Drum prüfe, wer sich bindet: Bei allen lukrativen Anreizen und Angeboten von Projektierern für PV-Freiflächenanlagen gilt: Gründlich prüfen. Denn der Vertrag ist schnell unterschrieben – und Fragen bleiben.
So kommt der Acker zum Projektierer
Mit wenigen Klicks kann ein Landwirt seine Flächen für PV-Anlagen anbieten. Man gibt bei Google Suchbegriffe wie „PV, Freifläche, Angebot, schlüsselfertig“ ein und in einer halben Sekunde erscheinen 300 000 Ergebnisse. Man ruft die Seite eines Planungsbüros auf und klickt sich dort durch einen simplen Fragenkatalog. So teilt man dem Anbieter die nötigen Informationen mit. Das sind Art der Fläche (Acker- oder Grünland), Größe in Hektar, Lage und Standort. Dann noch die Kontaktdaten in die Tastatur hämmern. Fertig. In Kürze werde sich ein Projektierer melden, teilt das System mit.
Wenn der Projektierer anruft: viele Formalitäten
Ruft der Projektierer anschließend tatsächlich an, sollte der Landwirt allerdings vorbereitet sein und bloß keine Schnellschüsse abfeuern. „Es ist ein langer Weg“, berichtet uns der Mitarbeiter eines Planungsbüros, das in NRW agiert, und nicht genannt werden will.
Unzählige juristische Feinheiten sind zu klären und sehr viel Schriftverkehr folgt. Verbände wie die Untere Naturschutz- und/oder Wasserbehörde werden angehört und Stellungnahmen und Gutachten geschrieben. Es folgen Behördengänge und Gemeinderatssitzungen. Bis zum Baubeginn können schnell zwei Jahre vergehen.
PV-Anlagen sind genehmigungspflichtig
PV-Anlagen werden als bauliche Anlagen eingestuft und sind grundsätzlich genehmigungspflichtig.
„Bauplanungsrechtlich handelt es sich bei PV-Freiflächenanlagen um kein privilegiertes Außenbereichsvorhaben nach § 35 Abs. 1 Baugesetzbuch und in der Regel auch um kein zulässiges „sonstiges Vorhaben“, erläutert Thomas Hemmelgarn, Rechtsanwalt beim WLV. „Daher ist ein entsprechender Flächennutzungsplan mit daraus zu entwickelndem Bebauungsplan erforderlich.“
Zum weiteren Vorgehen steht auf der Internetseite der Energieagentur NRW: „Liegt ein Bebauungsplan für die Errichtung einer PV-Freiflächenanlage vor oder ist genehmigt, muss eine Baugenehmigung nach der nordrhein-westfälischen Landesbauordnung beantragt werden. Diese ist bei der Unteren Bauaufsichtsbehörde zu stellen. Daraufhin wird überprüft, ob die Anlagen gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften verstoßen, wie beispielsweise dem Boden- oder Artenschutzgesetz. Ist dies nicht der Fall, wird die Genehmigung erteilt.“
Bürger ins Boot holen
Neben den Behörden haben auch die Bürger in der Gemeinde ein Wörtchen mitzureden. Ihre Akzeptanz ist entscheidend. Es gibt Projekte, die am Gegenwind der Bürger gescheitert sind. Hier spielt der Mitarbeiter des Planungsbüros im Gespräch mit uns seine Karte aus: „Deswegen bieten wir schlüsselfertige Lösungen an.“
Im Klartext: Das Unternehmen organisiert Bürgerversammlungen, informiert Verbände und übernimmt alle planungsorganisatorischen Aufgaben von Nutzungs- und Bauantrag über die Finanzierung und Auswahl der PV-Technik bis zum Vertrag mit der Betreibergesellschaft. „Damit der Landwirt sich in Ruhe um seinen Betrieb kümmern kann.“
Juristisch absichern
Doch Vorsicht: Niemand sollte Entscheidungen von solcher Tragweite treffen, ohne sich selbst gut zu informieren: Vor der Unterschrift unter den Pacht- bzw. Nutzungsvertrag ist einiges zu prüfen. „Landwirte sollten sich steuerrechtlich, erbrechtlich, versicherungstechnisch sowie zu Fragen zur Verpachtung, Gesellschaftsgründung und Stromvermarktung beraten lassen“, empfiehlt Thomas Hemmelgarn. Daran sollten auch verlockende Pachtpreise nichts ändern. Überhaupt: „Die Höhe der Pacht hängt auch immer von der Rendite der Anlage ab“, räumt der Mitarbeiter des Planungsbüros ein, ohne konkrete Preise zu nennen. Am Ende heißt es eben doch: „Drum prüfe, wer sich bindet.“
Checkliste: Alles gut bedacht – Fragen und Steuertipps
Was sagt die Wirtschaftlichkeitsprüfung? Lohnt sich das?
Wer trägt die Erschließungskosten?
Wer kommt für Kosten auf, wenn der Anlagenbau ins Stocken gerät?
Fallen Nebenkosten an?
Wie wird der Rückbau geregelt?
Ist die Vergabe an einen Investor der richtige Weg oder bringen Selbstbauen oder gemeinsames Bauen (Bürgerprojekte) mehr Vorteile?
Selbst bauen: Besser mit oder lieber ohne EEG-Förderung bauen? Wie erfolgt dann die Stromvermarktung: über die Börse oder als garantierte Vergütung?
Welche Änderungen werden im Grundbuch vorgenommen?
Der Anspruch auf Direktzahlungen/Prämien entfällt, selbst wenn Schafe unter der Anlage weiden.
Steuertipp: Verpachtete Solarflächen sind erbschaftssteuerrechtlich nicht land- und forstwirtschaftliches Vermögen, sondern werden dem Grundvermögen zugeordnet. Das kann im Erbfall hohe Steuernachzahlungen nach sich ziehen.
Nachabfindungsansprüche können dazu führen, dass sich die Verpachtung am Ende doch nicht lohnt.
Unsere Checkliste hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit.