Eine Windenergieanlage (WEA) zu planen und zu bauen, ist kein Pappenstiel. Die Investitionssummen sind heute mit rund 6 bis 7 Mio. € enorm hoch, die Technik, das Planungs- und Genehmigungsverfahren extrem komplex und langwierig. Hinzu kommt immer das Risiko, dass ein Projekt an einer der vielen Genehmigungshürden scheitert – das nachdem bereits mehrere 10 000 € für Beratung und verschiedene Gutachten angefallen sind.
Manch Eigentümer einer Potenzialfläche freut sich deshalb, wenn ein Projektierer auf ihn zukommt und sich seine Flächen für den Bau einer Windenergieanlage sichern möchte. Doch was ist der bessere Weg? Verpachten? Selbst machen?
Nicht vorschnell handeln
„Diese Fragen lassen sich nicht pauschal beantworten“, sagt Cord Amelung, BBGöttingen GmbH. Seit Jahren berät und unterstützt er Land- und Forstwirte, die den Bau einer WEA planen bzw. die ein Standortgrundstück an Projektierer verpachten möchten. Jeder, meint er, muss für sich entscheiden. Das liegt zum einen daran, dass jeder Standort und jeder Grundstückseigentümer anders ist, zum anderen aber auch daran, dass es viele unterschiedliche Betreibermodelle gibt. Drei vereinfachte Beispiele:
- Ein Projektierer sichert sich den Standort, plant und baut die Anlage und verkauft sie dann zum Beispiel an eine Fondsgesellschaft. Der Standorteigentümer erhält eine oft relativ hohe Pacht. Grundstücksnachbarn, sofern diese nicht in einem Flächenpool gebündelt sind, oder Anwohner sind oft nicht beteiligt oder eingebunden.
- Ein Projektierer baut eine oder mehrere Anlagen. Alle Grundstückseigentümer im Umfeld der Anlage erhalten eine Pacht und oft auch ein Beteiligungsangebot.
- Grundstückseigentümer und eventuell auch Anwohner planen und bauen eine oder mehrere Anlagen gemeinsam und können sich mit Risikokapital beteiligen.
Viele Möglichkeiten
Alle drei Betreibermodelle lassen sich im Detail ganz unterschiedlich ausgestalten. Hier ein paar Beispiele aus dem Bereich finanzielle Beteiligung: Eine aktive finanzielle Beteiligung ist etwa über Inhaberschuldverschreibungen, Nachrangdarlehen, Sparbriefe oder Stille Beteiligungen möglich. Eine passive finanzielle Teilhabe von Anwohnern kann zum Beispiel über Flächenpacht, vergünstigte Strompreise, die Direktvermarktung von Strom oder über eine Bürgerstiftung erfolgen.
Wie immer die Modelle letztendlich auch ausgestaltet sind. „Eins ist in allen Fällen Grundvoraussetzung für ein gutes Ergebnis: Grundstückseigentümer müssen tief wirtschaftlich einsteigen. Erst dann können sie den Weg wählen, der für sie sinnvoll ist“, sagt Amelung. Auf keinen Fall sollten Betroffene einfach auf Musterverträge zurückgreifen oder vorschnell Vorverträge unterschreiben, warnt der Berater und gibt weitere Tipps:
- Viele potenzielle Windenergiestandorte sind bereits identifiziert. Für Grundstückseigentümer ist das aber kein Selbstläufer. Denn in einem betreffenden Bereich werden die Flächen gegeneinander abgewogen. Dabei beginnt das Taktieren oft schon bei der Flächenausweisung. So bemühen sich der Staat und Gemeinden häufig erst einmal, eigene Flächen als Windzonen auszuweisen. Werden vor dem Hintergrund des neuen Wind-an-Land-Gesetzes neue Regional- oder Flächennutzungspläne aufgestellt, kann es sich lohnen, im Vorfeld auf die Standortgemeinde zuzugehen.
- Landschaftsplaner und Berater können bei der Frage helfen, was vor Ort tatsächlich geht.
- Sind erst einmal mehrere Projektierer vor Ort, so gehen diese „mit einem Schrotschuss“ über die Fläche. Grundstückseigentümer sollten nicht vorschnell Verträge mit den Firmen abschließen, sondern sich mit betroffenen Flächennachbarn zusammentun. „Ein Flickenteppich an verschiedenen Verträgen führt selten zum ökonomisch besten Ergebnis“, sagt Amelung.
- Denn, so der Berater weiter: „Nicht Gönnen können, ist hochgefährlich.“ Am meisten haben alle benachbarten Grundstückseigentümer davon, wenn sie sich zusammenraufen, eventuell bestehende Streitigkeiten zur Seite schieben und gemeinsam vorgehen. „Tut euch zusammen, wählt einen Interessenvertreter und untersucht dann mit professioneller Hilfe den Markt. Und das bevor irgendjemand irgendetwas unterschreibt“, rät Amelung.
- Es ist wichtig, so viel Wissen wie möglich über den eigenen Standort einzuholen. Es gibt keine Standardzahlen.
- Bei Verhandlungen und Vertragsabschlüssen besteht, so Amelung, in der Regel ein ungleicher Wettbewerb. „Für Projektierer ist das Thema das täglich Brot, während Landwirte sich meist zum ersten Mal mit der Materie beschäftigen“, sagt er und rät: „Sucht euch jemanden, der sich mit Verträgen und Verhandlungen ökonomisch und rechtlich auskennt.“ Das gilt für alle Fälle vom Verpachten bis zum Eigenbetrieb. „Wer zu 100 % alles selbst machen möchte, muss auch jede eingekaufte Einzelleistung beurteilen können“, sagt der Berater.
- Pachtzahlungen können in Abhängigkeit vom Standort (Windhöffigkeit, Infrastruktur, Gelände und Untergrund, eventuelle Höhenbegrenzungen usw.), aber natürlich auch vom Vertragspartner und Betreibermodell stark abweichen. Wer einen Pachtvertrag abschließen möchte, muss sich nicht nur gut auskennen, sondern auch gut verhandeln können.
Wirtschaftlichkeit vergleichen
- Manche Projektierer bieten Beteiligungsmöglichkeiten an. Auch hier sollten Interessierte die Verträge gut prüfen bzw. sich Hilfe dabei holen. Denn eine Beteiligung sagt nicht sofort auch etwas über die Verteilung der Gewinne aus.
- Zurzeit steigen Anlagenkosten und Zinsen. Das erschwert eine eigene Planung und Finanzierung im Moment extrem. „Davon sollte sich aber niemand abschrecken lassen. Es ist eine Zeitpunktaufnahme“, sagt Amelung. Schließlich sind auch die Strompreise gestiegen. Die Schwierigkeit liegt seiner Meinung nach darin, heute zu erkennen, welche Rahmenbedingungen in vier oder fünf Jahren, wenn die WEA nach Planungs-, Genehmigungs- und Bauzeit hoffentlich in Betrieb geht, herrschen.
- Vor einer Entscheidung ist es sinnvoll, die Wirtschaftlichkeit der möglichen Alternativen (Verpachtung, Beteiligung, Eigenbetrieb usw.) zu vergleichen.
Eigenbetrieb meist besser
Wie viel Geld sich mit einer Windenergieanlage verdienen lässt, geht weit auseinander und hängt von vielen Faktoren ab. In manchen Fällen kann das Verpachten des Standorts an einen Projektierer der richtige Weg sein. Doch, und darin ist sich der Berater sicher: Sofern der Standort eine hohe Realisierungschance hat, sind in der Regel Bau und Eigenbetrieb sinnvoller als die Verpachtung – auch, wenn das Risiko höher ist.stü
Weitere Informationen enthält das DLG-Merkblatt 395 „Planung von Windenergieanlagen – Worauf Land- und Forstwirte achten sollten“. Es lässt sich kostenlos im Internet herunterladen.
Lesen Sie mehr: