„Eure Landwirte – Echt grün“ des Landvolks Niedersachsen soll das Image der Landwirte aufpolieren. Einige Mitglieder sehen die Initiative echt kritisch. Jetzt gründeten die Macher einen Verein. Sie setzen auf Social Media, wollen Brücken zu Städtern bauen und kritische Mitglieder überzeugen. Interview mit Hendrik Lübben, Vorsitzender des Vereins „Eure Landwirte – echt grün e.V.“
„Eure Landwirte – Echt grün“ (ELEG) startete 2016 als Kampagne. Seit April 2022 ist es ein e.V. Wozu die Vereinsgründung?
Es geht darum, das Projekt dauerhaft anzulegen. Mit der Gründung schaffen wir eine Verbindlichkeit und Verlässlichkeit für alle Beteiligten. Die Initiative ist von drei auf jetzt 15 Mitgliedsverbände gewachsen. Es war Zeit, diesen Schritt zu gehen.
45 Millionen Kontakte jährlich
Reichweite: Nach eigenen Angaben vertritt ELEG 41 600 Landwirte in Niedersachsen und verbucht 45 Mio. Kontakte im Jahr. Als Kontakt zählt z.B., wenn jemand ein Werbeplakat sieht oder einen Radiospot hört. Bei 8 Mio. Einwohner in Niedersachsen macht das rund sechs Kontakte pro Einwohner. Der Fokus liegt auf der städtischen Bevölkerung.
Ziel: Langfristig will der Verein die Wahrnehmung und Wertschätzung der Landwirtschaft in Niedersachsen erhöhen und eine Akzeptanz und Verständigung zwischen Landwirten und Nicht-Landwirten schaffen.
Vorstand: Hendrik Lübben (Nordenham), Bernd Suilmann (Cloppenburg), Arnd von Hugo (Barsinghausen), Friedrich Brinkmann (Osnabrück) , Martin Albers (Celle).
Ausrichtung: Seit 20. April 2022 eingetragener Verein ohne Gemeinnützigkeit.
Homepage: https://eure-landwirte.de
Impressum: Kreislandvolkverband Cloppenburg e.V.
Sind auch Politiker, Vertreter aus Naturschutz und Handel dabei?
Nein, Mitglieder sind die Kreisverbände des Landvolks Niedersachsen.
Der Wolf und die 4%-Stilllegung von Ackerfläche sind brennende Themen. Warum macht ELEG keine Kampagnen?
Als Imageinitiative verfolgen wir das Ziel, die allgemeine Wahrnehmung der Landwirtschaft in der Bevölkerung zu stärken. Für die Interessenvertretung sind der Landvolk-Landesverband und die Kreisverbände zuständig. Wir geben konkrete Anfragen an sie weiter. Wir selbst haben uns der politischen Neutralität verschrieben.
Stichwort: Wahrnehmung verbessern – wo setzt der Verein an?
Wichtig ist ein möglichst authentisches Bild, was die Bedeutung der Landwirtschaft für unsere Gesellschaft sympathisch kommuniziert. Wir zeigen echte Landwirte und ihre Familien bei der Arbeit, um das Vertrauen in die Branche zu fördern. Die Branche an sich ist negativ behaftet. Der Landwirt als Einzelperson hingegen nicht. Er hat einen vertrauensbehafteten Beruf. Mit Themen wie Nachhaltigkeit, Tierwohl und sozialer Verantwortung, die der einzelne Landwirt repräsentiert, wollen wir das Image der Branche verbessern.
Oft wird der Agrarbranche vorgeworfen, Öffentlichkeitsarbeit aus der eigenen Blase heraus zu betreiben. Macht ELEG auch nur „Bauernwerbung für Bauern“?
Wir setzen genau außerhalb der „Blase“ an. Unser Fokus liegt auf der städtischen Bevölkerung. Durch den strategischen Einsatz von Werbemitteln gelingt es uns, zielgruppengenau zu kommunizieren und die Kampagnen nach demografischen sowie interessenbezogenen Kriterien durchzuführen. So sehen genau die richtigen Nutzer genau die richtigen Inhalte genau zur richtigen Zeit. Dadurch kommen auch „Nicht-Landwirte“ in Kontakt mit der Initiative ELEG.
Woher wissen Sie, welchen Themen Städter interessieren?
Wir arbeiten mit einer Agentur in Hannover zusammen. Das Team weiß sehr gut, wie die städtische Bevölkerung tickt. Die Themensuche basiert auf theoretischen sowie praktischen Konzepten und Modellen sowie Marktanalysen und Verhaltenspsychologie. Die Agentur schlägt uns passende Themen vor, die wir annehmen oder verwerfen.
Ein Beispiel?
Das TikTok Video „Schafe schubsen“, in dem es darum geht auf dem Rücken festliegende Schafe zu drehen, damit sie wieder auf die Beine kommen, hat insbesondere in der jungen, städtischen Zielgruppe rund 166 000 Aufrufe sowie rund 15 600 Likes erzielt.
Kreative Köpfe müssen auch bezahlt werden. Wie finanziert sich der Verein? Gibt es Förderer?
Um unabhängig in der Kommunikation zu sein, legen wir hohen Wert darauf, dass ausschließlich die Landvolkkreisverbände und ihre Landwirte als Mitglieder uns finanzieren. Die Kreisverbände führen Beiträge gemäß ihrer eigenen Mitgliedsstärke an ELEG ab. Allgemein ist es ein Hektarbeitrag (1 bis 2 €/ha), bei manchen ein Betrag pro Kopf, wieder andere zahlen eine Summe aus ihrem Budget für Öffentlichkeitsarbeit. Insgesamt betragen die Einnahmen rund 890 000 € pro Jahr. Staatliche Zuschüsse gibt es bisher keine.
Vor allem in Großstädten, etwa in Osnabrück und Hannover aber auch in Berlin leuchtet ELEG-Werbung und stehen Plakataufsteller. Ein zahlender Landwirt fragt sich, was ihm die Kampagne dort nützt, wenn er ganz woanders wohnt.
Die Initiative versucht, das ganze Kampagnengebiet abzudecken. Einzelne Regionen wurden bisher nicht bevorzugt und werden es auch nicht. Als regionale Kampagne in ganz Niedersachsen sehen wir uns gut aufgestellt. Je mehr Landwirte mitmachen, umso größer ist unser Budget und umso mehr Menschen können wir erreichen. Da ist jeder gefragt.
Bloss scheinen nicht alle Landwirte hinter ELEG zu stehen, geschweige denn zu kennen: Nur 15 von 34 Kreislandvolkverbänden sind dabei. Klemmt die Kommunikation nach Innen?
Um die Kampagnenarbeit auch nach Innen zu stärken, planen wir für den 6. Juli 2022 eine digitale Informationsveranstaltung, zu der alle Mitglieder eingeladen sind.
Und wer keine Zeit hat?
Eine Kontaktaufnahme ist jederzeit direkt über das Kampagnenbüro möglich. Vor Ort sind die teilnehmenden Kreisverbände als Ansprechpartner in den Geschäftsstellen stets verfügbar. Diese informieren ihre Mitglieder über eigene Newsletter, Mitgliedermagazine und die Landvolkapp über laufende Maßnahmen und News aus der Kampagnenarbeit.
Was hat ein Landwirt davon, zahlendes Mitglied bei ELEG zu sein, zumal es bundesweit zahlreiche berufsständische Initiativen gibt, die professionell Öffentlichkeitsarbeit für Landwirte betreiben, z.B. Mag doch jeder, Bauernverbände, Forum Moderne Landwirtschaft?
Die Initiative wird sich gemäß ihres Auftrages der Mitglieder für eine Verbesserung des Image der Landwirtschaft einsetzen. Insbesondere in den sozialen Medien wollen wir mit unserer unabhängigen und regelmäßigen Präsenz eine hohe Wahrnehmung unserer Beiträge erreichen und das große Potenzial dieser Kanäle nutzen. Gleichzeitig werden wir das große Netzwerk unserer Mitglieder nutzen, um unsere Botschaften auch in allen Regionen Niedersachsens und direkt im Umfeld des einzelnen Landwirts zu platzieren und damit dessen Arbeit zu unterstützen.
Wo steht ELEG in fünf Jahren?
Ziel ist es, in fünf Jahren einen großen Teil der Kreisverbände in Niedersachsen für die gebündelte Imagearbeit zu gewinnen und ein starkes Sprachrohr der Branche an die Verbraucher zu sein. Die Initiative erfährt mit kreativem Output regelmäßig die Aufmerksamkeit der Bevölkerung.
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