Bauerntag in Erfurt

Rukwied: Einig bleiben in der Krise

Joachim Rukwied appelliert an die Landwirte, in der aktuellen Krise besonnen zu bleiben und gemeinsam für den Erhalt der Landwirtschaft zu kämpfen. Den DBV will der Präsident verändern, offener machen und modernisieren.

So kämpferisch zeigte sich Joachim Rukwied bisher selten. Vor der Wahl zum Vorstand des Deutschen Bauernverbandes hielt dessen Präsident eine Ansprache, die gleichermaßen ein Signal nach außen wie nach innen setzen sollte. Denn so wie „die Landwirtschaft“ häufig in der öffentlichen Kritik steht, so zeigt sich auch innerhalb des Verbandes nicht selten Unzufriedenheit an Rukwieds Führungsstil und Auftreten.

Wie seit Jahrzehnten nicht

Dürre, Preisdruck, immer strengere Produktionsauflagen und -beschränkungen sowie die Afrikanische Schweinepest bringen viele Landwirte in Not, ganz besonders vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie. Die Schweinehalter erleben gerade die schwerste Krise seit Jahrzehnten, konstatierte Rukwied. Er forderte deshalb von der Politik eine schnelle, wirksame und unbürokratische Unter­stützung für die Schweinehalter. Unmissverständlich stellte Rukwied klar: Am Schweinestau vor den Schlachthöfen sind nicht die Bauern schuld!
Mit Kritik an der Politik sparte der Württemberger nicht. Insektenschutz beispielsweise sei im Interesse der Bauern funktioniere nicht ohne sie. Aber das, was bisher vorgeschlagen oder vorgesehen ist, belaste die Landwirtschaft einseitig und unzumutbar. Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner solle endlich eigene, bessere und fachgerechte Vorschläge für ein Insektenschutzgesetz vorlegen statt immer nur auf die Initiativen aus dem Umweltministerium zu reagieren. Ähnlich sieht er die Situation bei der Düngeverordnung. Die trage in weiten Teilen allein die Handschrift von EU-Kommission, Umweltministerium und Nicht-Regierungsorganisationen. Und deshalb steckten immer noch fachliche Mängel darin, die sachgerechtes Wirtschaften erschweren. Die Tierschutznutztierhaltungsverordnung werde außerdem viele Betriebe ins Aus drängen. Dabei ist die Tierhaltung nach wie vor das Rückgrat der deutschen Landwirtschaft, betonte Rukwied.


Jünger, weiblich, moderner


Die Bauern seien grundsätzlich zu Veränderungen bereit. Der Bauernverband unterstütze beispielsweise die Vorschläge der Borchert-Kommission zum Umbau der Tierhaltung in Deutschland. Doch noch sei völlig unklar, wie dieser Umbau finanziert werden solle. Es komme darauf an, dass die Landwirte auch mitgestalten könnten. Dass die von der Bundeskanzlerin eingesetzte Zukunftskommission Landwirtschaft nur zu einem Viertel mit Vertretern aus der Landwirtschaft besetzt ist, bezeichnete der Bauernpräsident als grenzwertig.
Ausführlich ging Rukwied auf die Kritik ein, die ihm innerhalb des Verbandes vorgehalten wird. Viele wünschten sich, so seine Einlassung, dass er energischer auftritt, häufiger „draufhaut“. Anders ausgedrückt: ein bisschen „Trumpen“ wäre gut.
Das aber wäre gerade nicht richtig, meint Rukwied. In der Politik brauche man einerseits Mehrheiten und andererseits ein Klima der Gesprächsbereitschaft. Das würde durch „Trumpen“ zerstört. Schon heute könne man bemerken, dass die große Sympathie, die die – nicht vom Bauernverband organisierten – großen Demonstrationen des vergangenen Jahres für die Sache der Bauern geweckt hätten, zu schwinden droht. Das liege auch daran, dass sich einzelne Vertreter hinter fragwürdigen Symbolen versammelten und einer Radikalisierung das Wort redeten. Das sorge nur für Irritationen ringsum. Sinnvoll wäre es aber, auf die Demonstranten zuzugehen und sie zum Mitmachen im Bauernverband aufzufordern.


Keine Chance für Spalter


Überhaupt zeigte sich Rukwied bereit für Neues: Er befürwortet eine Verjüngung im Verband und will die Organisation offener machen für Frauen. Auch hier gelte: „Wir wollen das Gespräch suchen, zuhören und lernen“. Um die bisher unterrepräsentierten Gruppen stärker einzubinden und im DBV zu stärken, könne auch eine Satzungsänderung in Angriff genommen werden. Das bisherige Regelwerk sei zwar ohne Zweifel demokratisch, aber möglicherweise eben nicht mehr zeit- bzw. zukunftsgemäß.
Die verbandsinterne Kommunikation ist noch entwicklungsfähig, räumte Rukwied ein, vor allem gegenüber den jungen Mitgliedern. Ziel müsse in jedem Fall sein, den Bauernverband noch stärker und noch einiger zu machen. Spalter sollen keine Chance haben. ri