Außerlandwirtschaftliche Investoren setzen auf Ackerland und sie kaufen mit Kalkül. Sie wittern dicke Renditen. Landwirte haben zwar ein Vorkaufsrecht auf landwirtschaftliche Flächen, aber Schlupflöcher öffnen agrarfremden Käufern Tür und Tor. Gehört Bauernland nicht in Bauernhand?
Per Ebay zum Acker
"Wir kaufen Ihr Land – Sie möchten Ihre land- oder forstwirtschaftlichen Flächen verkaufen? Wir investieren in Land und Forst und sind interessiert! Wir bieten Ihnen: - die Möglichkeit der Rückpacht mit langfristigen und ortsüblichen Pachtverträgen, - Diskrete und sorgfältige Bearbeitung, -Marktegerechte Einschätzung des Wertes Ihrer Flächen.“ – mit diesem Inserat auf der Plattform Ebay sucht die Wachholzer Land- und Forstwirtschaft GmbH & Co.KG aus der niedersächsischen Gemeinde Beverstedt bei Bremen landwirtschaftliche Flächen zum Ankauf.
Die Gesellschaft gehört der B.H. Holding GmbH. Geschäftsführer ist Benjamin Heinig (35). Sein Vater, Jost-Stefan Heinig (60), ist Gründer des Textildiscounters kik und Eigentümer des Non-Food-Discounters Tedi (Umsatz 2019: 1,6 Mrd. €), zudem gehören der Familie Anteile von Woolworth. Das Geschäft mit dem Billigramsch hat sie reich gemacht. Das geschätzte Vermögen beträgt 600 Mio. €.
Ackerland als Renditeobjekt
Im Umfeld von Strafzinsen, lockerer Zentralbankpolitik, billigem Geld und Inflation suchen Investoren, Vermögensverwalter und Fondsgesellschafter Möglichkeiten, ihr Geld bzw. das Geld ihrer Kunden langfristig gewinnbringend und inflationssicher anzulegen, etwa in Sachanlagen. „Doch sind beispielsweise Aktien, Edelmetalle wie Gold und auch Immobilien im Preis bereits kräftig gestiegen“, erklärt Prof. Dr. Hartmut Walz, Verhaltensökonom und Entscheidungsexperte mit Schwerpunkt Finanzen, und folgert „kein Wunder, dass clevere Profis nun verstärkt auch Ackerland ins Visier nehmen“. Weltweit ist die Landwirtschaft auf Wachstum. Gerade dies spricht für Investments in den Agrarsektor.
Amazon, Tesla, Brillen, billige Klamotten
Was in Amerika Jeff Bezos (Amazon-Gründer), Elon Musk (Gründer u. a. von Tesla und SpaceX) und Bill Gates (Microsoft-Gründer) tun, machen in Deutschland u. a. die JLW Holding AG, eine familiengeführte Unternehmensgruppe aus der Nähe von Hamburg mit den Geschäftsfeldern Landwirtschaft, Immobilien und Seniorenpflege, die Mannheimer Südzucker AG, die Rethmann-Gruppe aus Selm (Entsorgungsriese Remondis), aber auch private Investoren wie Rechtsanwälte und Großbauern aus dem Gebiet Vechta/Oldenburg, die Betriebe und Flächen vorzugsweise im Osten Deutschlands aufkaufen.
Und nicht nur dort nehmen Großinvestoren Ackerflächen ins Visier. In Schleswig-Holstein ist es u. a. Fielmann, in NRW sind es beispielsweise ein Abfallunternehmen aus dem Märkischen Kreis, ein Metallfabrikant aus dem Altkreis Beckum, ein Nutzfahrzeugbauer aus dem Münsterland und in Nordwestniedersachsen ist es die B.H. Holding. Sie kauft seit 2017 massiv Flächen in der Gemeinde Beverstedt im Kreis Cuxhaven auf. Die Holding soll dort bereits mehr als 1000 ha und mehrere Eigenjagden besitzen.
„Heinig kauft alles. Wiesen, Wald, Ackerland. Aber er macht die Geschäfte nicht selbst, sondern seine Strohmänner. Wenn die wissen, dass Pachtverträge auslaufen oder ein Hof abgegeben oder versteigert wird, warten sie, bis die Bauern sich geeinigt haben. Dann sagt Heinig seinen Preis und bekommt das Land, weil von uns keiner mithalten kann.“ So beschreibt ein ehemaliger Landwirt aus einem Nachbarort von Beverstedt seine Erfahrungen. Der Altenteiler wurde direkt von der Wachholzer Land- und Forstwirtschaft GmbH & Co. KG angeschrieben, hat aber nicht, wie andere Berufskollegen, an die B.H. Holding verkauft.
Unfairer Preispoker
Landwirte haben laut Grundstückverkehrsgesetz ein Vorkaufsrecht auf Äcker und Flächen.
Vorkaufsrecht für Landwirte: Das Grundstückverkehrsgesetz (GrdstVG) hat den Zweck, den Fortbestand land- und forstwirtschaftlicher Betriebe und damit die Ernährungsvorsorge der Bevölkerung zu sichern und eine Ungleichverteilung von Grund und Boden zu verhindern. Landwirtsfremde Kreise sind vom spekulativen Streben nach Sachwerten abzuhalten. Werden Flächen veräußert, haben Landwirte ein Vorkaufsrecht.
Dies greift in NRW und Niedersachsen bei Verkäufen ab 2 ha. Landwirte kommen allerdings nur zum Zuge, wenn sie mindestens den gleichen Preis für die Fläche bieten wie der ursprüngliche Käufer, und wenn sie deutlich machen, dass sie aufstockungswillig und -fähig sind und daher die Flächen für den Betrieb benötigen.
Sollen ein landwirtschaftlicher Betrieb oder Flächen verkauft werden, läuft ein besonderes Genehmigungsverfahren ab, bei dem Landwirtschaftsbehörden und Landwirtschaftsgerichte dem Kauf zustimmen müssen.
Neben dem Bundesrecht gelten landesrechtliche Ausführungen.
NRW: Ausführungsgesetz zum Grundstückverkehrsgesetz,
Niedersachsen: Niedersächsisches Ausführungsgesetz zum Grundstückverkehrsgesetz,
Hessen: Gesetz über die Genehmigungsfreiheit im Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken.
Buchtipp: Düsing / Martinez, Agrarrecht, C.H.BECK, 2. Auflage 2022, XXXIII, ISBN 978-3-406-76323-6, 2548 Seiten, 279 €.
Aber wenn ein millionenschwerer Investor beim Preispoker am Tisch sitzt, ist die Verhandlung bei den heutigen Erzeugerpreisen und Produktionskosten kein Kampf auf Augenhöhe. Am Ende zieht der Bauer oft den Kürzeren. Das Land geht an den, der das meiste zahlt.
Investor ohne den Status Landwirt
Dass Großinvestoren, Vermögensverwalter und Fondsgesellschaften keinen Stallgeruch tragen und nicht als Person selbst im Stall oder auf dem Acker arbeiten, scheint ein Grund, aber kein echtes Hindernis für Investitionen in Agrarflächen zu sein. Der Kauf klappt – auch ohne den Status Landwirt.
Wer ist ein Landwirt?: Mit zwölf Schafen, sieben Rindern, drei Schweinen und fünf Hühnern für die Fleischvermarktung ist es nicht getan, um von Eigenbewirtschaftung von Flächen zu sprechen und sich Landwirt nennen zu dürfen.
Landwirt ist nach § 1 Abs. 2,4 des Gesetzes über die Altershilfe für Landwirte (ALG), wer als landwirtschaftlicher Unternehmer seine berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt, die auf die Bewirtschaftung eines landwirtschaftlichen Betriebes ausgerichtet ist, der eine bestimmte Mindestgröße (8 ha, einschl. Grünland ohne Hof- und Gebäudeflächen, ohne Hausgarten) hat und zudem die Existenzgrundlage des Landwirts bildet. Auch eine GmbH, wenn sie in diesem Sinne Landwirtschaft betreibt, ist anerkannt. Hieraus folgt aber auch, dass allein das Eigentum an landwirtschaftlichen Flächen oder die Anmeldung eines landwirtschaftlichen Betriebes noch keinen Landwirt machen (BGH, BLw 32/05).
Share Deals öffnen Tür und Tor
Das Schlupfloch ins Ackerland-Rendite-Eldorado heißt Share Deals (zu Deutsch: Anteilskauf).
Share Deals: Bei einem Share Deal kauft der Investor (Käufer) Kapitalanteile (Shares) an dem Agrarunternehmen, das die Rechtsform einer juristischen Person (z. B. Genossenschaft, GmbH, Aktiengesellschaft) hat, und in deren Eigentum die Flächen sind. Beim Share Deal spart der Käufer die Grunderwerbsteuer (6,5 % des Kaufpreises in NRW, 5 % in Niedersachsen), weil er de facto kein Land, sondern Anteile an der Gesellschaft, der das Land gehört, kauft. Nach bisheriger Rechtslage konnte der Käufer maximal 94,9 % der neuen Gesellschaft grunderwerbsteuerfrei erwerben. Die restlichen Anteile kann jemand anderes erwerben. Da hat der Gesetzgeber aber gegengesteuert, weil den Ländern damit Grunderwerbsteuereinnahmen flöten gehen. Seit dem 1. Juli 2021 gilt eine Beteiligungsgrenze von 89,9 % und eine Sperrfrist von zehn Jahren.
Und wer hat, dem wird gegeben, und zwar aus Brüssel als Flächenprämie, die eigentlich den Zweck hat, das Einkommen der Betriebe zu stabilisieren. Außerlandwirtschaftliche Investoren sind seit Jahren ein Riesenproblem für die bäuerliche Landwirtschaft. Die Bodenpreise steigen und damit die Pachtpreise. Zum Beispiel kostete 1 ha landwirtschaftliche Fläche in NRW im Jahr 2019 rund 53 950 €, in Niedersachsen 38 180 € – 240 % mehr als 2006.
Folgen außerlandwirtschaftlicher Investoren
Junglandwirte und kleinere Familienbetriebe können da kaum noch mithalten, sagt Dipl.-Agraringenieur Andreas Tietz vom Institut für Lebensverhältnisse in ländlichen Räumen am Johann Heinrich von Thünen-Institut. Seit einigen Jahren erforscht der Wissenschaftler, was in einer Region passiert, wenn immer mehr landwirtschaftliche Kapitalgesellschaften in der Hand nicht-landwirtschaftlicher und überregional ausgerichteter Investoren sind. Pauschale Schwarz-Weiß-Aussagen ließen sich allerdings nicht machen, betont Tietz.
Zum Beispiel ist es in den tierhaltungsstarken Landkreisen Borken und Emsland nicht relevant für den Bodenmarkt, wenn ein nicht-landwirtschaftlicher Investor eine landwirtschaftliche GmbH & Co. KG aufkauft. In Ostdeutschland gibt es Fälle, in denen Investoren als potenzielle Käufer vor Ort auf offene Türen stoßen, weil die Betriebe so viel eigenes Land haben, dass ein Berufskollege eben nicht den ganzen Vermögenswert übernehmen kann. Dann gibt es die Investoren, denen die Zukunft des Betriebes nicht egal ist. Wiederum andere sehen nur die Kapitalanlage. Und ja, wer als Großgrundbesitzer auftritt, hat eine Stimme in der Gemeindeverwaltung, im Jagd-, Wasser- und Bodenverband und kann das politische Geschehen vor Ort beeinflussen, oder mitreden, wenn die Gemeinde Baupläne ausrollt.
Unternehmerische Entscheidung
„Für die Dörfer ist das schlecht, wenn die Investoren kommen und die kleinen Betriebe verschwinden“, sagt der Altbauer aus dem Nachbarort. Der Strukturwandel spielt in der Region, wo hauptsächlich Milch erzeugt wird, den Großinvestoren in die Hände. In den vergangenen zehn Jahren gaben im Großraum Bremerhaven östlich der Weser mehr als 200 Betriebe auf. „Das sind hauptsächlich solche Betriebe, die kein außerlandwirtschaftliches Einkommen durch Windkraftanlagen, Sandkuhlen oder Biogasanlagen erzielen und nur von der Urproduktion – Milch – leben“, berichtet Uwe Krüger, Geschäftsführer, Maschinenring Wesermünde-Osterholz.
Es sind aber auch die Betriebe, wo der potenzielle Hofnachfolger bei Airbus oder im Hafen mehr Geld verdient als auf dem eigenen Betrieb. Doch nicht nur rote Zahlen und die Bremer Arbeitgeber müssen der Verkaufsgrund sein. Es kann auch eine unternehmerische Entscheidung sein, Land oder Stall zu verpachten oder zu verkaufen, obwohl es dem Betrieb aktuell noch gut geht. „Wenn sich das Weitermachen wie bisher für mich nicht mehr lohnt, darf das nicht verteufelt werden“, findet ein Landwirt, der auch aus Norddeutschland kommt. Er möchte anonym bleiben. „Nicht jeder will mit den aktuellen Marktunsicherheiten und der ungewissen politischen Entwicklung kalkulieren.“ Eine Lösung kann sein, Ställe an Großlandwirte oder Unternehmen zu verpachten und für Lohn dort zu arbeiten.
Die Gerüchteküche brodelt
Letztlich muss jeder seinen Weg finden. Ein Stück weit verstehe auch der Altbauer jeden, der so denkt, „aber das hängt keiner an die große Glocke“. Gerade weil das Thema Verkauf topsecret ist, brodelt die Gerüchteküche über die Ortsgrenzen hinweg und man fragt sich: Warum kauft die B.H. Holding aus NRW in dieser Region? Einerseits ist Land, je nach Güte für 80 Cent bis 4 €/m2, zu haben, und weitaus günstiger als beispielsweise in NRW (2019: 100 000 €/ha in Borken, 2020: NRW-weit durchschnittlich 59 470 €/ha).
Andererseits, so erzählt ein aktiver Beverstedter Landwirt, hat Heinig mit dem Erwerb eines etwa 10 ha großen Landsitzes klein angefangen und sein Gebiet dann mit einem Mix aus jagdlicher Passion und kapitalgesteuerten Interessen erweitert.
Ruf ist umstritten
Der Ruf des außerlandwirtschaftlichen Investors ist in der Region umstritten. Die einen sagen, Heinig sei Monopolist, er spiele seine Macht als Bodeneigentümer und Verpächter aus und setze die Bauern unter Druck. Es heißt, er mache seine eigenen Gesetze und Pachtverträge inkl. Preisdynamik. Letzteres sagen manche Bauern auch der Niedersächsischen Landgesellschaft nach. Die Rede ist von 3 bis 5 % pro Jahr (quasi als Inflationsausgleich).
Die NLG: Die Niedersächsische Landgesellschaft mbH ist ein gemeinnütziges Siedlungsunternehmen, das u. a. die Agrarstruktur verbessern soll. Die NLG kann Flächen – auch auf Vorrat – kaufen, verkaufen und verpachten und für Landwirte das Vorkaufsrecht ausüben. In dem Fall muss der Landwirt zweimal die Grundsteuer bezahlen. Inklusive Gebühren wird die Fläche schnell um bis zu 20 % teurer. Kritiker sagen der NLG, die Mitglied in Verkehrsausschüssen ist, die Beschaffung von Ausgleichsflächen für den Naturschutz nach. Im Jahr 2020 betrug der Gewinn 8,3 Mio. €. In NRW übte bisher das gemeinnützige Siedlungsunternehmen NRW.URBAN GmbH & Co. KG, beauftragt von öffentlicher Hand, das Vorkaufsrecht für Landwirte aus. Derzeit wird beraten, ob in NRW eine Landesentwicklungsgesellschaft wie in Niedersachsen entstehen soll.
Vertragsfreiheit und freie Marktwirtschaft
Die anderen sagen, es gibt Vertragsfreiheit und die freie Marktwirtschaft. „Wenn Heinig mehr bietet, bietet er eben mehr“, sagt ein junger, ehemaliger Beverstedter, der den Hof der Großeltern im Dorf erbte. Jetzt wohnt er weit weg und wollte die Flächen „versilbern statt sie zu verpachten“. Da er selbst keinen Bezug zur Landwirtschaft mehr habe, habe er nicht hinterfragt, ob es ein Landwirt oder ein außerlandwirtschaftlicher Investor ist, der ihm die Flächen bezahlt. Hauptsache das Geld stimmt.
Landwirt beim OLG in Celle gegen Investor
Doch wer hat das Recht, Ackerland zu kaufen, Landwirte oder Investoren? Gehört Bauernland nicht in Bauernhand? Das klärte eine Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Celle im Februar dieses Jahres. Schauplatz des Streits: Beverstedt. Die Beteiligten: der Landwirt Michael Dreyer bzw. die NLG und die Wachholzer Land- und Forstwirtschaft GmbH, eine Gesellschaft der B.H. Holding (Anm: Der Betriebszweck einer Holding-Gesellschaft besteht darin, Kapitalbeteiligungen an anderen Unternehmen zu halten.).
Es ging um 40 ha Ackerland, das die Landwirtsfamilie Dreyer gepachtet hatte und die Holding erwerben wollte. Der Grundstücksverkehrsausschuss des Landkreises versagte der Holding Ende 2019 den Kauf. Die aber akzeptierte das „Nein“ nicht und klagte 2020 beim zuständigen Landwirtschaftsgericht auf ihr Vorkaufsrecht. Erfolglos. Das Urteil zum Grundstücksverkauf akzeptierte der Geschäftsführer der B. H. Holding, Benjamin Heinig, auch nicht und zog im dritten Ansatz nach Celle.
Landwirt investiert in Zukunft
Die Landwirtsfamilie Dreyer bewirtschaftet in Heerstedt, einem Ortsteil von Beverstedt, einen Betrieb mit etwa 500 Milchkühen und rund 350 ha Acker- und Grünland, die Hälfte als Pachtland. 2019 baute sie einen neuen Stall mit neuster Robotermelktechnik und nach aktuellen Vorgaben zum Tierwohl. Die besagten Flächen liegen 250 m vor der Haustür. Die Familie hat sie seit den 1970er-Jahren gepachtet, und teils urbar gemacht. Der Pachtvertrag sollte im Jahr 2023 auslaufen.
Beim Verkauf der Flächen war der Kik-Erbe dem seinerzeit unwissenden Pächter zuvorgekommen. Nach einer Verkehrsausschusssitzung des Landkreises Cuxhaven trat die NLG an Dreyer heran. Diese prüft bei Grundstücksverkäufen, ob es einen vorkaufsberechtigten Landwirt gibt. Für Dreyer sind die 40 ha existenziell: „Wenn wir die verloren hätten, hätte das einen Abbau von 100 Kühen bedeutet.“
Nach der Stallinvestition wären die Tilgungen nicht mehr zu leisten. Der Betrieb wäre bis zur Unwirtschaftlichkeit geschrumpft. Die Sorge ist nun weg. „Die NLG hat das Verfahren für uns geführt und das OLG hat zugunsten der NLG entschieden“, sagt Dreyer erleichtert.
Holding ist kein privilegierter Landwirt
Begründet wurde die Entscheidung damit, dass die Holding und ihr Geschäftsführer zum Zeitpunkt des Kaufes (2019) keine privilegierten Landwirte sind. Anders als Dreyer, der den ganzen Tag für seinen Betrieb tätig ist, konnte Heinig das für sich nicht nachweisen. Ein OLG-Sprecher kommentiert: „Für den Status Landwirt hat das Urteil eine hohe Bedeutung. Bundesweit dürfen sich Richter daran orientieren.“ Eine Revision ist nicht zugelassen. Die NLG kann nun in den ursprünglichen Kaufvertrag einsteigen und die Flächen zu einer Gesamtgröße von 84 ha, davon 43 ha Forst, an Dreyer verkaufen. Der Kaufpreis inklusive Nebenkosten liegt im Millionenbereich. „Klar stehen wir unter wirtschaftlichem Druck. Aber ich arbeite lieber mit einer zuverlässigen Bank zusammen, als von einem Investor abhängig zu sein“, kommentiert Dreyer.
In der Region erhält die Familie viel Zuspruch. „Es ist erfreulich, dass der Prozess so ausgegangen ist“, sagt Jan Heusmann, Vorsitzender des Landvolkverbandes Wesermünde, der um das Problem außerlandwirtschaftlicher Investoren in der Region weiß und seinen Berufskollegen für den Mut schätzt, das Risiko eines Gerichtsverfahrens auf sich genommen zu haben. „Unser Grundstücksverkehrsgesetz kann nicht in jedem Fall helfen, aber in so eindeutig gelagerten Fällen schon“, ergänzt Heusmann.
Der Altlandwirt aus dem Nachbarort ist wenig optimistisch. Er glaubt, dass die B.H. Holding ihre Konsequenzen zieht und ihr das kein zweites Mal passiert. Mehrere berufsständische Vertreter berichten, dass die B.H. Holding den ehemaligen Milchviehbetrieb des früheren Präsidenten der Landwirtschaftskammer in Niedersachsen gekauft hat. Heinig plane, den Betrieb in Bewirtschaftung zu nehmen, um den Status „Landwirt“ zu erhalten. Ein Mitarbeiter, der von einem Landwirtschaftsbetrieb aus der Gegend kommen soll, sei bereits eingestellt. Legt Heinig noch einen Betriebsplan vor, wird es für die Behörden schwierig, dem Investor die Landkäufe zu untersagen. Die B.H. Holding äußerte sich nicht zu unseren Fragen.
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