Finanzpolitik

Welche Folgen hat die Nullzinspolitik?

Ach du Schreck: Der Zins ist weg. Die Europäische Zentralbank hält den ­Leitzins weiter im Minus - mit Folgen. Unser Finanzexperte Prof. Dr. Hartmut Walz verrät, wer sich freuen kann und wer nicht.

Es war einmal, da gab es auf Fest- und Tagesgeldkonten und sogar Sparbüchern noch Zinsen, richtige Zinsen. Doch jetzt: Null- und Negativzinsen wohin man blickt. Den Begriff Zinsen kennt man fast nur noch im Zusammenhang mit Straf-, Negativ- oder Minus-Zinsen. Und nun kommt auch noch Corona obendrauf. Wie wirkt sich Corona auf die Wirtschaft und ihre persönlichen Planungen von Geldanlage und Vorsorge aus in einer Zukunft ohne Zinsen? Prof. Hartmut Walz, unabhängiger Finanzexperte, analysiert die Lage.

Hier finden Sie Analysen, Einschätzungen und Tipps wie Sie Ihre Finanzen auch in Zeiten von Null- und Negativzinsen fest im Griff behalten.

Die Welt der Nullzinsen bleibt

Betrachtet man das große Ganze, wird erkennbar, dass Corona nur ein weiterer Faktor war, der eine bereits bestehende Entwicklung verstärkt hat. Die Zinsen in der ­Eurozone – wie auch den meisten anderen Währungen weltweit – sind seit der Jahrtausendwende im Sinkflug. Bereits vor dem Auftauchen des Virus wurde immer deutlicher, dass die Nullzinswelt kein kurzfristiges Phänomen sein wird: Die meisten Beobachter und Experten schätzen, dass Nullzinsen oder sogar negative Zinssätze über etliche Jahre – wahrscheinlich sogar mehrere Jahrzehnte hinweg – Realität bleiben.

Dieser Zustand war noch nie da und ist daher völlig unbekannt. Wahrscheinlich wird er zu einer neuen Normalität werden.Eine Zukunft ohne Zinsen erscheint beängstigend, weil es keine Erfahrungen und Spielregeln für den persönlichen Umgang mit einer Nullzinswelt gibt. Diese Unerfahrenheit birgt hohe Risiken und hat Folgen.

Die Folgen der Nullzinspolitik

Direkte Folgen – der Nullzinswelt beziehen sich auf Geldvermögen, insbesondere die für Private erzielbaren Anlagezinsen sowie zu zahlende Schuldzinsen. Indirekte Folgen – sind vielfältig. Sie lassen sich in zwei Bereiche aufteilen. Erstens auf Auswirkungen auf unterschiedliche Sachanlagen wie Immobilien, Aktien, Gold und Rohstoffe. Zweitens auf die Überlebensfähigkeit von Institutionen der Finanzindustrie wie Banken, Versicherer, Bausparkassen.

Folgen für Geldanlagen

  • Beim „Euro“ wie auch bei an­deren Weltwährungen wie dem US-Dollar und dem Yen gibt es ­keine Zinsanlagen ohne Risiko. Spar-, Termin- und Festgeld­anlagen bieten kaum Zinsen.
  • Risikoarme Bundesanleihen rentieren durchgängig mit Negativrenditen zwischen minus 0,3 und fast minus 1 % pro Jahr.
  • Nur bei gut gesicherten Krediten profitieren Private zunächst von der Nullzinswelt. Zehnjährige Immobilienkredite sind beispielsweise derzeit für Effektivzinssätze unter 0,7 % erhältlich, selbst bei einer Zinsbindung von 20 Jahren sind Konditionen von...


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