Der Hauptgrund der gestiegenen Düngemittelpreise beim Stickstoff ist das teure Erdgas. Seit Sommer 2021 hat sich der Preis vervielfacht. Erdgas wird sowohl als Rohstoff als auch als Energieträger für die Stickstoffproduktion benötigt. Bereits vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine war die Situation schon sehr angespannt. Beim Phosphat spielen zudem die Logistikprobleme in den Häfen als Folge der Corona-Krise eine Rolle, da phosphathaltige Düngemittel zu einem Großteil importiert werden. Beim Kalium hat Deutschland zwar eigene Rohstoffquellen, in der EU fehlen aber bereits seit Juni 2021 die Importe aus Weißrussland. Die EU hat wegen der mutmaßlich manipulierten Präsidentschaftswahl und der gewaltsamen Protestniederschlagung Importe weißrussischer Kalidüngemittel verboten. Die Marktlage ist somit für alle Hauptnährstoffe (NPK) kritisch.
Gestiegene Nachfrage
Um die Preisentwicklung bei den Stickstoffdüngemitteln einzuschätzen, muss man sich also zum einen die Versorgung mit Erdgas anschauen und zum anderen die Nachfrage nach Düngemitteln abschätzen, da eine höhere Nachfrage den Preis steigen lässt. Im Frühjahr dieses Jahres sind beide Effekte aufeinandergestoßen und haben zu den enorm hohen Stickstoffpreisen von 3 €/kg N geführt: Aufgrund der beginnenden Düngesaison war die Nachfrage sehr hoch und gleichzeitig schnellten die Erdgaspreise weiter nach oben. Der Stickstoffeinsatz ist aktuell vegetationsbedingt eher niedrig und somit normalerweise auch die Nachfrage. Da derzeit die Ernte eingefahren wird, beginnt bei vielen Betrieben aber auch die konkrete Planung für das kommende Jahr und zudem ist wieder mehr Liquidität auf den Betrieben vorhanden. In Anbetracht der hohen Erzeugerpreise für Getreide und Co. möchten sich somit viele Betriebe die Versorgung für das kommende Jahr frühzeitig sichern. Preislich liegen Stickstoffdüngemittel aktuell etwa auf Vorkriegsniveau.
Gasversorgung entscheidend
In der EU werden jedes Jahr etwa 10 Mio. t N-Dünger verbraucht (2020, inkl. GB). Etwa die Hälfte davon wird entweder als fertiges Düngemittel oder als Vorprodukt importiert. Wichtige Exporteure in die EU sind Algerien, Ägypten und Russland. Immerhin 50 % des Stickstoffdüngers wird in der EU produziert. Die Angebotsmenge an Stickstoffdüngemitteln aus der EU wird entscheidend von der Gasversorgung abhängen – vor allem für Hersteller in Deutschland und Osteuropa. Damit hängen die Düngemittelpreise stark davon ab, ob Russland nach der geplanten zehntägigen Wartung der Pipeline North Stream 1 die Gaslieferungen wieder aufnimmt. Geschieht dies nicht, ist die zweite entscheidende Frage, ob Düngemittelproduzenten im Falle eines Gaslieferstopps prioritär Erdgas erhalten. Die Versorgung ist somit mit einigen Unsicherheiten behaftet.
Jetzt noch gezielt vorkaufen
Wem das zu riskant ist, der sollte bereits frühzeitig Düngemittel für die Ernte 2023 vorkaufen. Allerdings ist dabei zu beachten, dass nur ein physischer Vorkauf im eigenen Lager absolute Sicherheit bringt, denn im Falle eines Gaslieferstopps und eines Ausfalls der Produktion könnte ein Vorkontrakt aufgrund der äußeren Umstände ungültig sein.
Eine weitere Empfehlung ist bei teuren Düngemittelvorkäufen allerdings noch zu beachten: Wer teuer Düngemittel vorkauft, sollte möglichst auch zu den immer noch sehr hohen Erzeugerpreisen verkaufen – sofern nicht selbst verfüttert wird.
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