Agrarmärkte 2023

Die Krisen wirken nach

Corona, Krieg und Inflation prägten das vergangene Jahr. Doch was kommt 2023 auf die Landwirte zu? Eine Prognose für die Agrarmärkte geben Fachleute der Landwirtschaftskammer NRW.

Insbesondere der 24. Februar 2022 stellte mit dem Angriff Russlands auf die Ukraine die Märkte weltweit auf den Kopf. Die Auswirkungen werden auch 2023 spürbar sein.

Als Beispiel dafür genügt ein Blick auf den Weizenpreis. Mit Beginn des Krieges schnellten die Notierungen bis auf 380 €/t nach oben. In der Ernte 2022/23 bildet sich aktuell ein neuer Preiskorridor zwischen 280 und 320 €/t. Dieser liegt gut 100 €/t über dem langjährigen Mittel. Diese Entwicklung lässt sich auch auf andere Bereiche des täglichen Lebens übertragen.

In seinem Jahresgutachten prognostiziert der Sachverständigenrat für 2022 ein Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 1,7 %. Angesichts der aktuellen Krisen und Herausforderungen zeigt sich die deutsche Wirtschaft noch relativ krisenfest. Dazu beigetragen haben auch die massiven staatlichen Entlastungspakete. Für 2023 rechnet der Sachverständigenrat mit einem Rückgang des BIP um 0,2 %. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch das ifo Institut aus München.

Kaufkraft sinkt

Die Kaufkraft der privaten Haushalte könnte aufgrund der anhaltend hohen Preise um etwa 4 % sinken. Daher dürften Verbraucher bei Lebensmitteln eher zu den günstigeren Angeboten greifen. Das könnte für die Produzenten von hochpreisigen Lebensmitteln aus der Tierwohl- oder Biosparte auch 2023 eine große Herausforderung im Absatz bedeuten.

Hohe Preise begleiten uns auch in diesem Jahr. Das ifo Institut rechnet mit einer Inflation von rund 9 %. Der Sachverständigenrat geht von 7,4 % aus. Treibende Kräfte seien die Energie- und Nahrungs­mittelpreise sowie die Lohnsteigerungen und teureren Importgüter.

Daraus resultierend dürften die Produktionskosten in der Landwirtschaft auch 2023 deutlich über dem langjährigen Durchschnitt ­liegen. Das Ziel der Eurozone, die Inflation auf 2 % pro Jahr zu begrenzen, wird deutlich verfehlt.

Zinsen steigen

Um hier gegenzusteuern, hat die Europäische Zentralbank die Zinsen erhöht. Auch wenn die bisherigen Maßnahmen nicht die gewünschten Stabilisierungseffekte erzielt haben, hat sie Mitte Dezember den Leitzins um 0,5 % angehoben. Bis zum Ende des Jahres 2023 könnte der Leitzins der EZB auf 4 % steigen.

Die Folgen für die Finanzierung von Investitionen in der Landwirtschaft wären gravierend. Schon jetzt liegen die Konditionen der Landwirtschaftlichen Rentenbank für Kredite mit zehnjähriger Laufzeit bei einem Zinssatz zwischen 3,25 und 3,55 %. Weitere Leitzinserhöhungen verteuern die Kreditkosten 2023 deutlich. Für dringend notwendige Investitionen wäre das ein höheres Finanzierungsrisiko, nicht notwendige Investi­tionen würden verschoben.

Höhere Lohnkosten

Seit dem 1. Oktober 2022 gilt der neue Mindestlohn von 12 €/Stunde. Gegenüber dem vorherigen Mindestlohn von 10,45 € ist das ein Plus von 22 %. Die Erhöhung ist in Zeiten hoher Preise richtig, macht aber vielen Betrieben zu schaffen. Gerade in arbeitsintensiven Bereichen wie dem Gemüse- oder Obstbau schlagen die höheren Lohnkosten 2023 deutlich zu Buche.

Zusätzlich kann man davon ausgehen, dass die Löhne in allen anderen Wirtschaftsbereichen ebenfalls zulegen. Der Tarifabschluss der IG Metall Südwest mit 8,5 % mehr Lohn bis Mai 2024 gibt die Richtung vor. Andere Branchen dürften versuchen, sich diesem Niveau anzuschließen. Entsprechend steigen die Arbeitskosten in den Unternehmen mit Auswirkungen auf die Produktionskosten und notwendigen Verkaufspreise.

Ob die nachlassende wirtschaftliche Entwicklung zu ­einer besseren Verfügbarkeit von Arbeitskräften führt, bleibt abzuwarten. Bislang präsentiert sich der Arbeitsmarkt sehr robust, sodass neue Mitarbeiter in vielen Branchen nicht verfügbar sind. Insbesondere in den arbeitsintensiven Branchen der Landwirtschaft ist das deutlich spürbar.

Energiepreisbremse

Angesichts hoher Energiepreise hat die Bundesregierung die Gas- und Strompreisbremse zum Jahresende 2022 auf den Weg gebracht. Landwirtschaftliche Betriebe können ebenfalls von der Förderung profitieren. Allerdings gilt die Gaspreisbremse nur für Erdgas und Fernwärme auf Erd­gasbasis. Betriebe mit Öl- oder Flüssiggasheizungen sollen einen Antrag zur Härtefallregelung stellen können.

Bei der Strompreisbremse fallen landwirtschaftliche Betriebe im Regelfall in die Gruppe 2 (>30  000 kWh Verbrauch pro Jahr). Damit greift die Bremse bei 70 % des Verbrauches „auf den Netto-Arbeitspreis“ aus 2021 mit 13 Cent/kWh zuzüglich Steuern, Abgaben und Umlagen. Trotz der Maßnahmen werden die Energiekosten im kommenden Jahr die ­Betriebe deutlich stärker belasten.

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