Wochenblatt: Vergangene Woche hat das Bundeskabinett das Aktionsprogramm Insektenschutz beschlossen – gegen massive Einwände der Landwirtschaft. Wie zufrieden sind Sie mit der Einigung die BMEL und BMU gefunden haben?
Heinen-Esser: Ich bin mir noch nicht sicher, ob es tatsächlich eine Einigung ist, oder jetzt im parlamentarischen Verfahren das harte Ringen kommt. Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner hat dem Gesetz nur mit einer Protokollerklärung zugestimmt, die noch wesentliche Punkte zur Änderung enthält. Nämlich, dass auch Fördertatbestände möglich sein müssen. Die Pflanzenschutzanwendungsverordnung, die ordnungsrechtlich für Landwirte entscheidend ist, liegt demnächst bei uns im Bundesrat zur weiteren Beratung.
Bleiben Sie auch nach den letzten Änderungen dabei, dass Sie der Pflanzenschutzanwendungsverordnung im Bundesrat so nicht zustimmen wollen?
Heinen-Esser: Wir müssen uns das Gesamtpaket anschauen. Positiv ist, dass der Bund den Ländern mehr Spielräume gibt. Was die Anwendung von insektenfeindlichen Pflanzenschutzmitteln in Naturschutzgebieten angeht, sind ordnungsrechtliche Verbotstatbestände enthalten. Das beeinträchtigt aber die Förderung. Bisher haben wir großen Erfolg in NRW mit kooperativem Naturschutz. In enger Zusammenarbeit mit der Landwirtschaft setzen wir auf den weiteren Ausbau der erfolgreich etablierten Agrarumwelt- und Vertragsnaturschutzmaßnahmen. Es geht nicht um ein „Entweder-Oder“, sondern um ein gut austariertes Zusammenspiel von Ordnungsrecht und freiwilligen Maßnahmen, bundesweit geltenden Standards und Spielräumen für landesrechtliche Besonderheiten. Eine extrem kleinteilige und damit bürokratische Förderung gilt es zu verhindern.
Das Ackerland in FFH-Gebieten ist bis 2024 von den Pflanzenschutzverboten ausgeschlossen unter der Bedingung, dass die Länder dort geförderte Naturschutzmaßnahmen anbieten. Werden Sie dafür neue Programme anbieten?
In NRW liegen die FFH-Gebiete faktisch auf den Naturschutzgebieten. Deshalb werden wir genau hinschauen, ob wir unsere Förderungen dort auch unter den neuen Gegebenheiten weiterführen und ausbauen können. Wenn das nicht ginge, ist das für mich ein Grund, der Verordnung im Bundesrat nicht zuzustimmen. Wir werden uns auch mit den anderen Ländern kurzschließen, wie wir mit der Verordnung weiter umgehen.
Wie werden Sie mit den jetzt vorgeschriebenen Gewässerrandstreifen in NRW umgehen?
Das Landeswassergesetz ist zurzeit in der parlamentarischen Beratung. Darin haben wir die Gewässerrandstreifen explizit mit Verweis auf die Bundesregelungen herausgenommen. Mit dem Ziel, Doppelregelungen zu vermeiden. Bereits jetzt sind Einschränkungen für den Ackerbau und die Düngung sowie für den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln im Düngerecht und im Wasserhaushaltsgesetz verankert. Weitere Konkretisierungen sollten eigentlich über das Insektenschutzgesetz erfolgen. Hingegen enthält nunmehr der Entwurf der Pflanzenschutzanwendungsverordnung weitere Regelungen. Wir müssen jetzt schauen, was wir daraus – im Zusammenhang mit dem Landeswassergesetz – machen.
Niedersachsen hat seinen Niedersächsischen Weg, Bayern und Baden-Württemberg haben nach den Volksbegehren ebenfalls einiges geregelt. Wird es jetzt auch einen NRW-Weg beim Artenschutz geben?
Heinen-Esser: Dies hängt entscheidend auch davon ab, wie die Naturschutzverbände sich positionieren. Ich stehe stets für einen Austausch bereit und werde die Verbände zeitnah zu einem Gespräch über gemeinsame Wege zum Schutz der Biodiversität einladen. Weniger Schottergärten, mehr Grüne Infrastruktur, weniger Pflanzenschutzmittel, weniger Lichtverschmutzung sind nur einige Beispiele. Wie erwähnt sind wir in Nordrhein-Westfalen sehr erfolgreich im kooperativen Naturschutz mit der Landwirtschaft. Hier wird schon viel gemacht. Von der Gesprächs- und Kompromissbereitschaft aller Beteiligten wird es abhängen, ob wir einen nordrhein-westfälischen Weg gehen können.
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