"Meistens ist es in Bauernfamilien ein mehrjähriger Prozess, zu erkennen, dass der Ausstieg aus der Landwirtschaft sinnvoll ist. Da wird trotz schlechter Betriebsergebnisse einige Jahre weitergewirtschaftet "wie immer", weil der Landwirt – verständlicherweise – an seinem Hof und seiner Arbeit hängt oder die Bauernfamilie sich nicht überwinden kann, sich umzuorientieren.
Sind Pacht und Lohn ausreichend?
Trotzdem: Wenn die betriebswirtschaftlichen Ergebnisse nicht stimmen, muss die zentrale Frage lauten: "Komme ich mit dem Einkommen aus Pacht und Lohn oder Rente besser zurecht als jetzt?"
Auf keinen Fall darf es so weit kommen, dass die Bank oder der Futtermittellieferant den Schlusspunkt setzt, weil sie keine finanziellen Mittel mehr zur Verfügung stellen.
Für die Unternehmerfamilie muss das Ziel sein, das Betriebsvermögen zu erhalten und frei handeln und entscheiden zu können.
Aufgeben in einer Phase mit hohen Preisen
Auch wenn es theoretisch klingt, ein guter Zeitpunkt für die Betriebsaufgabe ist eine Hochpreisphase. Dann lassen sich für das Vieh und Getreide gute Preise erlösen und die Berufskollegen sind bereit, angemessene Pachten für Land und Gebäude zu bezahlen. Die Kredite sind einfacher umzufinanzieren. Kurz: Es gibt Handlungsoptionen, die Bauernfamilie agiert aus einer Position der Stärke.
Ausstieg langfristig planen
Um den Prozess des Ausstiegs aus der Bewirtschaftung optimal umsetzen zu können, ist eine langfristige strategische Ausrichtung erforderlich. Die vermisse ich bei vielen Bauernfamilien! Nur wenige Landwirte haben für sich klar, wohin es mit dem Hof in fünf bis zehn Jahren geht.
Entscheidet sich eine Bauernfamilie für den Ausstieg aus der Produktion – vielleicht nicht sofort, sondern in einigen Jahren –, werden die betrieblichen Entscheidungen angepasst.
Individuelle Lösung finden
Wir Berater können mit der Familie individuelle Lösungen finden. Manche geben den Hof komplett auf und der Landwirt sucht sich eine Anstellung, andere steigen erst einmal aus der Milch- oder Ferkelproduktion aus. Weitere wählen eine Teilzeitstelle und wirtschaften im Nebenerwerb.
Meiner Erfahrung nach finden Landwirte egal welchen Alters immer eine Anstellung oder haben eine Idee für eine Selbstständigkeit.
Gefühle des Versagens und Trauer
Keine Frage: Am Anfang ist es schwer, wenn die ersten Schritte für eine Betriebsaufgabe eingeleitet werden, etwa Pachtverträge gemacht, Kreditverträge umgestellt oder Bewerbungen geschrieben werden. In dieser Zeit kann Furcht oder ein Gefühl des Scheiterns ein Begleiter sein. Meistens dauert diese Phase einige Wochen.
Doch dann startet in den Köpfen der Familienmitglieder etwas Neues, sie sind erleichtert und neugierig, auf das, was kommt. Denn Aufgeben heißt auch, neu anzufangen. Beispielsweise ist der Landwirt gespannt auf die Berufstätigkeit.
Begleiter suchen zur Unterstützung
Sinnvoll ist bei einer Hofaufgabe eine professionelle Begleitung, sei es durch die sozioökonomische Beratung der Landwirtschaftskammer, den Steuerberater, die ländliche Familienberatung oder einen privaten Coach. Diese Fachleute können bei praktischen, finanziellen und steuerlichen Fragen helfen und vor Fehlentscheidungen warnen. Außerdem betreuen die Experten die Familie auf dem Weg des Wandels auch persönlich. In Krisenmomenten haben sie ein offenes Ohr. Sie können durch ihren Blick von außen neue Perspektiven schaffen und aufmuntern.
Stolz auf sich sein
Am Ende des Veränderungsprozesses kann die Bauernfamilie stolz auf sich sein. Denn die geführte Aufgabe des eigenen Betriebs ist eine große betriebswirtschaftliche und familiäre Leistung."
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