Für ihre diesjährige Vertreterversammlung hatte die Genossenschaft zur Förderung der Schweinehaltung eG (GFS) ein besonderes Datum gewählt: "Auf den Tag genau vor 50 Jahren wurden die ersten Besamungseber in Ascheberg eingestallt“, wusste Vorstandsvorsitzender Paul Hegemann eine interessante Anekdote zu erzählen.
Und mit dem damals verantwortlichen Geschäftsführer Dr. Friedrich-Wilhelm Hottelmann (heute 86 Jahre) war am Dienstag vergangener Woche sogar jemand unter den rund 150 Versammlungsteilnehmern in Saerbeck, der sich noch gut an das Ereignis erinnern kann.
Immer weniger Sauen
Während die heimische Schweineerzeugung im Frühjahr 1973 jedoch von Aufbruchstimmung geprägt war, weht der Branche heute der Wind der gesellschaftspolitischen Veränderung ins Gesicht. Die Tierhaltung wächst nicht mehr. Sie ringt vielmehr um Zukunftsperspektiven, Anerkennung und faire Preise.
Das bleibt nicht ohne Folgen: Wie die heutige GFS-Geschäftsführerin Dr. Meike Friedrichs berichtete, geht die Zahl der Zuchtsauenhalter und Bestände immer weiter zurück. Im vergangenen Jahr wurden deutschlandweit nicht einmal mehr 1,5 Mio. Sauen in 5800 Betrieben gezählt. Vor zehn Jahren waren es noch mehr als 2 Mio. Tiere und fast 11.000 Halter!
Im Ergebnis hat die Besamungsgenossenschaft im Geschäftsjahr 2022 insgesamt nur noch 3,74 Mio. Spermatuben an ihre Ferkel erzeugenden Mitglieder und Kunden verkauft. Das waren 7,4 % weniger als im Vorjahr. Die Anzahl der Betriebsanfahrten ging sogar um 12,7 % auf 90.000 zurück. Der GFS-Scannerservice zur Trächtigkeitsuntersuchung verringerte sich um 11,8 % auf 17.500 Besuche. Zum Jahresende 2022 gehörten der Genossenschaft 7221 Mitglieder an, 29 weniger als Ende 2021.
Umsatz rückläufig
Die Mengenrückgänge hinterließen auch im wirtschaftlichen Bereich Spuren: So verringerten sich die Umsatzerlöse gegenüber dem Vorjahr auf 18,8 Mio, € (–7,5 %).Weil sich zudem der Materialaufwand verteuerte und die Personalkosten stiegen, schließt die Besamungsorganisation das Geschäftsjahr 2022 mit einem Verlust von knapp 265.000 € (Vorjahr 235.000 € Überschuss).
„Das schlechte Jahresergebnis kann nicht zufrieden stellen“, konstatierte Aufsichtsratsvorsitzender Jürgen Horstmann: „Und wir haben es auch kommen sehen“. Trotzdem habe sich die GFS-Führung entschieden, die notwendige Spermapreiserhöhung wegen der äußerst schwierigen Lage der Ferkelerzeuger auf das Jahr 2023 zu verschieben.
Jürgen Horstmann
Höhere Spermapreise
Mittlerweile wurden die Bezugspreise jedoch an die höheren Kosten für Produktion und Logistik angepasst: Im Schnitt verlangt die GFS seit 1. Februar 0,30 € mehr je Spermatube, erklärte Meike Friedrichs. Es gebe in einer Spanne zwischen +0 und +0,60 €/Tube aber Unterschiede je nach bisheriger Kostenstruktur. Zudem haben mehrere Genetikanbieter die Zuchtlizenzen erhöht.
Wie die Geschäftsführerin erklärte, will die GFS aber nicht nur die Spermapreise anheben, um 2023 wieder ein positives Ergebnis zu erzielen. Vielmehr setze man auf Kosteneinsparungen im sechsstelligen Euro-Bereich durch veränderte logistische Abläufe.
Beispielsweise wurde die Zahl der Liefertage verringert. Die Spermaausfuhr erfolgt jetzt ganz überwiegend montags, mittwochs und freitags. Beim Transport kooperiert die Genossenschaft zudem mit anderen Besamungsstationen. Außerdem werden die Bestellfristen für Sperma (bis spätestens 8 Uhr am Liefertag) und Zubehör (bis 13 Uhr am Vortag) gestrafft.
Und nicht zuletzt wurde der Eberbestand an die Marktbedingungen angepasst: Während vor Jahresfrist noch knapp 2200 Vor- und Endstufeneber in den sechs GFS-Stationen standen, umfasst der Bestand derzeit rund 1960 Tiere.
Einbruch beim Zubehör
Einen deutlichen Umsatzeinbruch verzeichnete die Genossenschaftstochter GFS-Top-Animal-Service GmbH. Durch die Krise in der Schweinehaltung hielten sich die Landwirte beim Einkauf von Zubehör merklich zurück. Es wurde nur das Nötigste bestellt, was laut Geschäftsführer Gregor Wenning in einem Umsatzrückgang der GmbH von 29 % gegenüber dem Vorjahr endete! Insgesamt wurden Waren im Wert von 13,1 Mio. € umgesetzt und ein Verlust von 258.000 € verbucht (Vorjahr 613.000 € Gewinn).
Auch bei der Top-Animal-Service GmbH sollen die Kosten reduziert werden. Dazu gehört die Schließung des Lagers für Zubehörprodukte in Rees. Zukünftig erfolgt die komplette Logistik über das Zentrallager in Ladbergen. Überdies sollen gezielte Monatsaktionen und ein überarbeiteter Onlineshop den Umsatz ankurbeln.
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