Zurzeit sieben Biogasanlagen beliefern gemeinsam eine Aufbereitungsanlage.
In Neuss produziert Daniel Königs, Königs und Nellen Pflanzenenergie, Biogas aus Pferdemist. Das aufbereitete Biomethan möchte er künftig als Kraftstoff vermarkten. Zusätzliche Einnahmen erhofft er sich über den THG (Treibhausgas)-Quotenhandel. Die Inverkehrbringer von Kraftstoffen sind verpflichtet, die THG-Emissionen ihrer Kraftstoffe zu senken. Mit Biomethan aus Mist oder Gülle ist das zukünftig gut möglich.
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