Lange Jahre lagen viele Ideen für das Heizen mit erneuerbarer Energie in den Schubladen. Fossile Energieträger wie Erdgas und Heizöl waren einfach zu günstig. Doch das hat sich in den vergangenen Monaten schlagartig geändert. Die Preise für Heizöl und Flüssiggas liegen heute weit über dem Niveau der vergangenen Jahre. Die weitere Preisentwicklung ist nicht abzuschätzen. Aus Gründen des Klimaschutzes ist der Einbau neuer Ölheizungen ab dem 1. Januar 2026 verboten. Hinzu kommen Diskussionen um Versorgungssicherheit und Abhängigkeiten.
Aber wie lässt sich die Wärmeversorgung eines landwirtschaftlichen Betriebes mit insgesamt hohem Heizbedarf für Betriebsleiterhaus, Altenteiler und Ställe auf günstige, sichere und klimafreundliche Beine stellen?
Dieser Frage ging in der vergangenen Woche die Landwirtschaftskammer NRW im Rahmen ihrer Wärmetagung 2022 nach. Am Beispiel eines Betriebes mit 280 Sauen, 1500 Ferkelaufzucht- und 1200 Mastplätzen, Betriebsleiterhaus, Altenteiler und Maschinenhalle, der bisher überwiegend mit Flüssiggas und Heizöl heizt, spielten die Referenten verschiedene Möglichkeiten durch. Die benötigte Gesamtnennleistung liegt im Beispiel bei rund 224 kW und der Jahresenergieverbrauch bei 365 800 kWh.
I. Fossil oder erneuerbar: Die Kraft-Wärme-Kopplung
Die Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) also die gleichzeitige Erzeugung von Strom und Wärme in Blockheizkraftwerken (BHKW) kann aufgrund der hohen Börsenstrompreise zurzeit hoch wirtschaftlich sein. Denn gefördert über das KWK-Gesetz (KWKG) erhalten Betreiber für eingespeisten und eigenverbrauchten Strom einen Zuschlag der je nach Größe der Anlage und Nutzungspfad zwischen 3 Cent/kWh bei Eigennutzung und einer Anlagengröße zwischen 50 bis 100 kW und 16 Cent/kWh bei Einspeisung und einer Anlagengröße bis 50 kW liegt. Dieser Zuschlag wird jedoch nur für eine bestimmte Anzahl von Volllastbetriebsstunden pro Jahr gezahlt. Hintergedanke dabei ist, die Produktion in die kalte Jahreszeit, wenn Wärmebedarf besteht und zudem wenig Photovoltaik-Strom anfällt, zu verschieben.
BHKW lassen sich zum Beispiel mit Erdgas oder Biomethan betreiben. Für landwirtschaftliche Betriebe, sagte Wolfram Schöberl vom C.A.R.M.E.N. e. V, kann aber auch Holzgas eine sinnvolle Alternative sein. Die Holzvergasung ist ein thermochemischer Prozess, bei dem Holzhackschnitzel unter Zugabe von nur wenig Sauerstoff zum Glühen gebracht werden. Aus dem Holzgas entstehen dann Wasserstoff (H2) und Kohlenmonoxid (CO). Ein Blockheizkraftwerk wandelt die Energie im Gas in Strom und Wärme um. „Auch wenn man sich technisch ein wenig einfuchsen muss, die Anlagen funktionieren heute gut“, sagte Schöberl.
Holzvergasungsanlagen sind wesentlich teurer als Erdgas- bzw. Biomethan-BHKW. Während Erdgas-BHKW, da sie auch in Teillast laufen können, wärme- und stromgeführt betrieben werden können, ist ein Teillastbetrieb von Holzvergasungsanlagen und damit ein stromgeführter Betrieb nicht möglich. Bei langfristiger Betrachtung scheinen Holzvergasungsanlagen dennoch wirtschaftlicher zu sein als die einfachen BHKW. Allerdings sind Aussagen zur Wirtschaftlichkeit aufgrund der Unsicherheit über zukünftige Energiepreise nur sehr schwer zu treffen.
II. Wärme aus der Umgebung: Die Wärmepumpe
Wärmepumpen gibt es in allen möglichen Variationen und Leistungsbereichen. Als Wärmequelle können sie die Umgebungsluft, den Boden, das Grundwasser, aber auch die Wärme in Ställen, die Abluft aus Ställen oder die Wärme in Güllegruben nutzen. Auch wenn es heute Wärmepumpen gibt, die Vorlauftemperaturen von 50 bis 60 °C oder mehr erzeugen können, laufen die Anlagen am effektivsten, wenn Quell- und Vorlauftemperatur möglichst dicht beieinander liegen. Dann ist es möglich, mithilfe von 1 kWh Strom etwa 4 kWh Wärme zu erzeugen sagte Larissa Auzinger, C.A.R.M.E.N.
Besonders effizient laufen Wärmepumpen, wenn sie Kühlung und Wärmebedarf kombinieren können, wenn also zum Beispiel eine Anlage gleichzeitig Milch kühlt und das Wohnhaus heizt.
Bisher werden Wärmepumpen in der Landwirtschaft wenig eingesetzt. Als Heizungssystem für den Beispielbetrieb käme sie insbesondere im Sauenstall und im gut gedämmtem Altenteiler infrage. Ein Haken, so Auzinger, sind jedoch die hohen Investitionskosten.
III. Wärme aus Mist und Gülle: Die Kleinbiogasanlage
Als Faustzahl gilt, dass Rinderbetriebe ab 450 GV aus dem eigenen Betrieb genügend Rohstoffe zusammenbekommen, um eine Kleinbiogasanlage mit einer Bemessungsleistung von 99 kW betreiben zu können. Der Beispielbetrieb mit Sauen, Ferkelaufzucht und Schweinemast könnte mit der eigenen Gülle gerade einmal eine 14-kW-Anlage betreiben. Dennoch ist auch für ihn der Betrieb einer Kleinbiogasanlage mit Wärmenutzung denkbar, sagte Roland Schulze Lefert, Landwirtschaftskammer NRW. Und zwar dann, wenn der Betrieb Gülle und/oder Mist aus anderen Betrieben aufnimmt.
Wie viel Wärme nach Abzug der Prozesswärme tatsächlich genutzt werden kann, ist von Anlage zu Anlage verschieden und liegt irgendwo zwischen 75 000 und 500 000 kWh pro Jahr. Dabei fällt im Sommer immer mehr Wärme an als im Winter. Damit ließe sich ein Teil der im Beispielbetrieb benötigten Wärme mithilfe einer kleinen Gülleanlage gewinnen. Eine Zusatzheizung ist aber notwendig.
Feststeht, dass die Vergärung von Mist und Gülle die Methanemissionen senkt. Ob eine Anlage wirtschaftlich ist, hängt von den Bedingungen vor Ort und der Auslegung der Anlage ab.
IV. Holz, Miscanthus und Stroh: Die Biomasseheizung
Fossile Brennstoffe haben langfristig keine Alternative. Unabhängig von der heutigen Marktlage wird der CO2-Preis die fossilen Brennstoffe verteuern. Bei Heizöl zum Beispiel um 15,8 Cent/l bis zum Jahr 2025. Holz in Form von Hackschnitzeln, Pellets oder Scheiten, Stroh oder andere biogene Festbrennstoffe wie Miscanthus können eine Alternative sein. Und das, obwohl auch ihre Preise gestiegen sind, sagte Erich Gersbeck, Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH). Insbesondere Holzpellets verteuerten sich zwischen Dezember 2021 und Februar 2022 um 30 % auf rund 360 €/t (7,3 Cent/kWh). Zuvor bewegten sich die Preise jahrelang auf einem stabilen Niveau.
Geeignete Kessel für die verschiedenen Brennstoffe sind heute am Markt erhältlich. Allerdings sind zum Beispiel beim Einsatz landwirtschaftlicher Reststoffe wie Getreide- oder Rapsstroh oder bei Miscanthus bei Kesseln bis 100 kW die Vorschriften der 1. BImSchV zu beachten. Größere Kessel sind genehmigungsbedürftig.
Bei der Auswahl des geeigneten Brennstoffes helfen folgende Fragen weiter: Wie sieht es mit der Verfügbarkeit aus? Wie viel Lagerraum wird benötigt? Wie viel Arbeitszeit steht zur Verfügung?
Während Holzpellets ein Industriebrennstoff sind, ist bei Scheitholz, Hackschnitzeln oder Miscanthus eine Selbstversorgung gut möglich. Pro Hektar Wald fallen bei Durchforstung etwa 1500 kg Holz an. Das entspricht rund 6000 kWh oder 600 l Heizöl. „Ganz so einfach wie es klingt, ist das bei nachhaltiger Bewirtschaftung aber nicht“, sagte Gersbeck.
Miscanthus lässt sich sehr gut anbauen. Die Kultur lässt sich oft über einen Zeitraum von 20 bis 30 Jahren nutzen. Allerdings ist der Lagerraumbedarf noch höher als bei Holzhackschnitzeln oder gar Pellets und insbesondere bei hohen Getreidepreisen stehen dem Anbau hohe Opportunitätskosten entgegen. Das gilt natürlich auch für Holz aus Kurzumtriebsplantagen.
Im Gegensatz zu Holz ist das Verbrennen von Getreide und halmgutartigen Brennstoffen nicht ganz einfach. Es fällt mehr Asche an, der hohe Chlorgehalt führt zu erhöhter Korrosionsgefahr und das Abgas erfordert eine aufwendige Filterung.
Für den Beispielbetrieb kommt laut Gersbeck am ehesten eine Gesamtlösung mit einer Hackschnitzelheizung und einem kleinen Wärmenetz in Frage. Denkbar sind aber auch verschiedene Einzellösungen (etwa Scheitholz oder Pellets für das Betriebsleiterhaus und Hackschnitzel für den Sauenbereich. Scheitholz oder die Kombination aus Scheitholz und Pellets sind eher für geringere Wärmebedarfe geeignet und bei einer reinen Pelletlösung sind große Mengen des Brennstoffes erforderlich, was vermutlich recht teuer wird.
Zusammenfassung und Fazit
Den einen Königsweg gibt es weder für den Beispielbetrieb noch in der Praxis. Bei jeder Planung ist es wichtig, auf die individuellen Verhältnisse einzugehen. Zum Beispiel: Ist die Tierhaltung für die nächsten 20 Jahre gesichert? Wie viel Arbeitszeit steht für den Betriebe des Heizungssystems zur Verfügung? Erschwerend kommt hinzu, dass die zukünftige Entwicklung der Preise für Gas und Öl, aber auch für Strom, Holzpellets und Hackschnitzel im Moment nicht abschätzbar ist.
Wichtig sei es, die Energieverbräuche zu kennen und sie möglichst weit zu senken, sagte Elmar Brügger, Landwirtschaftskammer NRW. Für den Beispielbetrieb präferiert er folgende Wärmekonzepte:
Bleibt die Sauenhaltung langfristig erhalten, können voraussichtlich zwei Wege wirtschaftlich sein: Die Investition in Nahwärmenetz und Hackschnitzelheizung zur Versorgung von Betrieb und Wohnhäusern oder der Betrieb eines BHKW (50 kWel) in Verbindung mit einer Flüssiggastherme. Voraussetzung für die zweite Alternative ist, dass der Strompreis sich auf heutigem Niveau verfestigt und die Preise der fossilen Energieträger nicht zu hoch sind.
Wird die Zuchtsauenhaltung in den nächsten Jahren aufgegeben, macht die Investition in ein dezentrales Heizungssystem mit Kombination aus zum Beispiel Wärmepumpe und Flüssiggastherme wirtschaftlich mehr Sinn.
Wegweiser zur richtigen Förderung
Der Bund und das Land NRW bieten eine Vielzahl unterschiedlicher Förderprogramme an. Dazu zählen Programme des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) oder das Programm progress.nrw. Wer auf der Suche nach einem passenden Programm ist, bekommt Hilfe durch den Förder.Navi. Dieses Online-Instrument, das die EnergieAgentur.NRW entwickelt hat, hat die neue Landesgesellschaft NRW.Energy4Climate zu Jahresbeginn übernommen.
Für die Landwirtschaft gibt es mit dem Förderprogramm Energieeffizienz der BLE und der Investitionsförderung „Emissionsmindernde Maßnahmen zur Vergärung von Wirtschaftsdüngern“ zwei spezielle Programme.
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