PRO: HEIKO PLATE – Vorsitzender der Geschäftsführung des Vereins zur Förderung der bäuerlichen Veredelungswirtschaft GmbH (VzF)
Nicht eine Einzelmaßnahme kann alle Probleme der Schweinehaltung lösen, sondern ein Bündel von Maßnahmen wird helfen. Eine staatliche Ausstiegsprämie kann nicht gewünschten Betriebsgrößen, Betriebsstandorten oder Regionen bei der Umgestaltung helfen. Wettbewerb bis zum Verzehr des letzten Kapitals hilft auch den verbleibenden Betrieben nicht.
Gesellschaftliche, wissenschaftliche Anforderungen an eine Reduzierung der Tierhaltung erfordern auch eine aktive Entschädigungsbeteiligung. Entschädigungen für gesellschaftliche Anforderungen sind in den letzten Jahren in dieser Gesellschaft ein akzeptiertes Mittel geworden.
Änderungen der Haltungsanforderungen führen oft dazu, dass an diesem Standort keine Neugenehmigung erteilt wird. Auch diese Anforderungen sollten Bestandteil einer Entschädigungsregelung werden können. Diese Einzelmaßnahme löst nicht das Problem, aber die Kombination mit einem Herkunfts- und Qualitätsbewusstsein wie „5 x D“, sodass ein klares Bekenntnis zu den national höheren Aufwendungen getragen wird.
Maßnahmen zur Investitionsförderung sind genauso ein Mittel zur Stützung der Produktion im Land, in dem die höchsten Qualitätsstandards, Transparenzauflagen sowie Haltungs- und Umweltauflagen gelten.
Zukünftig wird über verlässliche Abnahmevereinbarungen zwischen Landwirten und Lebensmittelhandel eine richtungsweisende, kostendeckende, mit Gewinn- und Risikozuschlägen entlohnte Produktion entwickelt werden. Dies muss zusätzlich als Blaupause für Gastronomie, Verarbeiter, Großabnehmer und weitere Abnehmer im Markt dienen. Jahrelangem Durchreichen von Kosten aus Umweltauflagen, Lohnsteigerungen, Produktionsverteuerungen auf die Produzenten kann nur mit einem Bündel von Maßnahmen begegnet werden. Eine dieser Maßnahmen ist die Ausstiegsprämie. Sie muss ergänzt werden, um weitere Möglichkeiten einer Produktionsverlagerung in günstigere Länder zu verhindern. Dies erfordert eine Kraftanstrengung von Landwirtschaft, Verarbeitern, Lebensmittelhandel, Großverbrauchern, Verbrauchern und Politik.
CONTRA: TORSTEN STAACK – Geschäftsführer der Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands e. V. (ISN)
Unsere Gremien sind der Meinung, dass der Fokus auf den weiterhin aktiven Betrieben liegen muss. Daher lehnen wir eine reine Ausstiegsprämie nach dem niederländischen Vorbild ab. Diese würde zu keiner nachhaltigen Entlastung am hiesigen Markt führen. Sie würde nur eine Verlagerung der Schweinehaltung in andere Staaten bewirken.
Deutschland stockt ab und Spanien stockt auf – das macht keinen Sinn. Beim Ausstiegsmodell unserer Nachbarn liegt der Fokus auf der Schließung ganzer Betriebe. Wir haben aber hierzulande schon jetzt viel zu viele verloren. Annähernd die Hälfte der Schweinehalter ist in den vergangenen zehn Jahren bereits ausgestiegen.
Deshalb brauchen wir eine differenzierte Zukunftsprämie, durch die vorrangig die zukünftig weiter aktiven Schweinehalter finanziell unterstützt werden. Diese Unterstützung kann dann je nach regionaler Einordnung aber auch Ausstiegskomponenten enthalten, um Betrieben, zum Beispiel in viehdichten Regionen, eine Chance auf notwendige Betriebsentwicklung zu ermöglichen. Das ist weniger unter dem Gesichtspunkt der Bestandsreduktion zu sehen, sondern mehr mit dem Blick auf die bislang unüberwindbaren Genehmigungshürden.
Weil es hier nicht vorangeht, brauchen wir alternative Wege. Das heißt, Betriebe bekommen den nötigen Platz für ihre Entwicklung, indem andere, die den Weg nicht mehr mitgehen wollen, durch Aufgabe den Platz dafür schaffen. So soll die Stallbaubremse gelöst werden, um den stockenden Transformationsprozess, in dem sich die Schweinehaltung zweifelsohne befindet, wieder anzuschieben.
Das kann aber nur funktionieren, wenn die Maßnahmen wie Zahnräder ineinandergreifen. Ganz wichtig ist hierbei ein Gesamtkonzept, das zwingend auch eine konsequen-te Herkunftskennzeichnung für alle Schweinefleischprodukte beinhalten muss. Nur wenn die Herkunft Deutschland, also „5 x D“ beim Schweinefleisch klare Vorfahrt in Deutschland bekommt, kann das Konzept aufgehen – und auch nur dann, wenn Ferkelerzeuger und Schweinemäster auskömmliche Preise bekommen, die auch Unternehmensgewinne möglich machen.