Unsere Fragen beantwortet Rolf Feldmann von der Landwirtschaftskammer NRW.
- Herr Feldmann, mit Sorge blicken viele Betriebsleiter zurzeit auf die extrem gestiegenen Energiekosten. Wo können die Landwirte im Stall ansetzen, um zu sparen?
In den meisten Fällen ist die Lüftungsanlage der größte Stromverbraucher im Schweinestall. Sie benötigt fast zwei Drittel des elektrischen Stroms. Deshalb macht es auf jeden Fall Sinn, diesen Bereich unter Einspargesichtspunkten unter die Lupe zu nehmen.Wie viel Energie verbraucht wird, hängt dabei nicht nur von der Technik und Bauart der Lüftungsanlage ab, sondern auch von der korrekten Einstellung der Solltemperatur, der notwendigen Mindestluftrate und dem störungsfreien Zusammenspiel mit der Heizung. In der Wintersaison oder Übergangszeit sorgt eine überhöhte Luftrate beispielsweise ganz schnell dafür, dass teuer erzeugte Wärme kaum genutzt mit dem Abluftstrom in den Himmel geblasen wird. In einem 2000er-Ferkelaufzuchtstall kommen dadurch bei einer 20 % höheren Mindestluftrate von lediglich +0,8 m³ je Tier und Stunde sowie 10 % der Jahresstunden mit erhöhtem Heizbedarf bereits rund 1000 l zusätzliches Heizöl im Laufe des Jahres zusammen!
- Das tut bei den aktuellen Bezugspreisen für Energieträger weh. Wie lässt sich gegensteuern?
Der wichtigste Ansatzpunkt ist die richtige Einstellung der Mindestluftrate. Das ist die Luftrate, die in Abhängigkeit von Tiergewicht und angestrebter Komforttemperatur notwendig ist, um eine optimale Stallluftqualität zu erreichen. Schließlich ist kontinuierlich einströmende Frischluft wichtig für die Tiergesundheit und damit auch für die Leistung im Stall. Zugluft hingegen bewirkt genau das Gegenteil und macht in vielen Betrieben Probleme. Eine Schwierigkeit besteht nun darin, dass die anzustrebende Mindestluftrate vor allem bei jungen Tieren im Winterhalbjahr unterhalb der niedrigsten Leistungsstufe der Abluftventilatoren liegt. Der Ventilator kann also gar nicht so langsam drehen, wie es eigentlich nötig wäre. Abhilfe schaffen zusätzliche Gruppenschaltungen von Ventilatoren und/oder Mess- und Regeleinrichtungen an den Abluftpunkten. Dadurch läuft unter Mindestluftbedingungen beispielsweise nur einer von drei Ventilatoren. Die anderen werden erst zugeschaltet, wenn größere Luftmengen bewegt werden müssen. Bei größeren Ställen werden oft Zentralabsaugungen mit mehreren Lüftern eingesetzt oder bei sehr großen Abteilen auch mehrere Ventilatoren je Abteil. Zusätzlich werden hier meistens besonders energiesparende Ventilatoren im Regelbereich mit Dauerläufern für den Volllastbetrieb (im Sommer) kombiniert. Gute Lösungen bilden oft auch solche Gruppenschaltungen, die beim Erreichen der Leistungsgrenze des ersten Ventilators den zweiten zuschalten und beide parallel wieder hochregeln.
- Was lässt sich sonst noch tun, den Stromverbrauch der Lüftungsanlage zu senken?
Auf jeden Fall sollte die Solltemperatur im Schweinestall kontrolliert werden. Diese muss zum aktuellen Gewicht der Tiere im Abteil und den Außenbedingungen passen. Werden beispielsweise im Sommer sehr niedrige Solltemperaturen angestrebt, hat die Lüftungsanlage fast ständig zu tun und schafft es an heißen Tagen oftmals trotzdem nicht, den Stall so kühl zu halten, wie die Sollwerte es vorgeben. Vor allem, wenn sich diese Werte auch in der Nacht nicht erreichen lassen und die Lüfter mit voller Leistung durchlaufen, sollte man vielleicht einmal über 1 bis 2 ° Kelvin höhere Solltemperaturen nachdenken. Sofern die Tiere gesund sind und der Stress über eine angepasste Fütterung und Tierbetreuung minimiert wird, dürfte das vielfach möglich sein. Im Winter ist es dann genau umgekehrt: Hier ist zu prüfen, ob die Heizung schon anspringen muss, sobald die übliche Solltemperatur ein halbes Grad unterschritten wird. Oftmals lassen sich auch mit einer etwas kälteren Raumtemperatur gute Leistungen erreichen – und im Gegenzug wird über eine geringere Mindestluftrate einiges an Heizenergie eingespart.
- Welche weiteren Punkte gehören unbedingt zu einem Lüftungscheck?
Die Anlagen verbrauchen immer dann besonders viel Energie, wenn die Luft große Widerstände überwinden muss. Überprüfen Sie daher regelmäßig den Zustand der Zu- und Abluftelemente bzw. -kanäle und die Sauberkeit der Lüftungsanlage. Denn durch Verschmutzungen können sich Querschnitte verengen und Stellklappen schwergängig werden oder festsetzen. Besonders auffällig wird dies bei zugestaubten Zuluftlochplatten, einer schwer durchlässigen diffusen Decke oder an den Schutzgittern der Abluftventilatoren. Muss die Luft hier durch Engpässe, kostet das viel Kraft bzw. Energie. Auf der Abluftseite einer Lüftungsanlage wird zudem mit sehr hohen Geschwindigkeiten von 10 m/s und mehr gearbeitet. Der Energieverbrauch lässt sich hier durch Abrundungen an Lufteintritten – zum Beispiel durch eine Einströmdüse – senken. Auch Diffusoren auf den Abluftkaminen bringen Entlastung. Leider stehen diese Möglichkeiten häufig im Konflikt mit den Emissionsschutzauflagen aus der Baugenehmigung.
- Kommen wir zum Bereich der Heizung. Wo kann man hier Energie einsparen?
In vielen Schweineställen ist die Wärmeisolierung zum Dachraum hin nicht gut gelungen. Die Außenwände sind vernünftig gedämmt, die Abteildecke nicht. Im Winter gelangt deshalb warme Luft aus dem Tierbereich ungewollt in den Dachraum. Im Sommer drückt die Hitze von dort aus in den Stall. Beides verursacht zusätzliche Energiekosten: Im Winter muss mehr geheizt werden, im Sommerhalbjahr mehr gelüftet. Wenn die baulichen Gegebenheiten es also erlauben, sollte mittelfristig über eine nachträgliche Deckendämmung nachgedacht werden. Oder ein anderer Punkt: Viele Heizungsanlagen sind darauf ausgelegt, einen durchschnittlichen Wärmebedarf im Winter abzudecken. Für kurzzeitige Arbeitsspitzen wie das Trocknen und Aufheizen des Abteils nach dem Reinigen bzw. vor dem Aufstallen der nächsten Tiere sind sie weniger gut geeignet und benötigen viel Zeit und Energie. Deshalb macht es Sinn, für diese Zwecke zum Beispiel eine mobile Heizkanone zuzuschalten, welche die Aufgabe deutlich schneller und günstiger erledigt.
- Was ist mit den Ferkelnestern? Die fallen einem als „Energiefresser“ sofort ein.
Weil die jungen Tiere viel Wärme benötigen, sollte ihr Liegebereich tatsächlich besonders warmgehalten werden. Das gilt für die Ferkelnester in der Abferkelbucht ebenso, wie für den Aufzuchtstall (Flatdeck). Allerdings muss ja nicht der gesamte Stall bzw. die ganze Bucht mollig warm sein. Mit Ferkelnestabdeckungen lassen sich abgegrenzte Kleinklimabereiche schaffen, während die Sauen von der niedrigeren Raumtemperatur profitieren. Das gilt im Prinzip auch für den Ferkelaufzuchtstall. Auch hier machen Abdeckungen über dem Liegebereich Sinn, um nicht das gesamte Stallabteil teuer heizen zu müssen. Nachteil dieser Lösungen ist die reduzierte Übersichtlichkeit und schwierigere Tierkontrolle.
Noch ein Wort zu den elektrischen Infrarotstrahlern: Die weit verbreiteten „Ferkellampen“ tragen erheblich zum überhöhten Energieverzehr bei. Ein 150-Watt- Strahler verbraucht am Tag 3,6 kWh Strom. Bei einem Strompreis von 30 Cent/kWh sind das rund 1 € pro Tag. Bei unterstellten 12 bis 13 Einsatztagen pro Wurf macht das rund 1 € pro Ferkel aus. Deshalb sollten Elektrostrahler nur dann zum Einsatz kommen, wenn sie unbedingt notwendig sind. Für die Heizung der Ferkelnester sind Fußbodenheizungen auf Warmwasserbasis eindeutig besser geeignet. Die Zuleitungen sollten aber vernünftig isoliert sein und die Temperaturen im Liegebereich an die Bedürfnisse der Ferkel angepasst werden.
- Welche Fehler gilt es im Heizungsbereich außerdem möglichst zu vermeiden?
Bei allen Heizungssystemen sollte immer wieder mal geprüft werden, ob die Wärme bzw. warme Luft auch dort ankommt, wo sie gebraucht wird. Kurzschlüsse zwischen Zu- oder Abluftsystem sind beispielsweise gar nicht selten. Dann entweicht die teuer erwärmte Luft ungenutzt in die Außenwelt. Aber das lässt sich bei Verdacht relativ einfach durch eine Nebelprobe während der kalten Jahreszeit kontrollieren.Und auch die Luftverteilung im Raum ist wichtig, weil sich große Temperaturdifferenzen womöglich störend auf die Regelung von Heizung und Lüftung auswirken. In diesem Zusammenhang sollten die Temperaturfühler an einer repräsentativen Stelle positioniert und ihre einwandfreie Funktion regelmäßig überprüft werden. Ein häufiger Fehler ist zudem der deckengleiche Einbau des Abluftschachtes. In den Wintermonaten wird dadurch die warme Luft direkt unter der Decke abgesaugt, die eigentlich die einströmende, kältere Zuluft langsam erwärmen soll. Um das Warmluftpolster zu erhalten, ist der Schacht daher mindestens 50 bis 60 cm von der Decke herunterzuziehen.
An diesen Beispielen lässt sich bereits erkennen, wo die Energiekosten in die Höhe schießen: Großen Anteil daran haben falsche Einstellungen von Lüftung und Heizung. Zudem gehen zu hohe Temperaturen im Zentralgang, das Verpuffen von Strahlungswärme und der unnötig lange Einsatz von Infrarot-Lampen ins Geld. Insbesondere die falsche Anordnung von Heizkörpern und Heizelementen und eine fehlende Deckenisolierung kann Warmluft von den Tieren weg in den Dachraum „vernichten“. Doch bevor bei bestehenden, funktionsfähigen Lüftungs- und Heizungsanlagen in eine neue Technik investiert wird, darf zunächst die vorhandene Technik gewartet, auf ihre Schwachstellen untersucht und gegebenenfalls optimiert werden. Sobald dann Neu- und Ersatzinvestitionen anstehen, spielt neben anderen Gesichtspunkten mittlerweile der spezifische Energieverbrauch der Einzelgeräte und des Gesamtsystems eine immer wichtigere Rolle. Denn die Energiekosten haben sich zum echten Produktionsfaktor entwickelt.
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