Die Schauspieler Sky du Mont und Hannes Jaenicke haben mit Aussagen über die Landwirtschaft, vor allem über die Milchviehhaltung, in der Talkshow „3 nach 9“ (Radio Bremen) für eine breite Welle der Empörung und des Protestes unter Landwirten gesorgt. In der Sendung fielen Äußerungen wie diese:
„Die Kuh muss ständig schwanger gehalten werden, um möglichst viel Milch zu produzieren. Das ist eine bestialische Art, ein Tier zu quälen." (Hannes Jaenicke)
„Wenn es nicht explizit Heumilch oder Biomilch ist, kann ich nur sagen, das ist kein gesundes Produkt. Die Tiere sind (...) eigentlich stehende Milchtanksäulen auf vier dünnen Beinen, meistens krank, ständig medikamentös behandelt und hochgezüchtet auf perverse Milchleistungen.“ (Hannes Jaenicke)
„Was wir noch ausgelassen haben: Nicht nur dass die Kuh leidet – was passiert mit den Kälbern? Und da weiß ich wiederum Bescheid. Die werden ja alle umgebracht. Die werden in Container geschmissen, bis es mehrere Schichten sind und die unteren ersticken. Wenn man Milch trinkt, muss man das wissen.“ (Sky Du Mont)
Während sich Talkshow-Moderator und Zeit-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo zumindest ansatzweise versuchte, die Perspektive der Landwirte zur Geltung zu bringen, widersprach die Moderatorin und Tagesschau-Sprecherin Judith Rakers mit keinem Wort. Im Gegenteil signalisierte sie sogar Zustimmung zu Jaenicke und Du Mont und verließ damit ihre Rolle als Moderatorin.
Breiter Widerspruch der Landwirte
Nach breiten Protesten aus der Landwirtschaft haben sich Rakers und du Mont inzwischen öffentlich entschuldigt. Beide kündigten an, in den kommenden Wochen landwirtschaftliche Betriebe zu besuchen und sich den Diskussionen zu stellen. Sky du Mont erklärte, er bereue seinen Fehler, „den ich leider nur schwer wiederzumachen kann – dumm von mir, kritiklos ,fake news’ zu glauben“.
Hannes Jaenicke sagte in einer von ihm selbst veröffentlichten Videofilm, er habe „nicht die kleinen Anbieter, die kleinen Züchter, die Biobauern“ gemeint. Er sieht sich als Opfer eines „Shitstorms“.
Eine Erklärung der TV-Redaktion
Als Reaktion auf die breiten Proteste von Bäuerinnen und Bauern erklärte die Redaktion der Talkshow-Sendung, es habe nicht in ihrem Interesse gelegen, „die persönliche Integrität deutscher Nutztierhalterinnen und Nutztierhalter per se infrage zu stellen“. Und weiter: „Journalistisch sind wir auf ein kontroverses und gesellschaftlich relevantes Thema gestoßen.“ Damit bestätigt die Redaktion indirekt, nicht ausreichend inhaltlich auf das Thema vorbereitet gewesen zu sein. Sie gab auch bekannt, „zeitnah“ einen Faktencheck zum Thema zu veröffentlichen. Das ist bislang nicht erfolgt.
Die Wochenblatt-Redaktion hat in den vergangenen Tagen viele Zuschriften zur Sendung „3 nach 9“ erhalten. Wir dokumentieren im Anschluss eine Auswahl.
Auch nach einer Woche lassen mich die Aussagen von Du Mont und Jaenicke sprachlos zurück. Halbwahrheiten gepaart mit Lügen von zwei Schauspielern, die sich selbst als Experten der Branche hinstellen, und die Moderation der Talkshow stimmt dem ganzen als Krönung noch kopfnickend zu. Ein Schlag ins Gesicht für regionale Milchviehhalter, deren harte Arbeit mit wenigen Minuten Sendezeit niedergemetzelt wird, vor einem Millionenpublikum!
Bei Jaenicke sehe ich viel Kalkül dahinter. Immerhin verweist er deutlich in seinem Statement auf sein neues Buch. Billige Eigenwerbung auf Kosten eines Berufsstandes. Für mich ist eine öffentliche Aufarbeitung der Falschaussagen von Seiten des Senders essenziell.
Maren Osterbuhr, 26629 Strackholt
In Debatten über die Landwirtschaft sind Pauschalisierungen, Falschinformationen, emotionalisierte, einseitige und negative Darstellungen keine Seltenheit. Menschen positionieren sich gegen Tierhaltung und verunglimpfen dabei einen ganzen Berufsstand. Lösungsansätze stehen dabei gar nicht im Fokus. Dieses Bauernbashing ist mittlerweile völlig legitim und keiner macht sich darüber Gedanken, was das mit unseren Kindern macht. Es ist erschreckend, wie viele Landwirtskinder z. B. in der Schule Mobbing ausgesetzt sind, und Ausdrücke wie „bestialisch“ und „gequälte Produkte“ in solchen Diskussionen tragen zur Verschärfung dieses Problems bei.
Gesa Ramme, 38518 Gifhorn
Vorab gilt zu sagen, dass wir ziemlich verwundert darüber sind, dass ausgerechnet der NDR, eine öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt, eine Talkshow mit fehlerhaften Inhalten über die Milchviehhaltung bzw. die Landwirtschaft ausstrahlt.
Die bekannterweise erfahrenen und informierten Moderatoren Judith Rakers und Giovanni di Lorenzo tolerieren nicht nur die schweren Vorwürfe der Gäste Hannes Jaenicke und Sky du Mont mit Kopfnicken, sondern sie fragen auch gar nicht weiter nach. Diese einseitige Berichterstattung von Gegnern der Milchviehhaltung lässt keinerlei Raum für andere Meinungen oder eine sachliche Diskussion zu. Problematisch daran ist, dass Zuschauer nicht ausreichend informiert werden und so kein ganzheitliches Bild über die Milchviehhaltung in Deutschland bekommen. Was bleibt, ist ein ausschließlich negativer Eindruck!
Uns stellte sich die Frage, aus welchen Quellen Aussagen wie „Die werden in Container geschmissen bis es mehrere Schichten sind und die unteren ersticken“ von Herrn du Mont stammen?
Unseres Wissens findet dies in Deutschland keine Anwendung. Falls Ihnen andere fundierte Informationen vorliegen, bitten wir höflich um eine Mitteilung. Nur dann können schwarze Schafe unserer Branche ins Visier genommen werden, und es wird vermieden, dass alle Milchviehbetriebe in Deutschland an den Pranger gestellt werden.
Ferner äußern wir den Wunsch, in eine Talkshow wie Ihrer Landwirtinnen und Landwirte und Interessenvertreterinnen und -vertreter der Landwirtschaft einzuladen, um eine objektive Diskussion zu garantieren.
Persönliche Meinungen sind stets willkommen und machen eine lebendige Diskussion aus. Ausdrücke wie „perverse Milchleistungen“ oder „stehende Milchtankstellen“ sind jedoch sehr kritisch zu beurteilen und haben in einem sachlich geführten Austausch keinen Platz. Die Gegenseite sollte die Chance haben, sich hierzu zu äußern, um Fehlinformationen zu verhindern und darüber aufzuklären, aus welchem Grund beispielsweise Kälber nach der Geburt von den Müttern getrennt werden.
Gerade beim Thema Trennung von Kalb und Mutter und der falschen Aussage des „durchgehenden Schwangerseins“ spielt sich bei vielen Menschen auf emotionaler Ebene sehr viel ab. Umso wichtiger ist es, es fachlich korrekt darzustellen. Nur so bekommen die Zuschauer eine gesicherte und seriöse Grundlage.
Verfolgt man auf sozialen Kanälen die Beiträge und Kommentare, welche die Sendung betreffen, wird deutlich, wie empört Landwirtinnen und Landwirte sowie Bürgerinnen und Bürger – auch ohne berufsspezifischen Hintergrund – über derartige rufschädigende Beschuldigungen sind.
In diesem Sinne, hoffen wir in Zukunft auf eine wahrheitsgemäße Berichterstattung, die dann auch faktenbasiert ist und alle Seiten des Diskussionsthemas widerspiegelt.
Fachschulklasse "Rind" der Fachschule für Agrarwirtschaft in Münster-Wolbeck
Einerseits bekommen wir Landwirte immer mehr Auflagen und Gesetze, andererseits nimmt die Wertschätzung an der Landwirtschaft in der Gesellschaft immer weiter ab – gut erkennbar in der Talkshow "3nach9" vom 25. November 2022, in der unter anderen diese Aussage von Sky de Mont getroffen wurde: „ Alle Kälber werden umgebracht. Sie werden in Container geschmissen, mehrere Schichten, und die untersten sterben dann, indem sie ersticken.“
Ich finde es eine Frechheit, dass selbsternannte Experten ungehindert solche Unwahrheiten über die Landwirtschaft, ohne das sich die werrten Moderatoren dazwischenschalten, in einem öffentlichen-rechtlichen Fernsehsender verbreiten dürfen. Gut, das wir wissen das unsere GEZ-Gebühren bestens ausgegeben werden!
Julia Stenglein, 95509 Marktschorgast
Der dargestellte Sachverhalt bzgl. der Kälber aus der Milchviehhaltung ist fachlich falsch und damit in der gezeigten Argumentation nicht tragbar! Als „Berufsverband Rindermast“ können wir die über unsere Arbeit getätigten Aussagen nicht stehen lassen. Denn die angesprochenen Kälber sind ein Koppelprodukt aus den deutschen Milchviehbetrieben und für unsere Rindermastbetriebe essenziell.
In der Rindfleischerzeugung erzielt das Kalb eine Wertschöpfung, sodass wir ein veredeltes Produkt von höchster Qualität erzeugen. Deshalb ist es unseren Rindermästern daran gelegen, ein vitales und gesundes Kalb von den Milchviehbetrieben zu beziehen. Dieser Grundsatz widerspricht allen getätigten Aussagen in der Talkshow. Durch gesetzliche Transportvorgaben und engmaschige Kontrollen erlangen Kälber aus den regionalen Milchviehbetrieben immer mehr Bedeutung für die deutsche Rindermast.
Wir laden Herrn Jaenicke und Herrn du Mont ein. Schauen Sie sich unsere Betriebe an und machen Sie sich ein ehrliches Bild der deutschen Milchviehhaltung und Rindermast.
Berufsverband Rindermast (BVRM)
Der Beitrag des NDR, in dem die Schauspieler Hannes Jaenicke und Sky du Mont über die Landwirtschaft sinnieren, macht fassungslos. Meine Berufskolleginnen und -kollegen sind sehr aufgebracht und gleichermaßen betroffen, dass derartige Aussagen von den Moderatoren in keiner Weise hinterfragt wurden, obwohl sie schlichtweg falsch sind. Es entstand in der Folge beim Publikum der Eindruck, es handele sich um Fakten.
Hier hätten wir uns insbesondere im öffentlich-rechtlichen Fernsehen gewünscht, dass in der Hauptsendezeit keine derart falschen Aussagen unkommentiert und unreflektiert stehen bleiben. Den Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, umfassend und ausgewogen zu berichten, hat die Sendung eindeutig verfehlt. Wir haben auf unserer Internetseite kurzerhand Wege geschaffen, damit unsere Mitglieder direkt mit den Verantwortlichen – Radio Bremen und Hannes Jaenicke – Kontakt aufnehmen und ihrem Unmut Luft machen.
Hubertus Beringmeier, WLV-Präsident
„Fang nie an aufzuhören“ – dieser Buchtitel von Boris Thomas gilt für meine Offentlichkeitsarbeit hier vor Ort weiterhin. Oder besser: Jetzt erst recht. Die Personen du Mont und Jaenicke haben wohl wortwörtlich Abends um 3 nach 9 vergessen, wie gut hierzulande unsere Nahrungsmittelsicherheit ist.
Der NDR hat in vergangener Zeit so schöne Formate ins Leben gerufen. Ich wünsche mir, dass es wieder einen Faktencheck wie früher bei Frank Plasberg gibt. Deshalb schreibe ich die Redakteure der Sendungen ("Auf‘m Land", "Landpartie" und "Schönes Land") an, mit der Hoffnung, dass diese mal kritisch aufzeigen, wie es wirklich läuft.
Jeder Landwirt gibt in der Regel alles für seinen Betrieb. Warum sollte er Tiere ausbeuten, von denen er in Generationen das Lebenswerk aufrechterhält? Der Fehler ist nur, dass man es nicht pauschalisieren darf. Acht Kühe können genauso so „falsch“ gehalten werden, wie 800. Es wird niemals den einen richtigen Weg geben. Kennen die Herren der Talkshow ihren CO2-Fußabdruck? Ich kenne meinen genau. Und dieser wäre für meinen Betrieb durch Bio oder Heumilch deutlich schlechter.
Wir halten 120 Milchkühe. Im vergangenen Monat betrug die Tierarzt-Rechnung gerade mal 365 € (Klopf auf Holz). Wir haben Weidehaltung und einen Offenstall (nicht nur ein Fenster!) und wir füttern gentechnikfrei. Antibiotika bekommt ein Tier nur, wenn der Tierarzt es für notwendig hält. Die Tiere werden 24/7 durch ein Gesundheits-Programm überwacht. Unser Betrieb ist auf dem besten Weg, energieautark zu werden.
Das alles können wir machen, aber die großen Investitionen werden auf unseren Schultern allein getragen, und ich muss die Entscheidungen jetzt für meinen Sohn richtig treffen. Nur so ermögliche ich ihm eine Zukunft. So tickt die Landwirtschaft, mit dem Kopf ständig im Betrieb. Und so sieht die Realität aus – eben nicht so, wie in besagter Talkshow dargestellt.
Marc Feltens, 58566 Kierspe
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