Der Durchschnittssatz für pauschalierende Landwirte soll zum 1. Januar 2022 von derzeit 10,7 % auf 9,5 % abgesenkt werden. Die Bundesregierung will den Satz jedes Jahr aufs Neue prüfen und bei Bedarf zu ändern. Das sieht ein entsprechender Gesetzentwurf vor, den das Bundeskabinett vergangene Woche beschlossen hat. Für betroffene Landwirte ist es sinnvoll, viele Lieferungen noch dieses Jahr zu tätigen.
Gesetztentwurf beschlossen
Mittwoch vergangener Woche beschloss das Bundeskabinett den Gesetzentwurf zur Umsatzsteuerpauschalierung (‚Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben im Umsatzsteuerrecht‘). Federführend zuständig für das Gesetz ist das Bundesministerium der Finanzen (BMF). Der Fiskus rechnet mit Steuermehreinnahmen von 95 Mio € pro Jahr. Jetzt muss der Bundestag noch über die Steuererhöhung entscheiden.
Die wichtigsten Punkte
- Der Regierungsentwurf sieht vor, dass der Durchschnittssatz für pauschalierende Landwirte von derzeit 10,7 % zum 1. Januar 2022 auf 9,5 % abgesenkt wird.
- Für Forstwirte bleibt die Vorsteuerpauschale bei 5,5 %.
- Festgeschrieben werden die jährliche Überprüfung des Durchschnittssatzes durch das BMF, die Berechnungsmethode sowie eine jährliche Berichtspflicht gegenüber dem Bundestag.
- Sollte sich bei der jährlichen Überprüfung des Durchschnittssatzes eine Anpassung ergeben, ist die Bundesregierung laut Entwurf verpflichtet, kurzfristig das Parlament im Rahmen des dann erforderlichen Gesetzgebungsvorhabens einzubinden.
Kritik am Entwurf
Der ursprüngliche Entwurf von Bundesfinanzminister Olaf Scholz sah einen Automatismus zur künftigen Anpassung des Pauschalierungssatzes ohne Parlamentsberatung und Gesetzgebungsprozess sowie eine Absenkung des Pauschalierungssatzes auf 9% vor. Dies ist aktuell vom Tisch. Den Erfolg hierfür proklamiert Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner für sich. Sie habe eine noch weitere Absenkung des Pauschalierungssatzes verhindern können und erreicht, dass das Parlament bei Anpassungen eingebunden wird, sagte die CDU-Politikerin am Rande der Sitzung des Bundeskabinetts gegenüber dem Nachrichtendienst AgE.
Der Westfälisch-Lippische Landwirtschaftsverband und der Deutsche Bauernverband kritisieren, dass der Pauschalierungssatz von 9,5 % auf einer systematischen Verzerrung beruhe. Dies dürfe die Betriebe nicht benachteiligen.
Vorsteuerpauschale retten
Alle Lieferungen (Milch, Getreide Schweine) und Dienstleistungen, die Landwirte noch in diesem Jahr ausführen, unterliegen der bisherigen Pauschalierung mit 10,7 %. Das heißt, Landwirte müssen keine Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen. „Entscheidend ist das Datum der Lieferung, nicht das Rechnungsdatum bzw. das Datum der Gutschrift oder wann die Bezahlung erfolgte“, erklärt Arno Ruffer, BSB Münster. Deshalb ist es sinnvoll, möglichst viele Lieferungen noch diese Jahr zu tätigen oder den gebrauchten Schlepper noch in 2021 in Zahlung zu geben.
Beispielsweise kann das Getreide oder die Kartoffeln mit Besitzkonstitut (Lieferung jetzt und Einlagerung beim Landwirt) verkauft werden. Dann gilt noch die bisherige Vorsteuerpauschale von 10,7 %. „Im Ergebnis wird das Getreide bzw. die Kartoffeln vor dem 1. Janur 2022 verkauft und dann im Rahmen eines Besitzkonstitut beim Landwirt eingelagert. Dazu ist eine gesonderte schriftliche Vereinbarung mit der Genossenschaft bzw. dem Landhandel erforderlich“, betont Arno Ruffer.