In den vergangenen Monaten haben EU, Bund und auch das Land NRW ihre Klimaschutzziele erhöht. Nun hat die NRW-Landesregierung ihre Energieversorgungsstrategie fortgeschrieben und die Zielmarke für Ökostrom in NRW erneut erhöht: Bis zum Jahr 2030 soll der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung nun bei 56 % statt bisher bei 50 % liegen. Erreicht werden soll dies vor dem Hintergrund von Atom- und Kohleausstieg und einem gleichzeitig steigenden Strombedarf durch einen stark erhöhten Zubau an Wind- und Photovoltaikleistung.
Mehr Wind im Wald
NRW-Wirtschaftsminister Dr. Andreas Pinkwart stellte die überarbeitete Energieversorgungsstrategie in der vergangenen Woche vor. Die wichtigsten Inhalte:
- Stand heute sind rund 6,2 GW Windenergieleistung in NRW installiert. Diese soll bis 2030 verdoppelt werden. Zielwerte für 2035 sind nun 15 GW und für 2045 sogar 18 GW. Laut Landesverband Erneuerbare Energien (LEE NRW) sei bei Berücksichtigung des Rückbaus alter Anlagen ein Zubau von mindestens 1000 MW/Jahr erforderlich. Zum Vergleich: In den vergangenen vier Jahren lag der Zubau bei durchschnittlich 250 MW.
- Der Bau von Windenergieanlagen (WEA) auf Kalamitätsflächen im Wald soll erleichtert werden. Dazu soll der Windenergieerlass angepasst werden.
- Zusätzlich soll der Bau von WEA auf Industrie- und Gewerbeflächen geprüft werden.
- Der Mindestabstand von 1000 m zu Wohnbebauung soll erhalten bleiben.
PV-Ausbau vorantreiben
- Noch stärker als bei der Windenergie soll der Zubau von Photovoltaikleistung vorangetrieben werden. Grund, so Pinkwart, sei die hohe Akzeptanz in der Bevölkerung. Die heute installierte Leistung von rund 6 GW soll bis 2030 mindestens verdreifacht (18 GW) und nach Möglichkeit vervierfacht (24 GW) werden.
- Um das Ziel zu erreichen, soll ein Bündel von Maßnahmen ergriffen werden. Dazu gehören: mehr PV auf Gewerbedächern, PV-Freiflächenanlagen (PV-FFA), Agri-PV, PV auf Wasserflächen, Mehrparteienhäusern und Neubauten.
- Um den Zubau von PV-FFA voranzutreiben will die Landesregierung den Landesentwicklungsplan (LEP) ändern und die Flächenkulisse für PV-FFA in benachteiligten Gebieten erweitern. „Dabei werden wir die Auswirkungen auf landwirtschaftliche Flächen sehr genau beobachten, damit es nicht zu unverhältnismäßigen Pachtpreiserhöhungen kommt“, sagte Pinkwart.
- Um den Ausbau tatsächlich erreichen zu können, setzt die Landesregierung auf den Bund. Die neue Bundesregierung müsse die Ausbauziele und Ausschreibungsmengen entsprechend erhöhen, sagte Pinkwart.
- Um trotz des Ausbaus der volatilen Erzeuger Wind und Sonne die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, setzt die Landesregierung auf den Zubau von flexiblen Wasserstoff-fähigen Gaskraftwerken.
Mehr PV auf Freiflächen
LEE NRW sowie die Oppositionsparteien SPD und die Grünen begrüßten die erhöhten Ausbauziele und die teilweise Öffnung von Wirtschaftswäldern für die Windenergie. Sie mahnten jedoch eine schnelle Umsetzung der Vorhaben an. LEE-Vorsitzender Rainer Priggen kritisierte, dass die Landesregierung bei ihrer Wasserstoffstrategie weiter drauf setze, 90 % des notwendigen grünen Wasserstoffs zu importieren.
SPD-Fraktionsvize André Stinka forderte den 1000 m-Abstand zwischen Wohnbebauung und WEA zu streichen. Grünen-Energieexpertin Wiebke Brems kritisierte, dass die neue Energieversorgungsstrategie immer noch von einem Kohleausstieg bis zum Jahr 2038 ausgehe, obwohl NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst verkündet habe, alles für einen Kohleausstieg bis 2030 tun zu wollen.
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