Anfang Dezember griffen Wölfe am Weserdeich bei Bremen die Schafherde von Deichschäfer Rene Krüger an. Es war der zweite Angriff in zwei Wochen.
36 tote Schafe bei zwei Angriffen
Als am Samstag, 4. Dezember 2021, früh morgens sein Handy klingelt, ahnt Rene Krüger nichts Gutes. Er fährt sofort zum Deich am Weserufer, wo seine Schafe sind oder - besser gesagt - sein sollten. Ihm bot sich ein „Ort des Grauens“. „Überall verstreut lagen tote und verletzte Schafe. Ein paar Tiere sind ertrunken, einige lebten noch."
"Sie waren so schwer verletzt, zum Teil blutig und mit abgerissenen Ohren, dass der Tierarzt sie einschläfern musste“, berichtet Krüger. Von 300 hochtragenden Muttertieren wurden bei dem Wolfsangriff 32 getötet, 7 haben jetzt schon verlammt und 30 sind mit dieser und einer ersten Wolfsattakte Mitte November 2021, als vier Schafe gerissen wurden, verschollen. Auch ein Droheneinsatz brachte keine Spur.
Superplus Killing
„Das ist makaber“, sagt Krüger, „man tränkt die Lämmer mit der Flasche, zieht sie groß, und dann kommt der Wolf und tötet sie.“ Wenn ein Wolf mal ein Schaf reißt und frisst, sei es für ihn nicht so schlimm, sondern „Natur“. Aber hier töteten die Wölfe mehr Tiere, als sie fressen. Im Fachjargon heißt das Mehrfachtötung oder Surplus Killing. „Das ist hart“, kommentiert der Schäfer.
Schafe für Hochwasser- und Küstenschutz
Krügers Deichschäferei liegt in Wersabe bei Bremen. Krüger hält insgesamt 800 Schafe der Rasse Deutsches Schwarzköpfiges Fleischschaf. Die Hauptaufgabe seiner kleinen Wiederkäuer ist der Hochwasser- und Küstenschutz. Das Gebiet reicht von der Bremer Landesgrenze über 15 km bis zum Hafen Sandstedt.
Pilotprojekt: Mega-Zaun am Weserdeich
Zum Schutz der Schafe vor dem Wolf startete die Landesregierung Niedersachsen vergangenes Jahr am Weserdeich ein Pilotprojekt und förderte mit 375.000 € den Aufbau mobiler und fester Zäune über 18 km im Bereich des Deichverbandes Osterstader Marsch. Innerdeichs stehen auf 18 km feste Zäune, Außerdeichs sind es 30 km mobile Zäune. Dass diese Zäune (1,20 bis 1,60 m hoch) in zwei Wochen gleich zweimal überwunden oder untergraben wurden, lässt an der Wirksamkeit gegen Wölfe zweifeln.
Herdenschutzhunde für Schafherde
Krüger denkt nun über Herdenschutzhunde, wie sie die Kollegen im Osten und in der Lüneburger Heide haben, nach. Auch da gibt es bei der Anschaffung eine Förderung (ab 100 Schafen). Die laufenden Kosten für Steuern, Versicherung, Futter und Tierarzt müsste der Schäfer selbst zahlen. Außerdem seien Herdenschutzhunde nicht einfach zu händeln und er müsste sie ohnehin für die Arbeit mit den Schafen ausbilden. Das wird dauern. Krüger müsste sich im Minimum 15 Hunde anschaffen.
"Dennoch werden die Hunde nicht die gesamte Herde schützen können. Es werden trotzdem Schafe gerissen", Und ob die Dorfbewohner und Touristen an der Weser Kangals, Kaukasische oder Alabai Owtscharka akzeptieren, ist fraglich. Mal eben über den Deich gucken – das ist dann vorbei, wenn der Wolf bleiben soll und der Schäfer seine Herde schützen muss.
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