Die Zukunft der Ernährung
Startup: Aus Kohlenstoffdioxid Protein gewinnen
Ein Bakterium aus dem Meer, das Kohlendioxid in reines Protein wandeln kann? Mit dieser Biotech-Geschäftsidee will ein Startup aus Hamburg mehrere Probleme gleichzeitig lösen. 2024 soll es losgehen.
Der Name des Bakteriums ist Firmengeheimnis. Denn es ist, wenn man so will, der wichtigste Mitarbeiter des Hamburger Unternehmens „350 PPM Biotech“. Der Geschäftsführer Erwin Jurtschitsch und der Mikrobiologe Ludger Wess haben es 2020 mit dem Ziel gegründet, Protein herzustellen – eben mithilfe des Bakteriums, dessen Namen sie nicht preisgeben.
"Wunder der Effizienz"
So viel immerhin ist der Homepage des Unternehmens zu entnehmen: Das Bakterium gedeiht natürlicherweise in den oberen Schichten des Ozeans. Dabei ernährt es sich von CO2 aus der Atmosphäre und wird von Wasserstoff angetrieben, das aus dem Meeresboden aufsteigt. „Als Wunder der Effizienz hat es einen Stoffwechsel entwickelt, der Kohlendioxid mit unübertroffener Geschwindigkeit in Biomasse umwandeln kann, die etwa 70 % reines Protein enthält. Dieses Eiweiß eignet sich hervorragend als Futter für Fische, Garnelen und Geflügel und kann sogar in Veggieburgern verwendet werden.“
Die Experimentierphase im Labor ist abgeschlossen, die Mengendimension der Reagenzgläser und Petrischalen längst überschritten. Jurtschitsch erläuterte gegenüber dem Wochenblatt, dass man kürzlich probeweise gut 1,5 kg Protein mit diesem Verfahren in England hergestellt habe. „Es funktioniert also.“
Protein brauen in Portugal – ab 2024?
Nun gehe es an den Bau einer Anlage im großen Stil. Sie werde derzeit in Portugal geplant und soll, wenn alles gut läuft, 2024 in Betrieb gehen. Dort werde eine kontinuierliche Gärung im großen Stil ablaufen, „ganz ähnlich wie beim Bierbrauen“, wie es auf der Internetseite des Unternehmens heißt. Der notwendige Wasserstoff solle mittels Wind- und Sonnenenergie erzeugt werden. Verarbeitet werden könne Kohlendioxid etwa aus Zement- und Düngemittelfabriken, Brauereien und anderen Produktionsstätten.
Als erstes sei die Produktion von Fischfutter geplant. Mit einer norwegischen Aquakulturfirma ist bereits ein Kooperationsvertrag unterzeichnet. Jurtschitsch weist im Gespräch mit dem Wochenblatt darauf hin, dass die Versorgung Europas mit Protein letztlich von wenigen Ländern abhänge. „Das wollen wir grundsätzlich ändern“, lautet das Bekenntnis und die Vision des Hamburger Unternehmers.
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