Alternative Substrate für Biogasanlagen

Wenn Silomais zu teuer wird…

Silomais ist ein hervorragendes Biogassubstrat. Doch was können Betreiber tun, wenn die Kosten für Silomais so weit steigen, dass sein Einsatz nicht mehr wirtschaftlich ist?

Kurz gefasst

  • Betreiber von Biogas­anlagen erhalten für ihren Strom in der Regel eine feste EEG-Einspeisevergütung.
  • Steigende Silomaispreise können Betreiber deshalb kaum durch steigende ­Einnahmen ausgleichen.
  • Die Nutzung alternativer Substrate wie Wirtschafts­dünger, Zweit- oder Zwischenfrüchte, Erntereste oder Gras wird interessanter.
  • Betreiber sollten individuell für ihre Anlage berechnen, welchen Wert die verschiedenen Substrate für sie haben.Die Preise für Getreide und Körnermais haben historische Höchststände erreicht und damit auch die Diskussion um die Preise für Silomais neu entfacht. Für Betreiber von Biogasanlagen, die aufgrund der ­festen EEG-Einspeisevergütung steigenden Silomaiskosten wenig entgegensetzen können, wird deshalb folgende Frage wichtiger: Gibt es Alternativen zu Silomais?
  • Die Antwort lautet natürlich: Ja. Infrage kommen Wirtschaftsdünger, Grünland- und Ackergrasaufwüchse sowie Zweit- und Zwischenfrüchte. Was aber dürfen diese kosten?

Das dürfen alternative Substrate im Vergleich zu Maissilage kosten:

Wie groß ist die Lücke?

Am Anfang der Suche nach einem geeigneten, preiswerten Substrat steht die Frage nach dem eigenen Bedarf und den Möglichkeiten: Welche Reserven liegen aus der guten Silomaisernte 2021 noch auf der Siloplatte?

Wie viel Mais fällt im Herbst voraussichtlich bei der Ernte auf eigenen Flächen und auf Flächen von (Stamm-)Lieferanten an? Da die Körnermaispreise hoch sind, geht es hier um Flächen, die sich aufgrund der Befahrbarkeit, der Sortenwahl oder ihrer Stellung in der Fruchtfolge nicht für die CCM- oder Körnermaisernte eignen.

Welche Menge an alternativen Substraten lässt sich kurzfristig mobilisieren? Diese können in den verbleibenden Monaten bis zur Silomaisernte bereits Silomais ersetzen, der dann für das kommende Jahr zur Verfügung steht.

In der Summe ergibt sich so eine Fehlmenge, die es durch alternative Substrate zu ersetzen gilt.

Da Silomais eines der effizientesten und praktikabelsten Substrate für die Biogasproduktion ist, ist er im Regelfall auch nur durch eine Mischung von anderen Substraten zu ersetzen. Bei der Auswahl der Ersatzsubstrate muss man sowohl den Gasertrag pro Tonne Frischmasse (FM) im Blick behalten, als auch die technologischen Begleitparameter wie Trockenmasse (TM)-Gehalt, TM-Gehalt nach der Vergärung und die Nährstoffge­halte. Einen Überblick über die TM-Gehalte und Gaserträge sowie die daraus resultierenden Austauschverhältnisse zu (guter) Maissilage finden Sie in der Übersicht.

Der Vergleichspreis

Ausgehend vom Austauschverhältnis, bei dem die verschiedenen Substrate auf Basis des energiekorrigierten Methan- und Biogasertrages ins Verhältnis gesetzt wurden, wurde zudem ein Vergleichspreis ermittelt. Vorsicht: Dieser bezieht sich auf eine fiktive Beispielanlage und dient in erster Linie dazu, die Rechenwege zu erläutern. In der Praxis können die Preise abweichen. Jeder Betreiber sollte für seine Anlage individuell rechnen.

Im Beispiel bildet ein Preis für Silomais von 40 €/t netto, frei Biogasanlage den Ausgangspunkt. Dieser entspricht dem langjährigen Mittel bei durchschnittlichen Erntekosten und Erträgen. Zusätzlich wurden Kosten für die Gärrest­lagerung (3,50 €/m³), Transportkosten des Gärrestes bis Feldrand (5,50 €/m³) und Kosten für das Substrathandling (Diesel, Strom und Arbeit) mit 0,50 €/t angenommen. Nach Abzug dieser Kosten ergibt sich dann der Austauschpreis (netto) frei Biogasanlage.

Beispiel Rindermist

Ein Beispiel für den Rechenweg: Für den gleichen Energieertrag wird 1 t FM Maissilage durch 2,41 t FM frischen Rindermist ersetzt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Biogas aus Rindermist und aus Maissilage unterschiedliche Methangehalte hat.

Im zweiten Schritt wird nun der angesetzte Vergleichspreis für Maissilage (40 €/t FM) durch die energiegleiche Menge (2,41 t) Rindermist geteilt, woraus sich der über die Rechenschritte gerundete Vergleichspreis von 16,63 €/t Rindermist ergibt. Wird Mais durch Rindermist ersetzt, steigt der Frischmasseinput um rund 1,41 t (2,41 t Mist abzüglich 1 t Mais). Aufgrund der unterschiedlichen Gaserträge steigt das Gärrestvolumen etwas stärker um rund 1,42 m³ (Gärrestvolumen Rindermist abzüglich Gärrestvolumen Maissilage). Dadurch entstehen für die Gärrestlagerung bei einem Kostenansatz von 3,50 €/m3 Mehr­aufwendungen von 4,98 €/m3, was umgerechnet 2,07 € je t Frischmist entspricht. Mit dem Ansatz von 5,50 €/m³ Gärrest für den (Rück-)Transport ergeben sich weitere Kosten je Tonne Frischmist von 3,25 €.

Im letzten Schritt werden noch die Zusatzkosten für das Substrathandling auf der Inputseite entsprechend mit 0,29 €/t errechnet. Nach Abzug aller Mehraufwendungen ergibt sich für den Rindermist (frisch) dann ein Austauschpreis frei Biogasanlage von „nur“ 11,02 € je t FM. Der Unterschied zum energetischen Vergleichspreis (16,63 €/t FM) ist nicht unerheblich.

Sollen die Preise frei Anbaufläche bzw. frei Güllegrube/Mistplatte gelten, müssen vom Austauschpreis natürlich noch die Ernte- und Transport- sowie eventuell die Ladekosten abgezogen werden. Da diese aber je nach Substrat und Transportentfernung sehr unterschiedlich ausfallen, sind sie in der Beispielrechnung nicht dargestellt.

Auch die insbesondere bei den Wirtschaftsdüngern stark vom Silomais abweichenden Nährstoffgehalte und Nährstoffverhältnisse fehlen im Beispiel bei der Berechnung des Mehraufwands. Aufgrund der aktuell massiven Veränderung der Tierhaltungsdichte und der stark gestiegenen Mineraldüngerpreise ist diese Kostenposition nur schwer abschätzbar.

Alternative: Wirtschaftsdünger

Bei den Wirtschaftsdüngern als Alternative zu Silomais stehen die energiereichen Festmiste ganz oben auf der Wertigkeitsskala. Aber auch separierte Güllen sind interessant. Flüssige Gülle ist nur wenig transportwürdig, hat aber als Zusatzstoff zum Ausgleich hoher Trockensubstanzgehalte einen Wert. Aufpassen müssen Anlagenbetreiber, die den sogenannten Güllebonus beanspruchen, beim Einsatz von Pferdemist. Dieser wird im Regelfall im Umweltgutachten als NawaRo und nicht als Gülle/Mist angerechnet.

Unter den bisher häufig geringen Einsatzmengen und Kosten für Wirtschaftsdünger spielten die Effizienz und Qualität bzw. der Qualitätserhalt häufig eine untergeordnete Rolle. Wie die Übersicht aber an den Beispielen von frischem und gelagerten Rindermist zeigt, kann eine schlechtere Substratqualität zu einem wesentlich höheren Substrateinsatz (hier 36 %) und einem erheblich geringeren Austauschpreis pro Tonne Frischmasse (hier 51 %) führen.

Für hohe Gasausbeuten und Substrateffizienz sollten Güllen sowie Rinder- und feuchter Schweinemist möglichst frisch auf direktem Weg ohne lange Zwischenlagerung in die Biogasanlage gelangen. Pauschal kann für die Festmiste und separierten Festphasen von der „Helligkeit“ des Brauntones auf die Substratqualität zurückgeschlossen werden. Je geringer der schwarze Anteil an der Farbe des Substrates ist, desto höher ist der zu erwartende Gasertrag.

Geflügelmiste und strohreiche Schweine- und Pferdemiste lassen sich ohne Qualitätsverluste für längere Zeit einlagern. Dazu sollte das Material durch Festfahren mit (leichteren) Schleppern oder Andrücken mit der Teleskop- oder Radladerschaufel so gut wie möglich verdichtet und mit einer Silofolie luftdicht abgedeckt werden. Durch den Silierprozess und die ammoniakreiche Atmosphäre wird das Stroh in der Regel brüchiger, lässt sich einfacher verarbeiten und bringt in einigen Fällen auch eine höhere Gasausbeute.

Alternative: Zweit- und Zwischenfrüchte

Als Zweit- und Zwischenfrüchte nach Wintergerste kommen Mischungen aus Klee und Einjährigem bzw. Welschem Weidelgras in Frage. Unter Berücksichtigung des möglichen Ertragspotenzials stehen aber Sommergetreide-GPS (Gerste, Hafer, Triticale) in Reinkultur oder in Mischung mit Leguminosen wie Futtererbsen oder Klee im Fokus. Voraussetzung ist immer eine ausreichende Wasserversorgung.

Bei Aussaaten Anfang Juli können mit speziellen Hafer- und Triticalesorten Erträge von bis zu 10 t TM/ha erreicht werden.

Die Produktionskosten liegen mit 200 € bis 600 €/ha Direktkosten (Saatgut, Dünger, Pflanzenschutz) und Arbeitserledigungskosten von 700 bis 950 €/ha hoch. Die Direktkosten hängen vor allem von der Art der Düngung ab. Bei organischer Düngung wird mit 25 m³/ha der Bedarf der Kultur weitgehend gedeckt. Es findet keine mineralische Ergänzung statt. Jedoch benötigt man Gärrest oder Gülle, der bzw. die oft an anderer Stelle der Fruchtfolge im Rahmen der 170 kg Norg-Grenze verplant war. Dort müsste mineralisch ergänzt werden. Konsequent wäre daher eine rein mineralische Düngung der Zweitfrucht anzusetzen. Diese führt jedoch bei den derzeitigen Preisen zu Kosten von etwa 350 €/ha allein für die N-Düngung in Höhe von etwa 90 kg/ha. Der Entzug anderer Nährstoffe wird nicht bewertet. Den ersten Ansatz kann man auf Flächen von Betrieben wählen, die aus der Tierhaltung ausgestiegen sind oder bisher die Obergrenze der organischen Düngung nicht ausschöpfen.

Zweiter Kostenpunkt sind die Arbeitserledigungskosten, die von der Intensität der Bodenbearbeitung (Direkt-, Mulch- oder Pflugsaat), Düngung und der Transportentfernung während der Ernte abhängen.

Gegenzurechnen ist für die Betriebe, dass im Regelfall keine weitere Zwischenfrucht angebaut werden muss. Wo dies aus dünge- oder förderrechtlichen Gründen notwendig ist, sollten bei der Aussaat Grassamen oder Kleearten als Untersaat hinzugefügt werden. Das muss bei Pflanzenschutz jeweils berücksichtigt werden.

Alternative: Grünland und Ackergras

Möglich ist eine gezielte Zusammenarbeit von Tierhaltern und Biogasanlagen-Betreibern im Bereich Grünland und Ackergras: Die hochverdaulichen Spitzenqualitäten gehen dann in die Tierhaltung und die Grassilage von Randflächen, aus extensiven Bewirtschaftungsformen und die späten (Pflege-)Schnitte finden ihren Weg in die Biogasanlagen.

Kostentreiber ist die notwendige mineralische Düngung. Abhängig von der Transportentfernung liegen die Kosten für Ernte und Silierung etwa bei 150 bis 200 €/ha. Um Substrat zu attraktiven Konditionen zu erzeugen, ist eine Trockenmasseertrag von 1,5 t/ha, besser 2 t/ha erforderlich.

Alternative: Körner- und CCM-Maisstroh

Wie viele Anlagenbetreiber in den Trockenjahren ab 2018 lernen mussten, bildet kolbenloser Silomais zwar merklich weniger Gas als guter Silomais, aber dennoch lassen sich die Anlagen damit recht gut versorgen. Einige Pioniere haben sich bereits der Ernte von CCM-Stroh verschrieben. Sie Schwaden die Restpflanzen beim Mulchen der Stoppeln mit modifizierten Schlegelmulchern, bergen das Material mit Kurzschnittladewagen und silieren dieses. Vor allem bei frühen und mittleren Druschterminen und in Sorten mit hoher Reifeverzögerung des Strohs (Stay-Green-Typen) lässt sich hochwertiges Substrat gewinnen (Gasertrag in der TM etwa 15 % unter Maissilage).

Abhängig von Transportentfernung und Ertragsniveau (4 bis 8 t TM/ha) liegen die Kosten bei etwa 250 bis 400 €/ha. Gegenzurechnen ist die Ersparnis für das Mulchen der Stoppeln (etwa 70 €/ha).

Der Erntetermin des Maisstrohs sollte dicht am Druschtermin liegen, damit Aschegehalt und Ernteverlust niedrig bleiben. Da Abgabebetriebe meist an unterschiedlichen Tagen dreschen, sind oft mehrere Erntetermine mit einem jeweiligen Auf- und Zudecken des Fahrsilos nötig. Sehr nasse, schlecht befahrbare oder unebene Flächen kommen für die Ernte nicht in Betracht.

Viele abgebende Betriebe befürchten einen hohen Humusverlust. Der ist nicht vollständig von der Hand zu weisen, aber: ein Teil des Strohs verbleibt durch Ernteverluste auf der Fläche. Es wird weniger abgefahren als bei Silomais. Auf der anderen Seite entlastet die Nährstoffabfuhr vor allem beim Phosphat-Saldo schweinehaltendende Betriebe.

Die Abfuhr der Hälfte bis 2/3 des Strohs ermöglicht einer Untersaat eine gute Herbstentwicklung. Das erscheint vor dem geforderten Fruchtwechsel der neuen GAP, die durch eine Untersaat ersetzt werden kann, eine gute Möglichkeit für den Anbau von Mais nach Mais. Ohne Abfuhr des Strohs erstickt die Untersaat häufig unter dem Stroh.

Soll Wintergetreide folgen, führt die Reduktion der Strohmenge zu einer merklichen Vereinfachung der Bodenbearbeitung. Die Mulchsaat wird vereinfacht, bei der Pflugsaat wird die Bildung von Strohmatten reduziert. Der Boden wird nicht mit der sehr hohen organischen Masse in einer Gabe überfordert, sondern kann im Folgejahr über die Rückfuhr von Gärrest dosierte Gaben mit schnell und sicher verfügbaren Nähstoffen erhalten.