Zukünftig greift in NRW der 1000-m-Mindestabstand zwischen Windenergieanlagen (WEA) und Wohnbebauung bei Repoweringmaßnahmen und in sogenannten Windenergiegebieten (in Flächennutzung- und Regionalplänen ausgewiesene Gebiete) nicht mehr. Diese Neuerungen hat der NRW-Landtag in der vergangenen Woche durch eine Änderung des „Gesetzes zur Ausführung des Baugesetzbuches“ beschlossen.
Die umstrittene Regel der ehemaligen schwarz-gelben Landesregierung bleibt damit für alle anderen WEA-Bauvorhaben bestehen. Die Ziele der jetzigen NRW-Landesregierung sind dennoch ambitioniert: Bis zum Ende der Legislaturperiode sollen 1000 neue Anlagen entstehen und bereits bis zum Jahr 2025 sollen 1,8 % der NRW-Landesfläche für die Windenergie ausgewiesen werden. Stichtag hierfür ist laut Windenergieflächenbedarfsgesetz (WindBG) des Bundes erst das Jahr 2032.
Potenzialflächen vorhanden
Ausreichend Flächenpotenzial ist in NRW vorhanden. Das zeigt der Zwischenbericht „Flächenanalyse Windenergie NRW“, den das Landesamt für Natur-, Umwelt- und Verbraucherschutz (LANUV) ebenfalls in der vergangenen Woche vorgestellt hat.
Das NRW-Wirtschaftsministerium hatte die Analyse als fachliche Grundlage für die geplante Änderung des Landesentwicklungsplanes (LEP) und für die verbindliche Festlegung von Teilflächenzielen für die regionalen Planungsräume in Auftrag gegeben. Bemerkenswert hierbei: Die LANUV-Analyse geht nicht von dem nach wie vor für viele Projekte geltenden 1000-m-Abstand, sondern von einem Abstand zwischen Wohnbebauung und WEA von 700 m (Innenbereich) bzw. 500 m (Außenbereich) aus. Die wichtigsten Ergebnisse der LANUV-Analyse:
- Das Flächenpotenzial für die Windenergienutzung liegt bei rund 106 800 ha bzw. 3,1 % der Landesfläche. Werden die Bereiche zum Schutz der Natur (BSN) einbezogen, erhöht sich das Potenzial auf rund 3,7 % der Landesfläche.
- 27,4 % des Flächenpotenzials liegen im Regierungsbezirk Arnsberg, gefolgt von den Regierungsbezirken Köln (25,8 %), Detmold (21,7 %) und Münster (17,4 %). Der Regierungsbezirk Arnsberg müsste rund 4,7 % seiner Gesamtfläche zur Verfügung stellen, Köln 3,7 %, Detmold 3,5 % und Münster gut 3,1 %.
- Aufgrund der hohen Siedlungsdichte kann die Planungsregion Düsseldorf nur gut 1,5 % ihrer Gesamtfläche und 5,2 % des NRW-weiten Flächenpotenzials bereitstellen, der Regionalverband Ruhr (RVR) 0,6 bzw. 2,5 %.
- Die größten Flächenpotenziale liegen im Hochsauerlandkreis und im Kreis Höxter (je über 10 000 ha) und in den Kreisen Borken, Düren, Euskirchen, Paderborn, Soest und Steinfurt (je 5000 bis 10 000 ha).
Genug oder nicht genug?
Grundlage der LANUV-Analyse bildet ein umfangreicher Kriterienkatalog, der die zur Verfügung stehenden Flächen definiert. Neben Siedlungsflächen sind Bereiche, die keinen wirtschaftlichen WEA-Betrieb erwarten lassen, ausgenommen. In Anspruch genommen werden können dagegen Gewerbe- und Industriegebiete. Keine Planungsregion muss mehr als 75 % ihrer Potenzialfläche für die Windenergie zur Verfügung stellen. Insgesamt soll nicht mehr als 2,2 % der Gesamtfläche einer Region vorgehalten werden müssen.
Die Landesregierung feiert die Ergebnisse der LANUV-Analyse als Erfolg. „Die jetzt vorgelegten Berechnungen liefern eine konsistente und realistische Grundlage für den Ausbau der Windenergie. Damit wird deutlich: Die Koalition hält Wort und macht weiter entschlossen Tempo auf dem Weg zu einer nachhaltigen und sicheren Energieversorgung“, sagte Wirtschaftsministerin Mona Neubaur.
Dem Landesverband Erneuerbare Energien (LEE) NRW reicht das nicht. Er fordert, dass der 1000-m-Abstand schnell für alle Windenergieprojekte gestrichen wird. „Es gibt keine Begründung dafür, dieses Flächenpotenzial bis 2025 nur dem Repowering zur Verfügung zu stellen“, sagte LEE-Geschäftsführer Christian Mildenberger.
Regierungskompromiss
Die schwarz-gelbe Landesregierung hatte die 1000-m-Regel im Sommer 2021 mit dem Argument „mehr Akzeptanz für die Windenergie“ eingeführt. Die SPD forderte damals und fordert heute eine sofortige Abschaffung der 1000-m-Regel. Auch die Grünen wollten dies noch vor einem Jahr. Nun stimmten sie mit der CDU für die stufenweise Abschaffung.
Stand heute wird die 1000-m-Regel für Neubauprojekte frühestens mit den neuen Regionalplänen fallen. Das Aufstellen der neuen Regionalpläne erfolgt, wenn das NRW-Wirtschaftsministerium den neuen LEP verabschiedet hat. Vorgesehen ist das für Mai 2024. Nach Vorgaben des Bundes haben die Regionalplanungsbehörden für die Aufstellung der Regionalpläne bis zum Jahr 2027 Zeit.
Weitere Informationen finden Sie hier: www.lanuv.nrw.de
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