Bauernproteste
Trecker-Demos auf Autobahnbrücken
Zahlreiche Landwirte stellten sich in den vergangenen Tagen erneut auf Autobahnbrücken in NRW und weiteren Bundesländern. Das Ziel: Solidarität mit den niederländischen Kollegen.
Am Wochenende und am gestrigen Montag (11.07) haben Landwirte in NRW und weiteren Bundesländern erneut auf Autobahnbrücken demonstriert. Dabei rückten sie mit ihren Schleppern an, platzierten sie gut sichtbar für die Autofahrer auf den Brücken und hängten Teilweise Plakate und Banner aus. So zum Beispiel an der A43 bei Dülmen oder der Autobahnabfahrt A1 bei Brinkum.
Zittern auch in Deutschland
Wie schon in der vergangenen Woche solidarisierten sich die deutschen Landwirte mit den Berufskollegen aus den Niederlanden. Diese demonstrieren derzeit vehement gegen die Stickstoffpolitik ihrer Regierung, nach der die Stickstoffemissionen in einigen Regionen um 75 - 95 % gesenkt werden sollen.
Auch die deutschen Landwirte sehen ihre eigene Zukunft durch die Ausweitung der roten Gebiete und dem drohenden Pflanzenschutzmittelverbot gefährdet. Mit den Protestaktionen auf den Autobahnbrücken wollen sie auch darauf aufmerksam machen.
WLV kritisiert Politik scharf
Hubertus Beringmeier Präsident des Westfälisch-Lippischer Landwirtschaftsverband (WLV) zeigte sich in einem Statement auf der Internetseite des WLV verständnisvoll gegenüber den Landwirten. „Die jüngsten Beschlüsse der deutschen Politik, z.B. zur Ausweitung nitratbelasteter Gebiete, zu den Kälbertransporten oder zum Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, lasten schwer auf unseren Bauernfamilie“, schrieb Beringmeier.
Die jüngsten Beschlüsse der deutschen Politik lasten schwer auf unseren Bauernfamilien. H. Beringmeier
Der WLV kritisiere diese Beschlüsse scharf. Wenn ein rechtliches vorgehen gegen „realitätsferne Beschlüsse“ nicht ausreiche, würde man auch hier gegebenenfalls auf die Straße gehen, heißt es weiter. Von Gewalt distanzierte sich der WLV jedoch klar. „Der WLV wird die Interessen seiner Mitglieder weiter hart in der Sache, dabei aber stets sachlich, offen und respektvoll gegenüber Dritten vertreten“, so Beringmeier.
Hintergründe zur Stickstoffpolitik in den Niederlanden
Die niederländischen Regierung plant die Stickstoffemissionen aus der Landwirtschaft bis 2030 drastisch zu reduzieren. In Schutzgebieten sollen die Emissionen um bis zu 95% gesenkt werden. Um dies zu erreichen müssten Betriebe umgesiedelt und sogar aufgegeben werden. Schätzungen zufolge wären 30% der Viehbetriebe von der Hofausgabe betroffen. Zusätzlich dazu sollen technische Maßnahmen eingeleitet und ein Extensivierungsprogramm gefahren werden.
Begonnen hatte die wandelnde Stickstoffpolitik mit der Klage einer vergleichsweise kleinen Umweltorganisation vor dem europäischen Gerichtshof im Jahr 2017. Die Niederlande hatten damals landwirtschaftliche Tätigkeiten genehmigt, die in Natura-2000-Gebieten zu Stickstoffdepositionen geführt hatte.
Laut Gerichtsurteil überschritten 118 von 162 Natura-2000-Gebieten die zulässigen Grenzwerte. Um dem Einhalt zu gebieten sollten Viehbetriebe anderes Futter verwenden und so den Ammoniakausstoß verringern. Außerdem erhöhte die Regierung die Prämie für Schweinehalter, die freiwillig aus der Produktion ausstiegen. Fernab der Landwirtschaft verschärfte die Regierung das Tempolimit für Autofahrer von 130 auf 100 km/h. Schon damals hatte es Diskussionen darüber gegeben, ob diese Maßnahmen ausreichen würden.
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