Kontrovers: Stimmen der Leser

Zur Landvolk-Fahne: „Im Wind wehendes Symbol“

Über die „Landvolk-Fahne“ wird auf den digitalen Kanälen des Wochenblattes kontrovers diskutiert – hier einige der Stimmen


Untätiger Bauernverband: „Unschlüssiges Lavieren“

Die „Schwarze Fahne“ in Theorie und Praxis: Theoretisch hat der Deutsche Bauernverband (DBV) recht, wenn er mäßigend auf Landwirte einwirkt und daher diese erklärungsbedürftige Fahne ablehnt. Praktisch aber ist das Erstarken der Fahne eine direkte Konsequenz der Untätigkeit des DBV.
Wer motiviert ist, eine mehrtägige Trecker-­Demo-Tour zu unternehmen, braucht ein emotionales und tatsächlich „im Wind wehendes“ Symbol – ­eine Fahne eben. Dieses Defizit vom DBV ist Brachland. So begann der Siegeszug der Landvolk-Fahne von Norddeutschland, wo sie Teil der agrarhis­torischen Realität ist, zu Regionen, die sich nicht auf ihre Tradition mit dieser Symbolik berufen können.
Als ich mit dem Trecker 2019 nach ­Berlin fuhr, fragte ich bei meiner Kreisgeschäftsstelle nach einer WLV-Fahne. Die gibt es nicht; ich ließ mir extra eine nähen.
Wer sich gestört fühlen will (!), der kann das auch an lauten Pressluftfanfaren und blinkenden Lichtern.
Von meinem Credo, die Mitgliedschaft im Bauernverband solle Stolz und Freude bewirken, ist der DBV meilenweit entfernt.
Einfach die Dominanz der schwarzen Fahne entschärfen: Lieber DBV, mobilisiere deine Mitglieder, statte sie mit Westen, Mützen und Transparenten wie die Gewerkschaften aus und rufe sie zu Demonstrationen auf!
In einem bunten Fahnenmeer der Landesbauernverbände würden Pflug und Schwert nicht ins Gewicht fallen. Bei der Münsteraner „Nitrat“-Kundgebung 2019 störten sie nicht.
Beteilige die Mitglieder, habe keine Angst vor ihnen. Die sind nämlich schon erwachsen und selbstständig! Beende Hinterzimmer-Runden und lebe Transparenz. Dann können die Feinde der Landwirtschaft nicht mehr mit dem „Fahnen-Argument“ Schein-Erfolge einfahren, und manch ein Akteur kann sein unschlüssiges Lavieren nicht hinter Radikalitäts­vorwürfen verstecken.

Joachim Pehle
59597 Erwitte


Die Taktik der neuen Rechten: „Jeder Demokrat muss sich wehren“

Ich bin dem Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben sehr dankbar, dass diese kontrovers diskutierten schwarzen Fahnen thematisiert werden. Ich stimme dabei der Einschätzung von Dirk Fisser voll zu.
Die Symbole der schwarzen Land­volk-Fahne sind voll anschlussfähig für Verschwörungs­theoretiker außerhalb der landwirtschaftlichen Kommuni­kationsblase.
Die Taktik der Neuen Rechten, der Reichsbürger und Querdenker scheint aufzugehen. Sie wollen die Demokratie schwächen und verwenden dazu auch in ihren Kampagnen Symbole und Flaggen, die nicht verboten sind, aber einen Bezug zum antisemitischen und nationalen Gedankengut aus dunkler Vorzeit herstellen.
Neuerdings werden auch die schwarzen Fahnen in diesen Kreisen verwendet. Das Schwert-Pflug-Symbol passt offensichtlich wunderbar in die Blut-und-Boden-Ideologie. Jeder Demokrat muss sich dagegen wehren. Deshalb ­appelliere ich an meine Kollegen: Lasst die Fahne bitte zu Hause!

Bernhard Barkmann
49832 Messingen


„Schwert und Pflug stehen für Blut-und-Boden-Ideologie“

Das abgebildete rote Schwert und der Pflug sind Symbole der „Blut-und-Boden-Ideologie“ des Nationalsozialismus. Es ist ein großer Irrtum zu glauben, man könnte dieses Symbol leicht außer Kraft setzen oder ihm eine neue Bedeutung zuschreiben durch die Absichtserklärung einiger weniger. Hinter der Blut-und-Boden-Ideologie stehen Rassismus und Antisemitismus. Und diese Bedeutung wird sich nie ändern. Wir dürfen nie vergessen, was passiert ist!
Die Landfrauen im Kreis Minden-Lübbecke stehen ein für Toleranz und Demokratie. Demokratie entsteht dort, wo gewählt wird. Wo Meinungen und Argumente diskutiert und hinterfragt werden. Wo ein Konsens errungen wird. Demokratie ist nicht, wenn Meinungen derjenigen, die am lautesten schreien, in den Vordergrund gerückt werden. Demokratie ist, wenn Gremien und ihre Vertreter gewählt werden, wenn es eine Satzung gibt, die durch eine Vereinbarung entstanden ist und von allen mitgetragen wird. Diese Form der Demokratie wird heute in vielen kleinen Vereinen gelebt – Demokratie, die von unten entsteht und bis nach oben reicht. Das ist die Form von Demokratie, für die wir stehen.

Eva Rahe und der Vorstand des
Kreislandfrauenverbandes
Minden-Lübbecke


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