Traktoren mit einer Motorleistung um 100 PS zählen mittlerweile zum unteren Leistungssegment, verkaufen sich aber noch recht gut. Sie sind universell, agil und vergleichsweise preiswert. In einem umfangreichen Test hat die Landwirtschaftskammer Niedersachsen im Sommer 2022 zehn Traktoren der 100-PS-Klasse miteinander verglichen. Wir werfen einen Blick auf das Testfeld und zeigen, wo die Kleinen Stärken und Schwächen haben.
Drei- oder Vierzylinder?
Zehn Traktoren mit einer Maximalleistung zwischen 95 und 114 PS haben die Tester unter die Lupe genommen (CaseIH Luxxum 100, Claas Arion 420, Deutz-Fahr 5100, Fendt 211 Vario, Lindner Lintrac 80, McCormickX5.110, MF 5410 M, New Holland T5.100, Valtra A 105, Zetor Forterra 110) und das sind noch nicht einmal alle Anbieter. Nicht dabei waren zum Beispiel John Deere, Kubota, Steyr oder Same.
Common-Rail-Einspritzung, Vierventiltechnik, Turbolader, Ladeluftkühlung und elektronische Motorsteuerung sind auch in dieser Leistungsklasse die motortechnische Grundausstattung. Durch sie wird es möglich, die Anforderungen an Leistung, Verbrauch und Emissionen zu erfüllen.
In der 100-PS-Klasse tummeln sich Drei- und Vierzylindermotoren zwischen 2,9 und 4,5 l Hubraum, wobei Vierzylindermotoren überwiegen. Ein Verbrauchsvor- oder -nachteil für die eine oder andere Variante ließ sich im Test nicht erkennen. So war der Deutz-Fahr 5100 mit 2,9-l-Dreizylinder vor der Zapfwelle der durstigste, während sich der Fendt 211 mit 3,3-l-Dreizylinder als genauso genügsam herausstellte, wie etwa der 4,5-l-FPT-Motor im Claas Arion 420.
Stimmt die Leistung?
Spannend, ohne Leistungsprüfstand jedoch nicht feststellbar, ist die Frage: Wie viel der vom Hersteller versprochenen Leistung steht tatsächlich für die Arbeit zur Verfügung? Denn die angegebene Motorleistung bezieht sich je nach Messnorm auf den nackten Motor ohne Getriebe und mit mehr oder weniger vielen angetriebenen Nebenaggregaten.
Die Spanne zwischen „Papierleistung“ und an der Zapfwelle gemessenen Werten war recht groß. Zwei Modelle schafften 2 % mehr, eines 16 % weniger als angegeben. Das Gros bewegte sich in einem Bereich zwischen minus 5 und 10 %.
Damit wären wir auch gleich bei den Kraftstoffverbräuchen. Die wurden für die jeweils an der Zapfwelle gemessene Leistung in l/PS/Stunde ermittelt und schwankten zwischen 0,22 und 0,25. So gesehen keine große Differenz. Auf 100 PS hochgerechnet aber immerhin ein Unterschied von 3 l/Std.
Abgasreinigung ist Pflicht
Nach der Verlängerung von Übergangsfristen müssen nun auch Motoren der 100-PS-Klasse die Abgasstufe V erfüllen. Das geht nur mit der bekannten SCR-Technologie.
Das gesamte Abgasnachbehandlungssystem umfasst jedoch noch weitere Komponenten wie Dieseloxidationskatalysator (DOC), Dieselpartikelfilter (DPF) oder zum Teil eine Abgasrückführung (AGR). Details können sich jedoch herstellerabhängig unterscheiden. Oft versteckt sich der Systemaufbau auch hinter marketinggerechten Kunstnamen. Hier sollten sich Käuferinnen und Käufer die Funktion in den verschiedenen Modellen genau erläutern lassen.
Getriebe „Probe fahren“
Grundsätzlich bietet die 100-PS-Klasse eine breite Getriebeauswahl – allerdings nicht bei jedem Hersteller und für jede Baureihe. Käufer sollten im Rahmen der Vorauswahl auf jeden Fall die eigene Priorität festlegen. Das erleichtert die Modellsuche enorm und hat auch eine Auswirkung auf den Preis.
Schlepper mit Stufenlosgetriebe gibt es nur wenige. Deutz, Same, Fendt und Lindner bieten zum Beispiel Modelle an. Ansonsten gehören zwei bis vier Lastschaltstufen im Testfeld zur Standardausstattung, allerdings mit Komfortunterschieden. Das Claas- bzw. MF-Getriebe schaltet z. B. sowohl Stufen als auch Fahrbereiche automatisch. Auch Valtras Hitech 4 kann das. Wahlweise stehen aber auch manuelle Lastschalter oder einfache mechanische Synchrongetriebe zur Verfügung.
Ohne Probefahrt sollte die Entscheidung für einen Schlepper auf keinen Fall getroffen werden. So sind den Testern der Landwirtschaftskammer beispielsweise ungünstig positionierte Schalthebel, hakelige Getriebe, schlecht modulierte elektrohydraulische Gangwechsel und unangenehme Getriebegeräusche aufgefallen. In der Bewertung fällt das mit vielen durchschnittlichen Noten auf.
Drei Zapfwellengeschwindigkeiten sollten in dieser Klasse Standard sein. Lediglich einer von zehn Kandidaten biete nur zwei, vier dagegen vier Zapfwellendrehzahlen.
Reicht die Nutzlast aus?
Wichtig für das Einsatzspektrum des neuen Schleppers sind Nutzlast und Hubkraft der Dreipunkthydraulik. Mit Ausnahme von jeweils einem „Ausreißer“ nach oben und unten liegen die gemessenen Hubkräfte der Dreipunkthydraulik in einem Bereich von 4000 bis 4500 kg.
Deutliche Unterschiede brachte das Wiegen der Fahrzeugleermasse zutage. Nicht nur, dass die tatsächlichen Gewichte auffällig von den Werksangaben abwichen – Mehrgewichte von 800 kg waren keine Seltenheit. Auch die sich ergebenden Nutzlasten waren zum Teil so gering, dass mit angehängten Geräten ein sicheres Fahren auf öffentlichen Straßen nicht möglich gewesen wäre. Letztlich deckten die Nutzlasten der Testmaschinen eine Spanne von 1950 bis 3640 kg ab, und zwar ohne Frontlader. Da der bei einem 100er aber quasi zur Standardausstattung gehört, reduzieren sich die Werte weiter. Tipp: Bei der Probefahrt mit dem betriebsfertigen Schlepper unbedingt über eine Waage fahren und das tatsächliche Leergewicht ermitteln.
In Kurzform noch einige Punkte, die den Testern häufiger aufgefallen sind bzw. die verglichen werden sollten:
- überdurchschnittliches Geräuschniveau in der Kabine,
- fehlende Kabeldurchführung Kabine,
- mäßige Leistung der Heizung/Klimaanlage,
- Ölwechselintervalle,
- Zugänglichkeit der Wartungspunkte.