Die neue Düngeverordnung 2020 ist am 1. Mai in Kraft getreten. Die verschärften Düngeregeln in den belasteten Gebieten gelten aber erst ab dem 1. Januar 2021. Bis dahin müssen die Bundesländer die besonders mit Nitrat oder Phosphat belasteten Gebiete neu ausweisen. Eine Verwaltungsvorschrift soll das bundesweit einheitlich regeln. Einen Entwurf hat das Bundeslandwirtschaftsministerium an die Länder und Verbände übermittelt. Der Vorschlag ist in der Bundesregierung noch nicht abgestimmt. Deshalb sind noch Änderungen möglich. Wir stellen den Entwurf mit Stand vom 22. Juni kurz vor.
Was gilt für Nitrat-belastete Gebiete?
Das Verfahren, um die mit Nitrat belasteten Gebiete auszuweisen, gliedert sich in drei Schritte:
Erfassung: Zunächst erfasst die Landesregierung die Nitratimmissionen über die Grundwassermessstellen. Hierfür müssen die Bundesländer ein sogenanntes Ausweisungsmessnetz einrichten. Dieses umfasst insbesondere die Messstellen für die Wasserrahmenrichtlinie (WRRL-Messstellen). Gefordert ist mindestens eine Messstelle pro 50 km². Für Nordrhein-Westfalen reichen die bisher mehr als 1500 genutzten WRRL-Messstellen aus.
Zusätzlich schreibt die Verwaltungsvorschrift verschiedene Mindestanforderungen an die Messstellen vor, zum Beispiel Datenverfügbarkeit, Ausbauzustand oder Vorgaben für die Probenahme. Mit den Messstellen ermittelt die Landesregierung dann unbelastete und belastete Gebiete von Grundwasserkörpern. Im Unterschied zur bisherigen Ausweisungspraxis steht damit nicht mehr der chemische Zustand bezüglich Nitrat der Grundwasserkörper im Fokus, sondern die Nitratkonzentrationen an den Messstellen. Die Folge: Künftig sind auch einzelne Messstellen in einem „grünen“ Grundwasserkörpern entscheidend, die den Grenzwert von 50 mg Nitrat je Liter überschreiten oder eine Nitratkonzentration von mindestens 37,5 mg/l und einen steigenden Trend aufweisen.
Ausgehend von den Nitratkonzentrationen der Messstellen grenzt die Landesregierung belastete bzw. unbelastete Gebiete ab. Dabei zieht sie keinen pauschalen Radius um eine Messstelle. Die Zuordnung von Gebieten zu einer Messstelle kann beispielsweise über die Strömungsrichtung und -geschwindigkeit erfolgen, sogenannte hydrogeologische oder hydraulische Kriterien. Zudem können die Länder alternativ oder zusätzlich sogenannte Regionalisierungsverfahren anwenden. Dabei berechnen sie – stark vereinfacht dargestellt – für einen beliebigen Punkt in der Fläche über dessen räumliche Beziehungen zu Messstellen die Nitratkonzentration. Der Einfluss einer Messstelle nimmt dabei mit zunehmender Entfernung ab.
Modellierung: Im zweiten Schritt erfolgt eine Modellierung, um die Gefahr der Nitrataustragung für die im ersten Schritt selektierten Gebiete zu ermitteln. Das wendet NRW mit der Binnendifferenzierung in der Landesdüngeverordnung bereits an.
Dabei berechnet die Landesregierung unter Standortbedingungen (Klima, Boden, Relief sowie atmosphärische Deposition) und der Umsetzungsprozesse von Stickstoff im Boden für jeden Feldblock den maximal duldbaren Stickstoffüberschuss, der noch eine maximale Nitratkonzentration von 50 mg/l im Sickerwasser unterhalb der durchwurzelbaren Bodenzone sicherstellt.
Einstufung: Der dritte Schritt zur Ausweisung von Flächen mit hohem Risiko des Nitrataustrags unterscheidet sich aber vom Vorgehen in der Landesdüngeverordnung NRW. Diese gleicht zur Einstufung eines Feldblocks den in der Modellierung berechneten maximal duldbaren Stickstoffüberschuss mit einem pauschalen Wert von 60 kg N/ha ab. Der Entwurf zur Verwaltungsvorschrift sieht hingegen vor, dass die Länder auf regionaler Ebene (Gemeinden) einen Stickstoffüberschuss aus der Differenz zwischen der Zufuhr über Mineral- und Wirtschaftsdünger sowie Fixierung durch Leguminosen und der Abfuhr über die Ernte ermitteln. Dafür sollen vorrangig Daten aus amtlichen Statistiken über Pflanzenproduktion und Tierhaltung in die Berechnung des Stickstoffsaldos einfließen.
Ist der berechnete Stickstoffüberschuss größer als der für einen Feldblock duldbare Stickstoffüberschuss, gilt der Feldblock als mit Nitrat belastetes Gebiet. Damit würden für diesen Feldblock dann auch die schärferen Anforderungen wie beispielsweise Reduzierung des Stickstoffdüngebedarfs um 20 % gelten. Der Entwurf der Verwaltungsvorschrift schreibt den Ländern vor, die Gebietsausweisung mindestens alle vier Jahre zu überprüfen und dazu aktualisierte Daten zu verwenden.
Und Phosphat-belastete Gebiete?
Die Verwaltungsvorschrift regelt auch die Gebietsausweisung für Belastungen mit Phosphat. Dabei geht es um Oberflächengewässer bzw. deren Einzugsgebiete. Für die Ermittlung der Phosphatkulisse gilt ein mehrstufiges Verfahren.
- Zuerst muss die Landesregierung prüfen, ob die Oberflächengewässer die zulässigen Werte für den guten ökologischen Zustand gemäß der Oberflächengewässerverordnung überschreiten. Relevant für Fließgewässer ist die Konzentration von direkt pflanzenverfügbarem Phosphor, sogenanntes Orthophosphat-Phosphor.
- Überschreitet ein Gewässer den zulässigen Wert, müssen die Länder die sogenannten biologischen Qualitätskomponenten betrachten. Das ist der Bewuchs in den Gewässern, also Wasserpflanzen wie Makrophyten, Phytobenthos bzw. Phytoplankton. Auch für diese Prüfung ist die Oberflächengewässerverordnung maßgeblich. Wenn Fließgewässer und Seen nach den Vorgaben der Verordnung schlechter sind als die Zustandsklasse „gut“, muss die Landesregierung die Nährstoffeinträge prüfen.
- Die Düngeverordnung schreibt für die Gebietsausweisung vor, dass ein Nachweis über „signifikante“ Nährstoffeinträge verpflichtend ist, insbesondere Phosphat aus landwirtschaftlichen Quellen. Abgeleitet aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs liegt ein signifikanter Eintrag vor, wenn der Anteil der Phosphoreinträge aus der Landwirtschaft am Gesamteintrag größer als 20 % ist. Die Ermittlung der Phosphoreinträge aus den Quellen wie Kläranlagen, Direkteinleitung und Landwirtschaft erfolgt über Modellierung. Zu landwirtschaftlichen Quellen zählen Einträge aus Wassererosion, Abschwemmung von landwirtschaftlichen Flächen an Oberflächengewässern sowie Dränagen aus landwirtschaftlichen Flächen.
- Zusätzlich erfolgt noch eine Überprüfung der Phosphorfracht aus der Landwirtschaft: Überschreitet diese einen für die jeweilige Ökoregion festgelegten Wert, muss die Landesregierung von signifikanten Einträgen aus der Landwirtschaft ausgehen. Für Mittelgebirge gilt eine maximale Fracht von 20 kg Phosphor/km2 und Jahr, für das Tiefland liegt der Wert bei 5 kg/km2 und Jahr.
Erfüllen Oberflächengewässer alle oben stehenden Voraussetzungen, müssen die Länder ihre Einzugsgebiete als Gebiete mit Phosphateutrophierung ausweisen. Ausnahmen gelten unter anderem für Gebiete, bei denen nachweislich mehr als die Hälfte der Phosphoreinträge aus Punktquellen stammt.
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