Forstwirtschaft

Waldzustandsbericht NRW: Der Zustand ist kritisch

Der diesjährige Waldzustandsbericht NRW stellt dem Patienten Wald eine bedenkliche Diagnose: Es geht ihm besorgniserregend schlecht.

Die Waldzustandserhebung für Nordrhein-Westfalen liefert die schlechtesten Werte seit Beginn der Erhebung im Jahr 1984. 44 % aller Bäume zeigen deutliche Wuchsschäden an den Kronen. Das sind zwei Prozentpunkte mehr, als im Vorjahr. Absolut betrachtet ist die Fichte der Patient mit der schlechtesten Aussichten. Aber auch die Buche bereitet massive Sorgen. Denn inzwischen zeigen 55 % aller NRW-Buchen deutliche Kronenverlichtungen – mehr als jede andere Baumart im Land.

Ursache Klimawandel


Der aktuell vorgestellt Waldzustandsbericht für Nordrhein-Westfalen lässt keinen Zweifel an den Ursachen für den dramatisch schlechten Zustand des Waldes zwischen Rhein und Weser: „Hinter diesen Symptomen, die dem „Patienten Wald“ heute stark zu schaffen machen, lässt sich die eigentliche Krankheit jedoch klar erkennen: Es ist der durch den Menschen verursachte Klimawandel“, heißt es im Vorwort von Ministerin Heinen-Esser.
Bereits im dritten Jahr in Folge machen Hitze und ausbleibende Niederschläge dem Wald das Leben schwer. War 2018 das erste Jahr seit 1961 mit einer insgesamt negativen Wasserbilanz und 2019 das drittwärmste Jahr seit 1881 (nach 2018 und 2014), fielen 2020 in den für das Wachstum wichtigen Monaten April bis August lediglich 62 % der sonst üblichen Niederschlagsmengen.
Das Resultat: Der Wald in NRW weist den schlechtesten Kronenzustand seit Beginn der Erhebungen 1984 auf. Der Anteil der Bäume mit deutlicher Kronenverlichtung steigt auf 44 %, 33 % zeigen schwache Symptome und nur noch an 23 % sind keine Veränderungen sichtbar. Zum Vergleich: 1984 ergab die Einstufung 10 % mit deutlicher Verlichtung und 59 % ohne.

68.000 ha weniger Fichte

Die Häufung trockener Jahre macht besonders der Fichte zu schaffen. Als flach wurzelnde Baumart reagiert die Fichte schnell auf ausbleibende Niederschläge. Der gestresste Baum ist für den Borkenkäfer ein gefundenes Fressen. Inzwischen sterben die Fichten nicht nur im Flachland, sondern auch in den Höhenlagen gibt es zunehmend Verluste. Auch hier verdeutlichen Zahlen das Ausmaß am besten. Die Absterberate gibt gute Hinweise auf den Gesundheitszustand des Waldes. Der langjährige Mittelwert über alle Baumarten lag bis 2018 bei 0,21 %. Im laufenden Jahr erreichte sie für die Baumart Fichte mit 10,53 % den 50-fachen Wert. Insgesamt beziffern die Regionalforstämter die Kalamitätsfläche derzeit auf rund 68.000 ha oder 7,3 % der gesamten Waldfläche in NRW .

Buche macht große Sorgen


Die am stärksten geschädigte Baumart ist jedoch nicht die Fichte. Trauriger Spitzenreiter ist die Buche. Mehr als jeder zweiten Buche (55 %) in NRW werden deutliche Kronenschäden attestiert. Infolge der Trockenheit kommt es in Altbeständen und mittlerweile auch in mittelalten Beständen zum rasanten Absterben von Bäumen. Seit dem Sommer 2018 sind bis zum September 2020 fast 900.000 Festmeter Buchenschadholz angefallen.

Der Rückgang der Schäden an der Eiche von 57 auf 51 % dürfte dagegen nur eine Momentaufnahme sein. Denn der Wert zeigt über die Jahre einen wellenförmigen Verlauf. Dennoch ziehen die Verfasser des Zustandsberichtes den Schluss: „Insgesamt hat die Eiche die mittlerweile im dritten Jahr anhaltende Trockenheit bisher deutlich besser verkraftet als Buche und Fichte, was auf ihr tief reichendes Wurzelsystem zurückzuführen ist

Neu planzen, aber was?

Neuanpflanzung und Bestandspflege wird für die Waldbesitzer und den Landesbetrieb Wald und Holz die Aufgabe der kommenden Jahre und Jahrzehnte sein. Die Kernfrage dabei lautet: Welche Baumarten und Pflanzengesellschaften können sich unter den erwarteten Umweltverhältnissen gut entwickeln? Dazu nur eine Feststellung aus dem Zustandsbericht: Fast ein Viertel aller Waldflächen in NRW wären nach ersten Auswertungen der forstlichen Standortkarte als „mittel bis hoch dürreempfindlich“ bzw. „hoch dürreempfindlich“ einzustufen.

Mit dem aktuellen Wiederbewaldungskonzept will die Landesregierung den Waldbauern einen Rahmen setzen, an dem sich nicht zuletzt auch die Förderrichtlinien für Landesmittel orientieren. Es legt den Schwerpunkt auf standortgerechten Mischbeständen aus überwiegend heimischen Baumarten. Dabei ist die Kombination aus Naturverjüngung und gezielter Pflanzung möglich. Grundsätzliche Vorgabe ist die Kombination von vier Baumarten mit einem Mindestanteil von 10 % je Baumart an der Grundfläche des Bestandes.


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