In den beiden Kreisen Cloppenburg und Vechta bewirtschaften laut Landwirtschaftszählung 2020 des Landesamtes für Statistik Niedersachsen gut 2700 Betriebe insgesamt rund 160 000 ha Acker und Grünland. Mit zusammen etwa 2,8 Mio. Schweinen, mehr als 18 Mio. Legehennen, Masthähnchen und Puten sowie rund 250 000 Rindern ist die Viehdichte im Oldenburger Münsterland damit so hoch wie in keinem anderen Teil Deutschlands. Gemittelt liegt sie bei rund 2,75 Großvieheinheiten (GVE) je ha.
Schwerpunkt bei Schweinen und Geflügel
Schon früh haben die Landwirte in Südoldenburg den Schwerpunkt auf die Schweine- und Geflügelhaltung gelegt. Die Landwirte erkannten, dass sie angesichts der eher kargen Böden ihre Betriebe nur mit einer starken Veredlung über die Viehhaltung weiterentwickeln konnten. Bei knapper Flächenausstattung bot diese Wirtschaftsweise interessante Entwicklungsmöglichkeiten, denn das Futter für diese Tiere konnte dank der guten logistischen Anbindung relativ leicht zugekauft werden.
Über Jahrzehnte hat sich dadurch im Oldenburger Münsterland eines der wichtigsten Zentren der Tierhaltung entwickelt. Beide Landkreise sind durch eine intensive Schweinehaltung und vor allem Mast geprägt, während im Kreis Vechta zusätzlich die Eiererzeugung einen Schwerpunkt bildet (6,8 Mio. Lege- und Junghennen). Im Landkreis Cloppenburg gibt es dafür mit 1,9 Mio. Puten fast zehnmal so viele Truthühner wie im Nachbarkreis. Nicht ohne Grund hat mit dem Moorgut Kartzfehn der größte unabhängige Putenvermehrungsbetrieb Europas seinen Sitz in Bösel bei Cloppenburg.
Jedes fünfte Schlachtschwein
Im Jahr 2020 dürften in den Landkreisen Vechta und Cloppenburg insgesamt etwa 11 Mio. Schweine geschlachtet worden sein, hat Klaus Kessing von der ISN-Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands nachgerechnet, die ihr Büro in Damme im Kreis Vechta hat. Das sind mehr als 20 % aller Tiere in Deutschland. Aufgezogen und gemästet werden in der Region dagegen „nur“ rund 10 % der deutschen Schweine. Zwischen Neuenkirchen-Vörden und Saterland werden also auch fleißig Tiere aus anderen Regionen der Bundesrepublik geschlachtet.
Nicht von ungefähr finden sich deshalb viele Unternehmen aus dem Oldenburger Münsterland in der Top-10-Liste der Schweineschlachter wieder, welche die ISN alljährlich herausgibt. Mit Danish Crown (Essen/Oldenburg), Böseler Goldschmaus und dem BMR-Schlachthof (beide Garrel) sind drei Unternehmen aus dem Kreis Cloppenburg regelmäßig dort zu finden. Hinzu kommen der Vion-Schlachthof in Emstek und der Betrieb Steinemann in Steinfeld aus dem Kreis Vechta. Mit den Schlachthöfen Wernke (Cloppenburg) und Brand (Lohne) folgen zwei weitere Unternehmen unter den Top 15 der Branche.
Beachtliche Größenordnungen finden sich auch im Geflügelbereich: Laut Statistischem Bundesamt wurden 2019 in den Kreisen Vechta und Cloppenburg insgesamt nahezu 77 Mio. Masthähnchen und Suppenhühner sowie 39,5 Mio. Puten geschlachtet. Das waren rund 12 % aller Masthähnchen in Deutschland und 15 % aller Puten.
Stalltechnik-Innovationen
Rund um die Tierhaltung haben sich weitere, umsatzstarke Wirtschaftsbereiche entwickelt. Hier ist neben der Schlachtbranche vor allem die Futtermittelindustrie zu nennen. Eng verknüpft mit der Landwirtschaft war von Anfang an auch der Maschinen- und Anlagenbau. Oft profitierten die Tierhalter von den passgenauen technischen Lösungen der Hersteller zur Arbeitserleichterung in den Ställen. Umgekehrt halfen die Praxisrückmeldungen den Stalltechnik-Tüftlern bei der Perfektionierung ihrer Produkte. Im Laufe der Zeit wurde die Region dadurch zu einem internationalen Innovationszentrum.
Nicht von ungefähr wird die Region auch als „Silicon Valley der Agrartechnologie“ bezeichnet. Wer bei einem Rundgang über die Agritechnica oder EuroTier einmal auf die Unternehmensadressen achtet, wird jedenfalls Hunderte Aussteller mit Firmensitz im Kreis Vechta oder Cloppenburg finden, von denen der Stallbauer Big Dutchman aus Vechta-Langförden oder der Landmaschinenhersteller Grimme aus Damme nur zwei Beispiele sind.
„Oldenburger Palme“
Im Oldenburger Münsterland gibt es indessen nicht nur Schweine, Hühner und Rinder sowie Biogasanlagen zur Stromerzeugung. Die Region ist auch eines der Hauptanbaugebiete für Grünkohl in Niedersachsen. Rund um Vechta werden jährlich etwa 300 ha des auch als „Oldenburger Palme“ bezeichneten Wintergemüses angebaut.
Andere Betriebe – vor allem um Langförden und Visbek – haben sich auf Obst bzw. Beerenkulturen spezialisiert. Passend dazu sind in der Region namhafte Hersteller von tiefgefrorenen Obst- und Gemüseprodukten ansässig, deren Erzeugnisse in ganz Deutschland auf den Tisch kommen.
Apropos „auf den Tisch“: Die gesellschaftliche Diskussion um Klima, Tierwohl und Fleischverzehr trifft die Intensivregion der Nutztierhaltung ganz besonders. Ein Abbau der Viehbestände durch gesetzliche Auflagen oder katastrophale Preise, wie ihn die Schweinehalter derzeit erleben, bedeutet nicht nur für die Landwirte herbe Einschnitte. Auch den vor- und nachgelagerten Industrie- und Dienstleistungsunternehmen drohen massive Umsatzeinbußen. Man darf gespannt sein, wie die Branche in der Region mit dieser Herausforderung fertig wird.
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